Seit Beginn des Krieges in der Ukraine hielt sich Wladimir Putin die meiste Zeit in Russland auf. Erst Ende Juni besuchte er Tadschikistan und Turkmenistan. Nun folgte eine Reise nach Teheran, wo er sich mit Irans Präsident Ebrahim Raisi und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan traf. Grund für das Spitzentreffen: Die Lage im Bürgerkriegsland Syrien.
Die Staatschefs haben in Syrien verschiedene Interessen. Nun streben sie laut Abschlusserklärung des Gipfels eine diplomatische Lösung unter Vermittlung der Vereinten Nationen an. Das Leid der Menschen in Syrien soll so schnell wie möglich beendet werden, sodass Geflüchtete möglichst schnell zurückkehren können. Noch in diesem Jahr soll ein weiterer Gipfel mit den drei Ländern in Russland stattfinden.
Nebst den Verhandlungen um Syrien sorgte eine andere Szene für Gesprächsstoff. Sie ereignete sich am Dienstag. In einem Raum mit Reportern wäre ein Treffen zwischen Erdogan und Putin geplant gewesen. Der russische Präsident beschritt dann auch das Zimmer und begab sich zum Stuhl mit der russischen Flagge im Hintergrund.
Doch Erdogan liess Putin warten. Der russische Präsident, dessen Bewegungen momentan bis ins kleinste Detail analysiert werden, blickte zum Eingang und schlurfte mit seinen Füssen. Von seinem Gegenüber keine Spur. Der sonst eher stoische Putin saugte an seinen Wangen und hielt seine Hände gefaltet vor sich. Immer im Wissen, dass die Kameras voll auf ihn gerichtet sind.
Erst nach langen 50 Sekunden tauchte sein Gegenüber auf. Der russische Präsident liess seine Hände in einem Anflug von Verzweiflung auf die Seiten fallen. Erdogan liess sich hingegen nichts anmerken und schüttelte seinem Gegenüber gut gelaunt die Hand. Nun kann man behaupten, dass 50 Sekunden nicht sehr lange sind. Doch in der Diplomatie sind solche Details durchaus wichtig.
«Diese 50 Sekunden, in denen Erdogan Putin warten liess und er vor den Kameras erschöpft aussah, sagen viel darüber aus, wie viel sich nach der Ukraine verändert hat», kommentierte Joyce Karam die Szene. Sie ist Korrespondentin der nahöstlichen Medienorganisation «National News» auf Twitter.
Karam wies darauf hin, dass dies wohl eine «süsse Retourkutsche» des türkischen Präsidenten gewesen sei. Putin habe Erdogan bei einem Treffen im Jahr 2020 zwei Minuten warten lassen. Damals wurden von russischen Medien Videos veröffentlicht, in denen zu sehen ist, wie Erdogan und seine Entourage in einem Vorraum zwei Minuten die Zeit totschlagen müssen. Erdogan sei von Putin gedemütigt worden, berichteten die türkischen Medien nach dem Vorfall.
Es ist nicht unüblich, dass Putin seine Gesprächspartner warten lässt. Zu Beginn seiner Präsidentschaft kam er 14 Minuten zu spät zu einem Treffen mit der Queen. Im Jahr 2004 liess er die Eltern von Kindern, die bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kamen, zwei Stunden lang auf einem Friedhof warten. Putin hielt auch schon den Papst hin und im Jahr 2018 versetzte er Donald Trump in Helsinki um geschlagene 45 Minuten.