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Putin reist nicht nach Istanbul – auch Trump kommt nicht

Russian President Vladimir Putin attends a video conference meeting with members of the All-Russian public organisation "Business Russia", in Moscow, Russia, Tuesday, May 13, 2025. (Alexande ...
Will sich nicht mit Wolodymyr Selenskyj treffen: Wladimir Putin.Bild: keystone

Putin hat keine Lust auf Verhandlungen in Istanbul – auch Trump kommt nicht

Ohne Russlands Präsidenten Wladimir Putin sollen heute in Istanbul die Verhandlungen mit Vertretern Kiews zur Beendigung des Ukraine-Kriegs beginnen. Eine Übersicht.
15.05.2025, 05:0915.05.2025, 07:04
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Putin und Trump nicht in Istanbul

Der Kremlchef liess nach tagelangem Schweigen mitteilen, er reise nicht selbst an – die mehrköpfige Delegation Moskaus werde stattdessen von seinem Berater Wladimir Medinski angeführt. Kurz darauf berichtete der Sender CNN, dass auch US-Präsident Donald Trump – der zurzeit im Nahen Osten unterwegs ist – auf eine Reise in die Türkei verzichte.

Neben dem russischen Präsidenten wird auch Putins erfahrener Aussenminister Sergej Lawrow den Gesprächen fernbleiben. Medinski wiederum, der früher einmal Kulturminister war und als politisches Leichtgewicht gilt, war bereits 2022 an den Verhandlungen zur Beendigung des Krieges beteiligt. Die Gespräche endeten damals – ebenfalls in der Türkei – ohne Ergebnis.

Ukrainische Reaktion steht noch aus

Unklar war zunächst, wie die Ukraine auf das Fernbleiben Putins reagiert. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte vor Bekanntwerden der russischen Delegationsbesetzung in seiner abendlichen Videobotschaft erklärt:

«Die Ukraine ist zu jedem Format von Verhandlungen bereit und wir haben keine Angst vor Treffen.»

Zuvor hatte Selenskyj immer wieder bekräftigt, dass er persönlich in der Türkei auf Putin warten werde und der Kremlchef selbst am Verhandlungstisch sitzen müsse, da er allein in Russland über Krieg und Frieden entscheide.

Putin macht umstrittenen Ideologen zum Chef-Unterhändler

Medinski ist dagegen eine weitaus kleinere Nummer. Der 54-Jährige gilt als einer der prägenden Ideologen des Putin-Systems und vermittelte auch in Schulbüchern eine unter Historikern umstrittene Sichtweise der russischen und ukrainischen Geschichte. Wissenschaftler und Kremlkritiker werfen ihm bewusste Fälschungen und Geschichtsklitterung für politisch-propagandistische Zwecke vor.

Der russischen Delegation gehören laut Putin auch Vize-Aussenminister Michail Galusin, General Igor Kostjukow vom russischen Generalstab sowie Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin an. Zudem sollen Experten des Verteidigungsministeriums, des Generalstabs, des Aussenministeriums und der Präsidialverwaltung dabei sein.

Putins Vorschlag womöglich nur weitere Verzögerung

Putin hatte direkte Gespräche in Istanbul ab Donnerstag selbst vorgeschlagen – als Antwort auf Selenskyjs Forderung nach einer bedingungslosen Waffenruhe, die am Montag hätte beginnen sollen. Allerdings sagte der Kremlchef bei seinem Vorstoss am Sonntag nicht, ob er persönlich anreisen werde. Sein Vorhaben hatte er auch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan besprochen, der seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor mehr als drei Jahren ein für beide Seiten wichtiger Vermittler ist.

Dass Putin nun trotz des von ihm aufgebrachten Vorschlags von direkten Gesprächen nur eine zweitklassige Delegation nach Istanbul schickt, wird von Kritikern als weiteren Beleg für die russische Verzögerungstaktik ausgelegt.

Trump schickt Rubio, Witkoff und Kellogg nach Istanbul

US-Präsident Trump hatte die Ukraine dazu aufgefordert, in direkte Verhandlungen mit Russland einzutreten. Er wandte sich damit gegen ein Ultimatum Selenskyjs und der «Koalition der Willigen» aus Ukraine-Verbündeten, die zuerst eine Waffenruhe und dann Verhandlungen gefordert hatten. Zur «Koalition der Willigen» mit mehr als 30 Ländern gehören unter anderem Deutschland, Grossbritannien und Frankreich.

Bevor die Medienberichte über seinen Verzicht publik wurden, hatte Trump am Mittwoch noch einmal seine Bereitschaft bekräftigt, nach Istanbul zu kommen – wenn es denn eine Chance auf eine Lösung gebe. Aussenminister Marco Rubio werde aber auf jeden Fall in der Türkei sein, sagte Trump am Rande seiner Reise durch die Golfregion. Die Aussenminister der Nato-Staaten beraten heute im türkischen Urlaubsort Belek nahe Antalya über die Forderung der USA nach einer drastischen Erhöhung der Verteidigungsausgaben.

Der ukrainische Aussenminister Andrij Sybiha postete auf der Plattform X Fotos von sich und Rubio, mit dem er sich in Antalya über Friedensbemühungen ausgetauscht habe. Rubio soll nach Angaben seines Ministeriums erst nach dem Ende des Nato-Treffens am Freitag nach Istanbul weiterreisen. Neben ihm werden dort von US-Seite nach Mitteilung des Weissen Hauses auch Trumps Sondergesandte Steve Witkoff und Keith Kellogg dabei sein.

Frühere Gespräche blieben ergebnislos

Russland und die Ukraine haben sich immer wieder gegenseitig vorgeworfen, kein echtes Interesse an Friedensverhandlungen zu haben. Moskau warf der ukrainischen Seite vor, mit westlicher Waffenhilfe weiter um die Rückeroberung der von Russland einverleibten Gebiete kämpfen wolle. Kiew wiederum befürchtet, dass Moskau vor allem weitere ukrainische Gebiete besetzen will, um die Staatlichkeit des Landes zu zerstören.

Unter Trump treten die USA als Vermittler in dem Konflikt auf. Zuletzt gab es im März Verhandlungen unter Vermittlung der Amerikaner in Saudi-Arabien – jeweils getrennt mit der russischen und der ukrainischen Seite. Zu direkten Gesprächen zwischen Russen und Ukrainern kam es dabei in Riad ebenso wenig wie zu einer grundlegenden Einigung der Kriegsparteien.

Direkte Gespräche zwischen Russen und Ukrainern über eine Beendigung des Blutvergiessens hatte es zuletzt 2022 nach Kriegsbeginn gegeben – in der Türkei. Damals scheiterte die Unterzeichnung eines Abkommens zwischen den Kriegsparteien auch daran, dass Russland zwar Garantiemacht für die Sicherheit der Ukraine sein wollte, selbst aber ein Vetorecht gegen das Eingreifen anderer Staaten wie der USA oder Grossbritanniens forderte. Damit wäre die Ukraine in völlige Abhängigkeit vom guten Willen des Kreml geraten. (sda/dpa/con)

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111 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Agramantula
15.05.2025 05:52registriert Februar 2022
Et voila! Wie vermutet, ist Putin auf keinen Fall interessiert an Frieden, so lange er auch nur kleine Landgewinne macht. Vielleicht, aber nur vielleicht begreift das die Orange.
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N. Y. P.
15.05.2025 06:05registriert August 2018
Also, Donald, es ist jetzt offensichtlich, dass Putin keinen Bock hat auf Waffenstillstand.

Aktiviere ab Montag die Sekundärzölle. Diese darfst du getrost auf 145% festsetzen.

Vorhersage: Die Verhandlungen werden kein Resultat hervorbringen.
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HuSu
15.05.2025 06:22registriert Oktober 2020
Beide mögen nicht zu Erdowahn, Putin hat Kopfschmerzen und Trump seine Tage.


… und die Ukainische Bevölkerung darf weiter leiden.
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