In Russland hat die Präsidentschaftswahl begonnen. Mehr als 107 Millionen Wahlberechtigte waren am Sonntag aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Es gilt als sicher, dass Amtsinhaber Wladimir Putin die Wahl gewinnt und somit bis 2024 an der Spitze Russlands bleiben kann. Ihm wird ein Stimmenanteil von etwa 70 Prozent vorhergesagt.
Der 65-jährige Putin sagte nach seiner Stimmabgabe in Moskau, er sei mit jedem Wahlergebnis zufrieden, solange es ihm das Recht gebe, «das Präsidentenamt auszuüben». Gleichzeitig zeigte er sich siegessicher: «Ich bin überzeugt von der Richtigkeit des Programms, das ich dem Land vorschlage», sagte er der Agentur Interfax zufolge.
Die Wahl in dem riesigen Land, das sich über elf Zeitzonen erstreckt, begann um 8.00 Uhr (Ortszeit, Samstag 21.00 Uhr MEZ) im Fernen Osten und endet am Sonntag um 19.00 Uhr (MEZ), wenn in der Exklave Kaliningrad die letzten Wahllokale schliessen. Kurz danach werden die ersten Prognosen erwartet.
Putins sieben Gegenkandidaten gelten als chancenlos. Der einzige Herausforderer, der dem Staatschef hätte gefährlich werden können, der Anti-Korruptionsaktivist Alexej Nawalny, wurde von der Wahl ausgeschlossen.
Dem Kandidaten der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation, Pawel Grudinin werden sieben Prozent der Stimmen zugetraut, dem Rechtsextremisten Wladimir Schirinowski von der Liberal-Demokratischen Partei Russland fünf Prozent und der Journalistin Ksenia Sobtschak ein bis zwei Prozent.
Als wichtiger Indikator für Putins Rückhalt in der Bevölkerung gilt daher die Wahlbeteiligung. Entsprechend beharrlich hatte die russische Führung die Bürger aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. So wurde für junge Wähler ein Preis für das beste Selfie aus ihrem Wahllokal ausgelobt.
Die liberale Zeitung «Nowaja Gaseta» berichtete, Studenten in mehreren Städten sei gedroht worden, sie bekämen Probleme bei den Prüfungen oder würden von der Hochschule geworfen, wenn sie nicht zur Wahl gingen. Auch staatliche Betriebe übten – wie bereits bei früheren Wahlen – Druck auf ihre Mitarbeiter aus.
«Das sind nicht wirklich Wahlen wie in westlichen Ländern», sagte Stepan Gonscharow vom unabhängigen Umfrageinstitut Lewada der Nachrichtenagentur AFP. Die Russen hätten keine echte Auswahl zwischen starken Präsidentschaftskandidaten. «Wenn sie ihr Missfallen ausdrücken wollen, gehen sie nicht hin», sagte Gonscharow.
2012 hatten nach offiziellen Angaben 65.3 Prozent der Wähler teilgenommen. Diesmal berichteten die Wahlbehörden durchgehend von einer höheren Beteiligung.
Erstmals nehmen dieses Jahr auch die Bürger auf der Krim an einer russischen Präsidentschaftswahl teil. Die Regierung in Kiew hatte angekündigt, aus Protest dagegen die Stimmabgabe in den russischen Vertretungen in der Ukraine verhindern. Am Sonntag versperrten ukrainische Polizisten sowie militante Nationalisten den Zugang zu den russischen Konsulaten.
Moskau hatte die Schwarzmeer-Halbinsel im Sommer 2014 nach einem dortigen Volksentscheid in die Russische Föderation eingegliedert. Die USA und ihre Verbündeten sehen diesen Schritt als Annexion und Verletzung des Völkerrechts an. Die Ukraine betrachtet die Krim nach wie vor als Teil des eigenen Staatsgebiets.
Überschattet wird die Wahl von vielen Belegen für kleinere und grössere Manipulationen. Wahlbeobachter Nawalnys beklagten, ihnen sei der Zugang zu vielen Wahllokalen verwehrt worden.
Die zentrale Wahlkommission wiederum teilte mit, ihr Computernetzwerk habe Cyberattacken aus 15 Ländern abwehren müssen. Die Server seien mit Massenanfragen (DDoS) überschwemmt worden, um sie zum Absturz zu bringen, sagte Wahlleiterin Ella Pamfilowa.
Als ein Problem verzeichneten Wahlbeobachter, dass Wähler in verschiedenen Wahllokalen mehrfach abstimmten. Nach Pamfilowas Angaben haben sechs Millionen Wähler beantragt, nicht am Wohnort, sondern andernorts abstimmen zu dürfen. Die eindeutige Zuordnung zu nur einem neuen Wahllokal schien nicht immer zu funktionieren.
Nach russischen Angaben sind mehr als 1300 ausländische Beobachter bei der Wahl aktiv. Allein die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) setzt fast 600 Beobachter ein. Sie will am Montag ihre Einschätzung zu der Wahl verkünden. (sda/afp/dpa)