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Russland

Russlands neue Armeekorps: Das kommt auf die Ukraine zu

Russlands Drittes Armeekorps: Was rollt da auf die Ukraine zu?

Eine gut ausgerüstete Angriffstruppe rollt aus Russland in Richtung Ukraine. Doch die Disziplin der Soldaten scheint auf der Strecke zu bleiben.
30.08.2022, 05:5930.08.2022, 10:38
Martin Küper / t-online
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t-online
Russia Medvedev Defence 8259486 24.08.2022 Deputy head of Russia s Security Council Dmitry Medvedev, left, attends the Western Military District exercises at the Mulino training ground in Nizhny Novgo ...
Dmitri Medwedew auf dem Übungsplatz in Mulino.Bild: imago

Die russische Armee hat offenbar noch nicht ihr gesamtes modernes Kriegsgerät in der Ukraine verloren. Militärexperten beobachten schon seit Wochen die Aufstellung eines neuen Armeekorps auf einem Trainingsgelände bei Nischni Nowgorod. Jetzt hat sich offenbar ein Teil der Truppe in Richtung Ukraine in Bewegung gesetzt – in einem Zug voller moderner Panzer, wie Bilder und Videos in den sozialen Medien zeigen.

Nach Angaben der Aktivistengruppe «Conflict Intelligence Team» (CIT) sind seit voriger Woche zwei Militärzüge vom Trainingsgelände Mulino bei Nischni Nowgorod in Richtung Rostov nahe der ukrainischen Grenze aufgebrochen. An Bord der Züge befinden sich demnach Kampfpanzer der Typen Т-80BV und Т-90М, gepanzerte Truppentransporter vom Typ BMP-3, mehrere Flugabwehrsysteme vom Typ Buk sowie moderne Sturmgewehre des Herstellers Kalaschnikow. Bei der Truppe soll es sich um Russlands Drittes Armeekorps handeln, über dessen Aufstellung Anfang Juli zuerst der ukrainische Geheimdienst berichtete.

Unklar, wo das Dritte Armeekorps kämpfen soll

Wo in der Ukraine das Dritte Armeekorps kämpfen soll, ist unklar. Forschende des «Institute for the Study of War» (ISW) gehen davon aus, dass die neue Truppe aufgeteilt und bei Donezk im Donbass sowie an der südlichen Front bei Cherson eingesetzt werden soll: «Die Tatsache, dass das Dritte Armeekorps über neuere Waffen verfügt und bis jetzt zurückgehalten wurde, legt nahe, dass es der russischen Armee irgendwo entlang der Front zum Durchbruch verhelfen soll», heisst es im Lagebericht des ISW von Samstag.

Verwundert zeigen sich die ISW-Autoren allerdings über die Personalpolitik der neuen russischen Truppe: «Die Anwärter für das Dritte Armeekorps müssen keine militärische Erfahrung mitbringen und auf Fotos ist zu sehen, dass die Rekruten körperlich unfit und alt sind.» Auch der Mangel an kampferfahrenen Offizieren für die Ausbildung der Rekruten dürfte die Kampffähigkeit des Dritten Armeekorps schwächen, so das ISW. «Eine bessere Ausrüstung macht noch keine bessere Truppe, vor allem dann nicht, wenn die Soldaten schlecht ausgebildet und undiszipliniert sind.»

Anwohner beschweren sich über Soldaten

Damit bezieht sich das ISW auf Berichte aus der Nachbarschaft des Trainingsgeländes Mulino. Im russischen Netzwerk «VKontakte» beschweren sich Anwohner schon seit Wochen über Gruppen von Soldaten, die betrunken durch die Strassen des 11'000-Einwohner-Ortes ziehen, Frauen belästigen und Kämpfe anzetteln: «Das ganze Dorf leidet unter diesen Freiwilligen», zitiert das «Wall Street Journal» zum Beispiel die Nutzerin Xenia Glotowa. «Es ist ja nicht so, dass sie auf ihrer Basis bleiben und trainieren. Stattdessen laufen sie ab 11 Uhr vormittags betrunken herum.» Die Nutzerin Yekaterina Horoshavina schreibt: «Sie sagen, sie werden uns beschützen, aber nach allem, was wir sehen, werden wir nicht sehr ruhig schlafen.»

Auch das russische Magazin Verstka berichtet vom Unmut der Anwohner den sozialen Medien. So hätten sich auf «VKontakte» mehrere Anwohner darüber beschwert, dass die Rekruten Wertsachen stehlen würden. Einer der Posts sei 11'000 Mal geteilt und Hunderte Male kommentiert worden. Auch Verstka berichtet von sexuellen Übergriffen auf Frauen und Gruppen betrunkener Soldaten.

«Viele Fachleute fragen sich, wie das modernste russische Kriegsgerät ausgerechnet in den Händen dieser schlecht ausgebildeten Freiwilligen landen konnte», heisst es in einem Bericht des «Conflict Intelligence Team». «Dies könnte zwei Gründe haben: Entweder hat die russische Armee kein älteres Material mehr auf Lager oder es hat nicht mehr genügend erfahrende Soldaten, die von der Front abgezogen und an den neueren Waffen trainiert werden können.»

Verwendete Quellen:

  • qirim.news: Im westlichen Militärbezirk bilden die Invasoren das 3. Armeekorps (russisch; Stand: 29. August 2022)
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126 Kommentare
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MRDL
30.08.2022 06:21registriert August 2020
Am besten die Trunkenbolde bleiben daheim oder ziehen Richtung Moskau...
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HugiHans
30.08.2022 06:54registriert Juli 2018
Zur Schlussfrage:
-> Vermutlich beides! Freiwillig melden sich nur noch ungeeignete Personen/Randständige/Kriminelle.
Und was noch offen ist; ist dieses „moderne“ Kriegsmaterial auch zuverlässig und hält den Belastungen eines Krieges stand?

Trotzdem eine schlechte Nachricht, dass überhaupt Reserven nachrücken …
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Fernrohr
30.08.2022 06:55registriert Januar 2019
Wenn das die von Prigoschin angeworbenen Knastbrudis sind, dann prost Nägeli.
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