International
Russland

Russland: Journalist ruft Wagner-Rekrutierer an – Überraschung

FILE - A man takes down the poster with writing reading "Join us at Wagner", which is associated with the owner of the Wagner private military contractor, Yevgeny Prigozhin, is seen above a  ...
Ein Mann reisst das Plakat mit der Aufschrift «Schliess dich uns bei Wagner an» herunter. Nach der Wagner-Meuterei bleibt die Frage, wie es mit der privaten Militärfirma weitergeht. Bild: keystone

Journalist ruft Wagner-Rekrutierer an – mit überraschender Erkenntnis

29.06.2023, 10:5429.06.2023, 16:10
Anne-Kathrin Hamilton / watson.de
Mehr «International»

Die Revolte der Gruppe Wagner hielt Russland in Atem. Mit Panzern und Munition steuerten sie gen Moskau – zum Sitz der Regierung Wladimir Putins. Ihr Chef Jewgeni Prigoschin pfiff sie allerdings überraschend zurück, die Meuterei endete – doch nichts ist mehr wie zuvor im Kreml.

Während Prigoschin angeblich einen Freifahrtschein nach Belarus erhält, ist das Schicksal seiner paramilitärischen Organisation Wagner ungewiss. Lösen sie sich auf oder bestehen sie unter Prigoschin oder einem neuen Chef fort?

FILE - Members of the Wagner Group military company sit atop of a tank on a street in Rostov-on-Don, Russia, Saturday, June 24, 2023, prior to leaving an area at the headquarters of the Southern Milit ...
Wagner-Kämpfer nahmen die russische Stadt Rostow am Don ein und wollten wohl Richtung Moskau.Bild: keystone

Fragen, die sich wohl auch der russische Journalist Dmitry Nizovtsev gestellt hat. Und warum nicht einfach direkt bei der Gruppe Wagner selbst anrufen?

Russischer Journalist legt Wagner-Rekrutierer rein

Für den Telegram-Kanal «Sirena» ruft Nizovtsev einen Anwerber der Wagner-Gruppe an, um herauszufinden, wie die private Militärfirma (PMC) Wagner mit den Folgen der gescheiterten Meuterei von Prigoschin umgeht. Die Antworten sind überraschend ehrlich.

Reporter Kevin Rothrock von dem Newsportal Meduza, das als Exilmedium über Russland berichtet, postet das Video online und übersetzt es ins Englische.

Nizovtsev stellt sich als Russe vor, der Mitglied bei der Gruppe Wagner werden möchte. Er hakt nach, ob es noch möglich sei, nach all dem Trubel – sprich, dem Aufstand. Sein Gesprächspartner bejaht und fragt, wie alt er sei.

«Wenn wir Verräter wären, würden wir nicht in Russland sein?»
Angeblicher Wagner-Rekrutierer

«35. Ich habe schon eine Zeit lang mit dem Gedanken gespielt, aber nach dem, was ich im Fernsehen gesehen hatte am Wochenende, dachte ich: Verdammt, ich will mich euch anschliessen», erklärt Nizovtsev.

Der Wagner-Rekrutierer meint, es sei egal, was man im Fernsehen gesehen habe. Nizovtsev solle ihm einfach seinen Namen und sein Alter schicken – und zwar via WhatsApp. Die Anreisekosten werden ihm erstattet, heisst es weiter. Alle Informationen werden demnach via WhatsApp ausgetauscht.

Aber Nizovtsev hakt nochmals nach: Er spricht an, dass Putin erwähnt habe, dass die Gruppe Wagner nun als «illegal» gelte und unter ihnen seien «Verräter». Er fragt direkt: «Ist alles cool, also niemand wird mich verfolgen?»

Wagner-Rekrutierer reagiert auf Frage, ob sie als Verräter gelten in Russland

«Wenn wir Verräter wären, würden wir nicht in Russland sein», unterbricht der Wagner-Mann seinen Gesprächspartner. Nizovtsev zeigt seine journalistische Hartnäckigkeit und fragt weiter: «Es heisst, jeder würde nach Belarus gehen, stimmt das auch nicht?»

«Alles, was getan wurde, geschah zum Guten. Am Ende weisst du nicht alles», sagt der vermeintliche Anwerber. Denn: Die Informationen im Fernsehen seien nicht immer wahr. Sie könnten irreführend sein. Am Ende versichert er, die Basis von Wagner sei in der Region Krasnodar, in der kleinen Stadt Molkino.

Nizovtsev ist russischem Justizministerium wohl ein Dorn im Auge

In den Kommentaren betont ein User, dass er es überraschend finde, dass die Gruppe Wagner WhatsApp nutzt, um Informationen auszutauschen. Ein anderer User scherzt: «Ich frage mich, wie viele Leute da draussen einen Wagner-Rekrutierer brauchen, der sie daran erinnert, dass die ‹Informationen im Fernsehen nicht immer wahr sind› und ‹irreführend sein können›.»

Ob der Gesprächspartner von Nizovtsev wirklich ein Wagner-Rekrutierer war, lässt sich unabhängig nicht überprüfen. Allerdings ist das russische Justizministerium wohl gar nicht gut auf Nizovtsev zu sprechen und hat ihn bereits zum «ausländischen Agenten» erklärt. Das meldet die «Justice for Journalists»-Stiftung, die in London sitzt.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Der Wagner-Aufstand in 25 Bildern
1 / 27
Der Wagner-Aufstand in 25 Bildern
Sicherheitskräfte und gepanzerte Fahrzeuge besetzen das Hauptquartier der russischen Armee des südlichen Militärbezirks, 24. Juni 2023.
quelle: epa / stringer
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Das könnte dich auch noch interessieren:
32 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
TommyGun
29.06.2023 12:08registriert Oktober 2020
Selbstverständlich wird Wagner fortgeführt. Unter anderem Management, aber das Instrument werden die Russen sicher nicht aus der Hand geben. All die schönen Rohstoffe und das viele Geld das man -so einfach und lediglich mit roher, brutaler Gewalt- aus Afrika stehlen kann....
1025
Melden
Zum Kommentar
avatar
Gimma 2.0 - сил
29.06.2023 12:41registriert Juni 2023
Die erstatten einem sogar die Anreisekosten? 🤔
491
Melden
Zum Kommentar
avatar
Gluehwuermchen
29.06.2023 12:24registriert Dezember 2021
Könnte mir gut vorstellen, dass alles eine grosse Inszenierung war. Am Ende wird Putin den Westen beschuldigen, dass diese die Wagner Gruppe entsprechend manipuliert und aufgestachelt hat, um einen Aufstand/Putsch gegen ihn zu verüben.
559
Melden
Zum Kommentar
32
    «Wir bringen euch auf den Friedhof» – Sheriff aus Florida warnt Demonstranten

    In Los Angeles wird seit einer Woche gegen die US-Einwanderungsbehörde («ICE») protestiert, welche illegale Immigranten aufspüren und ausschaffen will. Dabei wurden mehrere Fahrzeuge in Brand gesteckt und es kam zu Vandalisierungen und Plünderungen. Gegen den Willen des Staates Kalifornien hat US-Präsident Donald Trump deswegen die Nationalgarde sowie 700 Marines mobilisiert, die die «ICE»-Agenten bei der Arbeit verteidigen sollen. Trotz gewaltsamer Zusammenstösse zwischen Demonstrierenden und Einsatzkräften kam es bisher zu keinen Todesfällen oder lebensbedrohlichen Verletzungen.

    Zur Story