Die umstrittene Inhaftierung des Moskauer Oppositionsführers Alexej Nawalny hat nach Kremlangaben keine grösseren Auswirkungen auf die politische Lage in Russland.
«Im Land läuft die Vorbereitung auf die Parlamentswahlen, die im September stattfinden», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch der Agentur Interfax zufolge. «Das ist ein facettenreicher Prozess, deshalb kann man nicht von einem bedeutenden Einfluss sprechen», sagte Peskow mit Blick auf die Straflager-Haft gegen Nawalny.
Der einflussreichste Oppositionelle wollte im Herbst das Machtmonopol der Kremlpartei Geeintes Russland brechen, muss nun aber länger in Haft.
In einem international kritisierten Prozess hatte ein Gericht in Moskau Nawalny am Dienstag zu dreieinhalb Jahren Haft im Straflager verurteilt. Ihm werden aber noch ein mehrmonatiger Hausarrest und Haftzeiten angerechnet, so dass seine Anwälte von zwei Jahren und acht Monaten im Straflager ausgehen.
Peskow kommentierte das international kritisierte Urteil nicht. Die Bundesregierung, die EU und die USA hatten Nawalnys Freilassung gefordert. Der russische Aussenminister Sergej Lawrow warf dem Westen «Hysterie» vor.
Gegen die Inhaftierung Nawalnys hatte es am Dienstag nach dem Richterspruch spontane Massenproteste gegeben. Mehr als 1400 Menschen wurden festgenommen. Die Polizei ging teils mit roher Gewalt vor. Peskow verteidigte den Einsatz gegen die ungenehmigten Proteste. Der Kreml sei besorgt wegen des Ausmasses. «Es handelt sich um eine Aktivität, die zweifellos ziemlich hart bekämpft werden sollte», sagte Peskow. Er nannte die Demonstranten «Provokateure». Präsident Wladimir Putin hatte sie mit «Terroristen» verglichen.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte ein zunehmend repressives Vorgehen gegen Andersdenkende in Russland. Die Übergriffe gegen friedliche Demonstranten hätten eine neue Qualität. «Es wurden in Moskau mehr Menschen inhaftiert, als es Gefängniszellen gibt», sagte Peter Franck, Russland-Experte bei Amnesty in Deutschland. Die Organisation verurteilte die Gerichtsentscheidung gegen Nawalny als «unrechtmässig». Das Gericht hatte eine Bewährungsstrafe in einem Verfahren von 2014 gegen Nawalny aufgehoben und in echte Haft umgewandelt. (aeg/sda/dpa)