In Russland soll künftig bei Wahlen landesweit elektronisch oder per Brief abgestimmt werden können. Das sehen Änderungen des Wahlgesetzes vor, die Präsident Wladimir Putin nach Angaben des Kremls vom Samstag genehmigte.
Statt auf einem Wahlzettel kann demnach das Kreuz zum Beispiel über eine bestimmte Software gesetzt werden. Dies solle sowohl bei Abstimmungen auf lokaler Ebene als auch bei landesweiten Urnengängen möglich sein. Dieses Verfahren könne ebenfalls bei Referenden angewendet werden, hiess es.
Die Befürworter verweisen nach Angaben der Staatsagentur Tass darauf, dass Wähler etwa in der Corona-Epidemie besser vor einer Ansteckung geschützt wären, wenn sie kein Wahllokal aufsuchen müssten. Die elektronische Abstimmung sei in der Hauptstadt Moskau bereits viermal getestet – und kein einziges Mal gehackt worden.
Kritiker befürchten dagegen, dass Wahlergebnisse damit leichter manipuliert werden könnten. Unabhängige Beobachter könnten zudem schwerer Wahlen auf Unregelmässigkeiten hin untersuchen. Diese Änderungen wurden in einer Zeit verabschiedet, in der wegen der Epidemie öffentliche Proteste nicht erlaubt sind.
Unklar ist, ob dieses Verfahren bereits bei der Abstimmung über die grösste Verfassungsänderung der russischen Geschichte angewendet wird. Sie sollte ursprünglich Mitte April sein, wurde aber wegen des Coronavirus auf unbestimmte Zeit verschoben. In russischen Medien war zuletzt über den 24. Juni als neuen Termin spekuliert worden.
Das neue Grundgesetz sichert Kremlchef Wladimir Putin deutlich mehr Machtbefugnisse zu – und ermöglicht es ihm, noch bis 2036 im Amt zu bleiben, sollte er 2024 und 2030 erneut als Präsident kandidieren.
(sda/dpa)