Nach dem Einschlag einer Rakete in Polens Grenzgebiet zur Ukraine ist Präsident Andrzej Duda in einem Telefonat von russischen Komikern hereingelegt worden. Das Duo gaukelte Duda in dem auf der Plattform Rutube veröffentlichten Gespräch vor, er spreche mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron. Hinter der Aktion stecken die Komiker Vovan (Wladimir Kusnezow) und Lexus (Alexej Stoljarow).
Die Aufnahme des Telefonats beginnt mit einem zögerlichen «Hallo?» des polnischen Präsidenten, worauf der vermeintliche Macron mit einem «Hallo, mein Freund!» reagiert. Daraufhin beginnt Duda direkt loszureden und berichtet Macron von dem Raketeneinschlag im Grenzgebiet zur Ukraine. Dieser hatte sich am Tag des Telefongespräches ereignet.
«Es war ohne Zweifel eine Rakete. Wer sie abgefeuert hat, wissen wir nicht. Es war eine russische Rakete, also produziert von Russland», erklärt Duda in holprigem Englisch.
Dann wird es brisant: Duda berichtet weiter, er habe bereits mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg gesprochen und angekündigt, dass Polen die Einleitung des Verfahrens nach Artikel 4 des NATO-Vertrags beantragen könnte. Artikel 4 sieht Beratungen der NATO-Staaten vor, wenn einer von ihnen die Unversehrtheit seines Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die eigene Sicherheit bedroht sieht.
Duda erzählt dem Anrufer auch von seinem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden. Erst dann greift der vermeintliche Macron erstmals ins Gespräch ein. «Und was sagt er? Beschuldigt er Russland?», will der Anrufer wissen. «Nein», antwortet Duda. Biden habe Untersuchungen eingeleitet und auch er selbst wolle erst das Resultat abwarten. Der Anrufer scheint sich allerdings nicht für weitere Details dazu zu interessieren, als er Duda ungeduldig unterbricht und fragt: «Ja ... was ist die Position von Selenskyj? Er gibt Russland die Schuld?»
Duda bestätigt dies. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sei absolut überzeugt, dass die Rakete von Russland abgefeuert wurde. Er frage nur nach noch mehr Waffen, wirft der angebliche Macron ein. Daraufhin entfährt Duda ein trockenes Lachen:
Der Anrufer versucht, Duda weiter ins Gewissen zu reden:
Duda scheint etwas verdutzt ob dieser offensichtlichen Aussage:
Er rede bloss von Artikel 4 und nicht von Artikel 5, versichert er weiter. Artikel 5 der NATO sieht vor, dass alle NATO-Länder dem angegriffenen NATO-Land Beistand leisten werden.
Nach dem Gespräch über die Rakete wechselt der Anrufer das Thema. Was er über schmutzige Bomben denke, will er von Duda wissen.
Danach möchte der Anrufer von Duda wissen, was Wladimir Putin ihm gesagt habe. Duda gerät während seiner Antwort ins Stocken und sucht nach Worten, wiederholt schlussendlich aber, dass noch mehr Untersuchungen nötig seien.
Der Anrufer bedankt sich daraufhin bei Duda und versucht ihm wohl noch einige negative Aussagen zu Putin zu entlocken:
Duda scheint da die Lunte allerdings bereits gerochen zu haben. Er verabschiedet sich, ohne darauf einzugehen, aus dem Telefonat und wünscht dem Anrufer einen schönen Abend.
Nach der Veröffentlichung des Telefonats veröffentlichte die polnische Präsidialverwaltung umgehend eine Stellungnahme auf Twitter.
Das Telefonat habe sich im «Verlauf mehrerer Telefonverbindungen mit Staats- und Regierungschefs» nach der Explosion der Rakete ereignet, schreiben sie. Im Verlauf des Anrufs habe Duda aufgrund der ungewöhnlichen Gesprächsführung erkannt, dass es sich um einen Täuschungsversuch handeln könnte, und das Gespräch beendet.
Das Duo «Vovan und Lexus» ist in Russland seit Jahren bekannt dafür, Politiker und andere internationale Promis mit Fake-Anrufen hereinzulegen. Anfang des Sommers liessen die Komiker mehrere Bürgermeister in EU-Hauptstädten glauben, mit Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko zu reden. Zu den Opfern des Telefonstreichs gehörte auch Berlins Bürgermeisterin Franziska Giffey. Vor geraumer Zeit räumten sie nach ARD-Angaben in einem «Kontraste»-Interview ein, für eine Internetplattform zu arbeiten, die dem russischen Staatskonzern Gazprom gehört.
Ihnen wird allerdings immer wieder vorgeworfen, für die russischen Behörden und den russischen Sicherheitsdienst zu arbeiten. Auch die britische Regierung hat diesen Verdacht geäussert. Dies aufgrund der Tatsache, dass viele Opfer ihrer Streiche Putin und Russland kritisch gegenüberstehen. Das Duo bestreitet diese Behauptung. (saw, mit Material der Nachrichtenagenturen sda und dpa)