Jewgeni Prigoschin lässt keine Gelegenheit aus, den angeblichen Heldenmut seiner Wagner-Söldner zu lobpreisen. Selbst in Russlands Öffentlichkeit jedoch wird die gefürchtete Privatarmee und ihr ebenso brutaler Anführer immer unbeliebter.
Bereits die eigenhändig vorgenommene und gefilmte Hinrichtung eines Wagner-Deserteurs mit einem Vorschlaghammer bestätigte Prigoschins Ruf der absoluten Rücksichtslosigkeit. Für eine neue Empörungswelle sorgt jetzt die Rückkehr von der Front des verurteilten Vierfachmörders Alexander Tjutkin.
Der 66-jährige Geschäftsmann war laut russischen Berichten 2021 zur 23 Jahren Straflager verurteilt worden, weil er die gesamte vierköpfige Familie eines Konkurrenten durch Auftragskiller auslöschen liess.
Im Juni 2022 warb ihn Prigoschin im Straflager für seine Wagner-Truppe an, obschon das maximale Rekrutierungsalter 50 Jahre beträgt. Im Dezember kehrte Tjutkin nach erfülltem Sechsmonate-Vertrag heil aus der Ukraine zurück und setzte sich anschliessend in die Türkei ab. Das stiess den Hinterbliebenen und Freunden von Tjutkins Opfern derart sauer auf, dass selbst russische Medien wie der Kanal «47News» aus St.Petersburg darüber zu berichteten begannen.
Laut der «Nowaja Gazeta» wurde mit dem Clan-Gangster Anton Ionov ein weiterer Schwerkrimineller soeben aus Wagner-Diensten entlassen; dieser hätte eigentlich ab 2018 eine 11-jährige Haftstrafe für verschiedene Verbrechen wie schwere Körperverletzungen und Drogenhandel verbüssen müssen. Doch dank überstandenen Wagner-Einsatzes an der Front befindet auch er sich wieder auf freiem Fuss.
Wie nicht anders zu erwarten, wischt Prigoschin jegliche Kritik an der Anwerbung von Schwerverbrechern bei Seite. Kämpfer wie Tjutkin seien drei oder vier mobilisierte russische Soldaten wert, heisst in einer Stellungnahme, die auf dem Telegram-Kanal der Concord-Gruppe, Prigoschins Gastro-Unternehmen, veröffentlicht wurde.
Die regulären russischen Armeeangehörigen nennt Prigoschin verächtlich nur «Löwenzahnknaben». Journalisten, die ihn mit solchen Anfragen belästigen, sind «Pussies», die sich lieber bei ihm für den Kampf in der Ukraine melden sollten. Tjutkin dagegen habe bei einem Kampfeinsatz eigenhändig sieben ukrainische Soldaten getötet.
Solche Tiraden wirken weder glaubwürdig noch souverän. Zu Prigoschins offensichtlich dünnem Nervenkostüm tragen zweifellos die horrenden Verlustzahlen in jüngster Zeit bei. Zu Beginn dieser Woche vermeldete die Nichtregierungsorganisation «Rus Sidjaschtschaja», dass von den 50’000 in russischen Straflagern angeworbenen Wagner-Söldnern nur noch 10’000 an der Front übrig seien. Der Rest sei getötet oder verletzt worden, verschollen oder desertiert.
Zwar äussert CH-Media-Kriegsreporter Kurt Pelda Zweifel an dieser massiven Ausfallquote, doch berichtete auch die «New York Times» diese Woche von enormen Verlustzahlen. Die amerikanischen Reporter stützen sich dabei auf die Untersuchung der Anzahl Gräber auf einem Wagner-Soldatenfriedhof mittels Satellitenbilder: Die Zahl der Gräber habe sich innert zweier Monate bis Ende Januar versiebenfacht; hinzu komme eine hohe Dunkelziffer von eingeäscherten Wagner-Söldnern, bilanziert die «New York Times».
Die zunehmende Kritik an seiner Söldnertruppe hat Prigoschin zu einem Gegenschlag im Inland veranlasst. Am vergangenen Dienstag forderte er in einem Schreiben das russische Parlament dazu auf, jegliche Kritik an seiner Truppe gesetzlich zu verbieten. Dank dieser Gesetzesanpassung soll es künftig untersagt sein, irgendeine öffentliche Kritik an den freiwilligen Kämpfern und ehemaligen Strafgefangenen zu äussern.
Diese Bestimmung soll laut Prigoschin nicht nur im Zusammenhang mit der laufenden «Spezialoperation» in der Ukraine gelten, sondern auch Wagner-Söldner aus vorangegangenen Kriegen in Schutz nehmen. Zudem werden, sofern die Duma der Gesetzesvorlage zustimmt, jegliche Hinweise auf früher im Zivilleben verübte Verbrechen der Wagner-Kämpfer mit Gefängnis bestraft.
Prigoschin begründet seinen politischen Vorstoss mit der Erhaltung der Kampfmoral: «Das Ziel (der Kritiker) ist es, eine negative öffentliche Stimmung gegen die wirksamsten Verbände, die auf dem Schlachtfeld maximale Erfolge feiern, zu kreieren und sie durch die öffentliche Verdammung der Zivilgesellschaft zu schwächen.» Solche Praktiken müssten zu Gunsten der Stärkung der russischen Gesellschaft gegen die äussere Bedrohung «strengstens» unterdrückt werden.
Ob Prigoschin mit seiner auf Telegram publizierten Gesetzesinitiative Erfolg haben wird, hängt letzten Endes von Wladimir Putin ab und der Bedeutung, die der Kreml-Herrscher dem mächtigen Söldner-Führer in Zukunft noch zugestehen will. Bereits in den Kämpfen um Bachmut sprach vieles dafür, dass die russische Armeeführung die Wagner-Verbände absichtlich ausbluten liess, um den gefürchteten Rivalen im schwelenden Machtkampf zurückzubinden. (aargauerzeitung.ch)
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neurot
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