Was es bedeutet, wenn sich ein Land im Krieg befindet, konnte Bundespräsident Alain Berset am Samstag hautnah erleben: Bei seinem Besuch in Kiew musste die gemeinsame Pressekonferenz mit Präsident Wolodimir Selenski wegen Raketenalarm unvermittelt abgebrochen werden.
Berset wurde in den Schutzkeller des Präsidentenpalasts geschickt und musste dort 20 Minuten ausharren. Am Schluss stellte es sich zwar als Fehlalarm heraus.
Berset und die Schweizer Delegation seien zu keiner Zeit in Gefahr gewesen. Aber wenige Stunden zuvor war die Bedrohung für die ukrainische Hauptstadt akut. 75 iranische Shahed-Kamikazedrohnen hatte Russland am frühen Morgen auf Kiew losgelassen. Es war der grösste Drohnenangriff seit Kriegsbeginn vor 643 Tagen.
Glücklicherweise konnte die ukrainische Luftabwehr die meisten Drohnen abschiessen. Trotzdem kam es aber zu Schäden und fünf Verletzten unter der Zivilbevölkerung.
Und das ausgerechnet am Gedenktag für den Holodomor, Stalins Massenmord an fast vier Millionen Ukrainerinnen und Ukrainern, die vor 90 Jahren einer kalkulierten Hungersnot zum Opfer fielen. Russlands Präsident Wladimir Putin scheint nicht nur ein kaltblütiger Kriegsfürst zu sein, sondern auch ein grosser Zyniker.
In die Ukraine gefahren ist Bundespräsident Berset, um Selenski die «langfristige» Unterstützung der Schweiz zu versprechen. Auch wenn die Welt gerade von zahlreichen Krisen heimgesucht werde, würde man die Ukraine nicht vergessen, so die zentrale Botschaft von Berset.
Tatsächlich liegt der Fokus der globalen Aufmerksamkeit gerade andernorts, nämlich in Israel. Die USA als der Hauptverbündete der Ukraine sind direkt in die Verhandlungen zur Befreiung der Hamas-Geiseln involviert und mit mehreren Flugzeugträgern und Kriegsschiffen vor Ort.
Der andauernde Budget-Streit in Washington setzt die Militärhilfe an Kiew ausserdem aufs Spiel. Auch wenn ihm seine amerikanischen Ansprechpartner versichern, von «Ukrainemüdigkeit» könne keine Rede sein: Präsident Selenski tut gut daran, sich Sorgen zu machen.
Kopfzerbrechen muss Selenski auch die Situation in Europa bereiten. Die grösste Wirtschaftsmacht Deutschland versinkt nach dem Urteil des Karlsruher Verfassungsgericht im 60-Milliarden-Loch des Staatshaushalts.
Und auf EU-Ebene zeichnet sich eine tiefgreifende Blockade bei allem ab, was mit der Ukraine zu tun hat. Es ist der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban, der sich wild entschlossen zeigt, einen Strategiewechsel zu erzwingen. Wenn nötig mit der Brechstange.
Das teilte er Brüssel vergangene Woche in einem Brief mit und gab zu verstehen, beim EU-Gipfel Mitte Dezember von seinem Vetorecht Gebrauch machen zu wollen.
Blockiert bleiben würden damit nicht nur über 50 Milliarden Euro an dringend benötigten Hilfsgeldern für Kiew. Sondern auch das neuste Sanktionspaket gegen Russland und der Start der EU-Beitrittsverhandlungen, der für die Moral der Ukrainerinnen und Ukrainer wichtig ist. Gelingt der Durchbruch nicht doch noch, könnte das Jahr für die Ukraine in einem Scherbenhaufen enden.
Den Preis bezahlen die Soldatinnen und Soldaten an der Front. Dort ist die Situation in einem Wort: Schwierig. Das liegt allein schon an den Wetterbedingungen. In der Südukraine und an der Schwarzmeerküste wüteten übers Wochenende heftige Stürme. In allen Landesteilen sind die Temperaturen stark gesunken. Wo die Erde noch nicht gefroren oder von Schnee bedeckt ist, hat sie sich oft in eine kaum passierbare Schlammlandschaft verwandelt.
Gleichzeitig erhöht Russlands Armee an verschiedenen Frontabschnitten den Druck. Während die ukrainischen Truppen auf die von der EU versprochene Artilleriegranaten warten, soll Moskau von Nordkorea bereits 1 Million Geschosse erhalten haben. In den letzten Monaten hat Russland zudem einen Vorrat an Marschflugkörpern angespart, die nun gezielt gegen ukrainische Infrastruktur eingesetzt werden.
Daneben setzen Putins Generäle wie schon beim Kampf um die ostukrainische Stadt Bachmut auf die schiere Anzahl an Soldaten, die sie in Wellen gegen ukrainische Stellungen anrennen lassen. Jetzt ist der Schauplatz die Stadt Awdijiwka, ebenfalls im Osten. Gemäss britischen Geheimdienstangaben sind in den letzten Wochen täglich beinahe 1000 russische Soldaten bei Awdijiwka gefallen oder verletzt worden, so viele, wie noch nie seit Kriegsbeginn.
Trotz der grossen Verluste kommen die Russen aber voran: Die Stadt sei mittlerweile von drei Seiten eingekesselt, berichtet die Nachrichtenagentur «Reuters». Wie bei Bachmut scheint der Fall nur noch eine Frage der Zeit.
(aargauerzeitung.ch)
OMG, mir ist so schlecht. Wer sich auf den Westen verlässt ist also verlassen?
Der Westen hätte von Anfang der Ukraine Langstrecken Waffen oder Flugzeuge , sowie Panzer liefern sollen . Zuerst hat man ihnen den alten Schrott angedreht und nachher endlos diskutiert was man liefern soll. Unterdessen sterben tausende Ukrainer.