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Krieg in der Ukraine: Warum Russland vermehrt zivile Ziele bombardiert

Video: watson/lucas zollinger

Hinter den russischen Raketen-Angriffen steckt ein Muster

Park, Fussgängerbrücke, Universität: Die Russen nahmen am Montagmorgen vieles ins Visier, nur keine militärischen Ziele. Das steckt dahinter.
10.10.2022, 14:3411.10.2022, 14:16
Corsin Manser
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Seit Montagmorgen schlagen in mehreren Städten der Ukraine Raketen ein. Besonders betroffen ist die Hauptstadt Kiew. Die schweren Angriffe erfolgen zwei Tage nach der schweren Explosion auf der Krim-Brücke.

Gemäss dem Waffenexperten Chris Owens werfen die Russen Marschflugkörper des Typs «Kalibr» auf die ukrainischen Städte. Diese können Ziele auf 30 Meter genau treffen und werden von Schiffen, U-Booten oder aus der Luft abgefeuert.

Der ukrainische Militärchef Walerij Saluschnyj sagte, es seien nicht nur Raketen abgefeuert worden. Die Angriffe seien auch mit iranischen Kamikazedrohnen erfolgt.

Waffenexperte Owens hat auf Twitter eine interessante Theorie veröffentlicht, wonach ein Muster hinter den russischen Angriffen stecke.

Er verweist auf die Aussagen im russischen Staats-TV von Sonntagabend. Wladimir Solowjow, einer der lautesten Putin-Propagandisten, forderte nach dem Angriff auf die Krim-Brücke: «Es ist Zeit, dass wir sie auf die härteste Art und Weise bestrafen. Wir müssen entschieden und stark handeln.»

Es folgte Andrei Kartapolow, Duma-Abgeordneter und Stellvertreter des Verteidigungsministers. «Die Krim-Brücke ist nicht nur ein militärisches Objekt, [...] sie ist ein Symbol des russischen Stolzes», so Kartapolow. Die Ukrainer würden auf Symbole schiessen, das zeige auch der Angriff auf das Kriegsschiff Moskwa.

Wie er glaubt, sind die Ukrainer noch lange nicht fertig. Er sagte im Fernsehen: «Wir sollten uns darauf einstellen, dass sie weiterhin Symbole angreifen werden. Und unser wichtigstes verbleibendes Symbol ist unser Präsident.»

Militärexperte Owens äussert nun die Vermutung, dass Kartapolow mit seinen Aussagen Hinweise auf die Vergeltungstaktik der Russen gegeben hat. Demnach würden die Russen jetzt ebenfalls Ziele mit hoher symbolischer Natur angreifen. Und tatsächlich lässt sich am Montagmittag ein gewisses Muster erkennen.

Diese Ziele wurden in Kiew getroffen

So schlugen die russischen Raketen etwa in der Nähe der nationalen Taras-Schewtschenko-Universität ein.

Auch eine moderne Fussgängerbrücke im Herzen Kiews wurde ins Visier genommen. Diese wurde erst im Jahr 2019 eröffnet und gilt als Touristen-Attraktion. Ein Fussgänger, der am Montagmorgen auf ihr unterwegs war, hatte unglaubliches Glück. Das Geschoss schlug nur wenige Meter neben ihm ein, wie auf Videobildern zu sehen ist.

Video: twitter/AlexKokcharov

Krater waren am Montagmittag auch im Schewtschenko-Park zu sehen. Dort, wo sich sonst Kinder vergnügen und Bewohnerinnen der Stadt Erholung suchen.

Eine weitere Rakete detonierte bei einem Monument von Mychajlo Hruschewskyj. Er war ein wichtiger Historiker, Politiker und Aktivist in der ukrainischen Nationalbewegung.

Weshalb Russland so handelt

Weshalb gibt der Kreml so viel Geld aus, um kulturelle und symbolische Ziele zu treffen? Ein «Kalibr»-Marschflugkörper kostet um die 6 Millionen US-Dollar. Gemäss dem ukrainischen Militärchef Walerij Saluschnyj feuerte Russland 75 Raketen ab, wovon 41 abgefangen wurden.

Militärexperte Rob Lee erklärt sich das so: «Dies dürfte nach der Explosion der Krim-Brücke eher dem heimischen Publikum gedient haben.»

Festzuhalten ist, dass nicht nur Ziele mit hoher Symbolkraft angegriffen wurden. So wurde in Saporischschja ein Wohnblock zerstört, wobei mindestens zwölf Personen ums Leben kamen. «Putin ist aufgrund der Niederlagen auf dem Schlachtfeld verzweifelt und versucht mit Raketenterror, das Tempo des Krieges zu seinen Gunsten zu verändern», sagt der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba. Das habe er auch schon vor der Explosion auf der Krim-Brücke gemacht.

Die Ukrainer würden sich dadurch aber auch dieses Mal nicht in die Knie zwingen lassen, schreibt Militärexperte Rob Lee.

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87 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Macca_the_Alpacca
10.10.2022 14:49registriert Oktober 2021
Putin und seine Schergen sind wirklich der Abschaum der Welt.
31411
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Irgendwie so
10.10.2022 14:55registriert August 2022
Kinderspielplatz (Schewtschenko-Park) bombardieren...

so von wegen Symbolhaftigkeit...
mehr geht wirklich nicht...
...
...
...
Was für looser.
2688
Melden
Zum Kommentar
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mMn
10.10.2022 14:41registriert September 2020
Ich dachte Moskva war in Seenot geraten🤔
2534
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87
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