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Russland

Russische Band entkommt in Thailand Auslieferung: Nach Israel ausgereist

FILE - Aleksandr "Shura" Uman, left, and Yegor "Lyova" Bortnik perform during the Bi-2 rock band concert in Moscow, Russia, Thursday, Dec. 1, 2011. Members of a rock band that has  ...
Bi-2 bei einem Konzert in Moskau im Dezember 2011.Bild: keystone

Sicherer Hafen in Israel: Anti-Kreml-Band entkommt Russland

Russland verlangte die Auslieferung einer regimekritischen Rockband – jetzt sind alle Bandmitglieder nach Israel geflogen.
01.02.2024, 17:2301.02.2024, 17:55
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Sie kritisieren Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und sind dem Moskauer Repressionsapparat gerade noch entkommen: die russisch-belarussische Rockband Bi-2.

Die sieben Mitglieder konnten Thailand – wo sie festgehalten wurden – am Donnerstag Richtung Tel Aviv verlassen.

Doch von vorn:

Bi-2

Bi-2 ist eine Rockband, die 1985 im damals sowjetischen Belarus gegründet wurde. 1999 zogen die Mitglieder nach Russland. In den 2000er Jahren zählte die Band dort zu den erfolgreichsten.

Bi-2 sagte die Tourdaten in Russland im Mai 2022 ab, kurz nachdem russische Medien berichtet hatten, die Band habe sich geweigert, in der Stadt Omsk vor einem kriegsbefürwortenden Plakat zu spielen.

Seitdem hatte Bi-2 hauptsächlich ausserhalb Russlands Auftritte. So traten sie etwa in der Türkei auf, nur wenige Tage vor ihren zwei Konzerten in Thailand letzte Woche. Laut Tourdaten waren bereits Konzerte bis August ausserhalb Russlands geplant.

Live-Aufnahme vom letzten Jahr.Video: YouTube/Би-2

Festnahme und Auslieferungshaft

Die sieben Musiker von Bi-2, von denen mehrere auch einen israelischen Pass haben und zwei keine russischen Staatsbürger mehr sind, waren eigenen Angaben zufolge vergangene Woche nach einem Konzert auf der thailändischen Urlaubsinsel Phuket festgenommen und in Einwanderungshaft gebracht worden. Dort hätten sie gemäss Bi-2 «in einer engen Zelle mit 80 Personen» ausgeharrt. Medien hatten zunächst berichtet, dass die Musiker nach Russland abgeschoben werden sollten.

Am Dienstagabend konnte bereits einer der Bandgründer – Jegor «Ljowa» Bortnik – nach Israel ausreisen, wie die Band mitteilte, während der Rest der Gruppe zunächst weiter in einem Migrationsgefängnis sass. Moskau habe die Auslieferung gefordert, doch Israels diplomatische Bemühungen hätten bewirkt, dass die Musiker nach Israel reisen durften, berichtete Ynet.

Swjatlana Zichanouskaja zeigte sich auf der Plattform X erleichtert, dass die Bandmitglieder nach Israel reisen konnten. Die belarussische Oppositionspolitikerin lebt im litauischen Vilnius im Exil und wird von der Opposition als rechtmässige Präsidentin von Belarus betrachtet.

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Die Ankunft der Bandmitglieder in Tel Aviv.Bild: keystone

Der Grund der Festnahme

Der Band wird von thailändischen Behörden vorgeworfen, nicht über die gültigen Dokumente für den Auftritt auf Phuket verfügt zu haben.

«Der Grund für die Festnahme waren falsch formulierte Unterlagen der Organisatoren.»
Bi-2

Thailand hält an Beziehungen zu Russland fest

Thailand und Russland haben gute Beziehungen. Bei der Abstimmung zu einer UN-Resolution enthielt sich Thailand der Stimme, als es darum ging, die russische «Annexion» von vier ukrainischen Regionen zu verurteilen. Gerade auch deswegen bestand vor der Ausreise der Bandmitglieder nach Israel die Sorge, Thailand könnte die Musiker an Russland ausliefern.

Moskau ist ein wichtiger Handelspartner Thailands. Erst im Oktober pries der thailändische Premierminister Srettha Thavisin die langjährig enge Beziehung der Länder bei einem Treffen mit Wladimir Putin in Peking. Thailand ist auch als Feriendestination bei Russinnen und Russen beliebt. Seit Kriegsausbruch zieht es viele russische Bürger auch ins südostasiatische Land, weil sie damit einer Einberufung entgehen wollen.

epa10923350 Thai Prime Minister Settha Thavisin (L) and Russian President Vladimir Putin shake hands before their meeting as part of the 3rd Belt and Road Forum at the Diaoyutai State Guest House in B ...
Der thailändische Premier traf Putin im Oktober 2023.Bild: keystone

2023 reisten gar eine Million Russinnen und Russen nach Thailand und die thailändischen Behörden rechnen fürs neue Jahr gar mit doppelt so hohen Einreisezahlen.

NGOs warnten vor Auslieferung

Menschenrechtler warnten, dass der im Exil lebenden Gruppe im Falle einer Abschiebung nach Moskau wegen ihrer öffentlichen Kritik an der russischen Regierung Verfolgung drohe.

«Die thailändischen Behörden sollten die inhaftierten Mitglieder von Bi-2 sofort freilassen und ihnen die Weiterreise ermöglichen», sagte Elaine Pearson, Asien-Direktorin von Human Rights Watch (HRW), gemäss der Nachrichtenagentur SDA.

«Unter keinen Umständen sollten sie nach Russland abgeschoben werden, wo ihnen wegen ihrer Kritik am russischen Präsidenten Wladimir Putin und Russlands Krieg in der Ukraine eine Verhaftung oder Schlimmeres drohen könnte.»

Human Rights Watch erklärte weiter, dass die russische Regierung die Band als Bedrohung für die nationale Sicherheit betrachte:

«Nach ihrer Inhaftierung in Thailand sagte Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Aussenministeriums, dass die Gruppe angeblich ‹Terrorismus gesponsert› habe, indem sie Russland verurteilt und die Ukraine öffentlich unterstützt habe.»

Die NGO hatte vor einer Abschiebung nach Russland gewarnt. Den Bandmitgliedern würden bei einer gewaltsamen Rückführung «höchstwahrscheinlich willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, mögliche Misshandlungen in der Haft, politisch motivierte Strafanzeigen und unfaire Gerichtsverfahren» drohen.

Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte die thailändischen Behörden aufgefordert, ihren «internationalen Verpflichtungen» nachzukommen und die Band nicht an Russland auszuliefern.

Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und DPA

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17 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Haarspalter
01.02.2024 17:59registriert Oktober 2020
Der tapfere Nazi-Jäger Putin hat Angst vor:

- Kinderzeichnungen
- Soldatenmütter
- Rockmusiker
- LGBTQ-People
- Menschen ganz allgemein

Geborgen fühlt er sich:
- hinter grossen Marmortischen
- in überdimensionalen Räumen
- bei der Interpretation Russischer Geschichte
- beim Ersinnen neuer 3-Tages -Pläne (alle 3 Tage)
- in der Anwesenheit von Generälen in Uniform
- allein mit Kyrill I. in der Kirche
- halbnackt hoch zu Ross in der Wildnis (aber nur mit Kreuz-Ketteli als Talisman)
- mit Blancpain am Handgelenk

Für all das liebt ihn die russische Bevölkerung. Nur er kann Russland retten.
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B-Arche
01.02.2024 18:36registriert Februar 2016
Es geht übrigens schon los dass die Auslandsvertretungen einiger afrikanischen Staaten kein Visum mehr ausstellen wenn Russland das nicht will. Es reicht in Russland als "unerwünschte Person" eingestuft zu sein.
Viele andere nehmen chinesische Listen. Die "neuen Verbündeten".

Thailand ist keiner davon da es Touristen von überall her braucht - aber dafür sind die Bedingungen für die "Visum freie Einreise" sehr wischiwaschi und wenn Russland oder China ruft wird da schnell mal eingeschritten. Die Band hat bei der Einreise ja nicht gelogen dass sie Konzerte gibt.
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