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Russland startet überraschend Militär-Übung an Nato-Grenze

Russland startet Militär-Übung an Nato-Grenze - mit «besonderen Sprengköpfen»

Russland übt mit seinen Atomwaffen im Süden. Doch jetzt wurde das Manöver erweitert – Richtung Baltikum.
14.06.2024, 07:52
Thomas Wanhoff / t-online
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t-online

Kurz vor Ende des Nato-Grossmanövers Steadfast Defender hat Russland im Mai ebenfalls Teile seiner Truppen zur Übung geschickt. Am 21. Mai hatte das russische Verteidigungsministerium angekündigt, dass ein erster Teil bereits begonnen habe – im südlichen Militärbezirk. Dieser hat seinen Sitz in Rostow am Don und umfasst den Nordkaukasus sowie die Schwarzmeerflotte. Am vergangenen Dienstag hatten dann gemeinsame Manöver mit Belarus begonnen.

Doch am Mittwoch gab es eine überraschende Wendung. Auf Telegram erklärte das russische Verteidigungsministerium, dass im «Rahmen der Übungen der strategischen Manöver» auch die Leningrad-Region eingezogen werde. Man übe Kampfhandlungen, bei denen auch russische Iskander-Raketen eingesetzt werden.

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Ein russischer Soldat präpariert eine taktische Nuklearwaffe.Bild: keystone

Trainiert werde das Laden der Raketen und die Stationierung an geheimen Orten. Zur Leningrad-Militärregion gehört auch die russische baltische Flotte, mit ihrem Stützpunkt in der Enklave Kaliningrad. Diese übe Raketenabschüsse und das Training mit «besonderen Sprengköpfen», hiess es.

Das Brisante daran: Russland verlegt seine Übung damit an die Grenzen der baltischen Staaten. Damit rückt Putin offenbar bewusst seine Manöver direkt in Richtung Nato-Grenze.

Manöver rücken Richtung Westflanke Russland

Die aktuellen russischen Übungen umfassten nach Angaben der russischen Eliteeinheit für Nuklearwaffen die spezielle Lieferung von Attrappen von Atomsprengköpfen zu vorgeschobenen Lagerpunkten und einem Flugplatz, auf dem sie auf Bomber geladen wurden, hiess es in der Mitteilung des Moskauer Verteidigungsministeriums.

Die neuen Militärbezirke Moskau und Leningrad wurden erst im Februar eingerichtet. Das amerikanische Institut für Kriegsstudien vermutete damals bereits, dass sich Russland damit auf einen Krieg mit der Nato vorbereitet wolle. Vor allem der Bezirk um Leningrad gilt den Analysten zufolge als wichtige Komponente an der Westflanke Russlands – und nahe den baltischen Staaten Lettland, Litauen, Estland sowie Finnland.

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Die Bilder der Übung wurden vom russischen Verteidigungsministerium zur Verfügung gestellt.Bild: keystone

Reaktion auf Erlaubnis des Westens für Angriffe auf russischem Gebiet

Präsident Wladimir Putin ordnete nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters die Nuklearübungen an, nachdem aus dem Westen Signale kamen, dass die Ukraine auch Ziele auf russischem Boden mit westlichen Waffen angreifen dürfe.

Die Übungen fanden zunächst im Süden Russlands, der an die Ukraine grenzt, und unter Beteiligung von Soldaten aus dem Militärbezirk Leningrad statt und umfassten mobile Raketenwerfer, die Luftwaffe und die Marine.

Dass es sich auch um Manöver der Nuklearstreitkräfte handelt, wurde in einer seltenen Erklärung deutlich. Die russische Hauptdirektion 12 (12 GU MO), die das Atomwaffenarsenal bewacht, wartet, transportiert und ausliefert und sich gewöhnlich kaum öffentlich äussert, erklärte laut Reuters, dass die Übungen analysiert würden, um Verbesserungen in militärischen Abläufen vorzunehmen. Man habe die Lieferung von nuklearer Übungsmunition an die Lager der Raketenbrigade und des Einsatzflugplatzes der Angriffsflieger sichergestellt, hiess es.

Nato probte Verlegung an Ostflanke

Die Nato hatte in ihrem Grossmanöver vor allem die Verlegung von Truppenteilen an die Ostflanke der Nato trainiert. Deutschland kommt nach Angaben der Bundeswehr dabei eine besondere Rolle als Drehscheibe für Transporte zu. Ausserdem baut die Bundeswehr derzeit eine Brigade in Litauen auf.

Warnungen vor einem möglichen Angriff Russlands auf Nato-Staaten gab es in den vergangenen Monaten vermehrt. «Wir müssen uns vergegenwärtigen, was passieren wird, wenn Putin diesen Krieg militärisch gewinnt – und dieses Risiko ist ziemlich hoch. Er würde mit der Ukraine nicht aufhören, entsprechende Ankündigungen gab es zur Genüge. Moldawien und das Baltikum wären in höchster Gefahr, die Nato und auch die EU sollen nach dem Willen Moskaus aus Osteuropa gedrängt werden», sagte der Historiker Philipp Ther t-online im Interview.

Im Januar erklärte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius: «Wir müssen also einkalkulieren, dass Wladimir Putin eines Tages sogar ein Nato-Land angreift». Aktuell halte er einen russischen Angriff nicht für wahrscheinlich. «Unsere Experten rechnen mit einem Zeitraum von fünf bis acht Jahren, in denen das möglich sein könnte.»

Russland Drohgebärden mehren sich. Über der Ostsee werden GPS-Signale gestört, vermutlich von einer oder mehreren russischen Sendeanlagen. Kürzlich erst liess Russland Bojen entfernen, die zwischen Estland und Russland die Grenze markierten. Ausserdem wolle man die Seekarte in der Ostsee korrigieren, hiess es aus dem Kreml. Und nun lässt Putin seine Truppen nahe der Nato üben.

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Der Wagner-Aufstand in 25 Bildern
Sicherheitskräfte und gepanzerte Fahrzeuge besetzen das Hauptquartier der russischen Armee des südlichen Militärbezirks, 24. Juni 2023.
quelle: epa / stringer
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102 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Thomas Bürgi
14.06.2024 08:46registriert Februar 2023
Der russische chefzwerg will, dass wir Angst kriegen. Funktioniert aber nicht, und er muss jetzt ganz viel weinen.
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Sälüzäme
14.06.2024 09:09registriert März 2020
Wie heisst es doch: "Größenwahn kommt vor dem Fall."

In diesem Fall hoffe ich möglichst schnell bevor Putin noch mehr Schaden anrichten kann. Und an alle Putinfans: nein, der Westen greift Russland nicht an, er verteidigt nur seine Errungenschaften!
Putin und Russland hatten genug Zeit mitzumachen, Russland wurde überall mitgenommen und eingeladen mitzumachen, es scheiterte einzig und alleine am Ego eines korrupten Diktators.
Keine Macht den Autokraten, wohin das führt sieht man bei Nordkorea, Iran, China ist bald soweit und Russland ist fast fertig beim Aufbau der Diktatur.
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The man who shot liberty valance
14.06.2024 09:11registriert September 2020
Auf Telegram erklärte das russische Verteidigungsministerium, dass im «Rahmen der Übungen der strategischen Manöver» auch die Leningrad-Region eingezogen werde.

Mit dem Feuer spielen, bis einer heult.

Diese russische Bastelarmee ist leider mittlerweile zu nichts mehr imstande, was Köpfchen erfordert oder eine gewisse Sorgfalt. Sie werden sich vermutlich selbst töten bei den Übungen..
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