Am Samstagmorgen wurden im Nobelhafen Port Adriano auf Mallorca um ein Haar mehrere Millionen Dollar im Wasser versenkt. Nicht in bar, sondern in Form der 47-Meter-Yacht «Lady Anastasia».
Wie die «Mallorca Zeitung» berichtet, soll der Maschinenwart des Schiffes – ein Ukrainer – versucht haben, das Schiff zu versenken. Er öffnete mehrere Ventile, um den Maschinenraum zu fluten. Letztlich fiel jedoch der Plan, nicht das Schiff, ins Wasser. Den Angestellten der Yacht gelang es, die Ventile wieder zu schliessen.
Der Mann wurde daraufhin verhaftet. Wie er der Polizei berichtete, soll er aus Rache versucht haben, das Schiff zum Kentern zu bringen. So soll er kurz vor der Tat erfahren haben, dass sein Haus in der Ukraine durch einen russischen Angriff zerstört worden war. Bei dem Besitzer der Yacht in Mallorca soll es sich Presseberichten zufolge um den russischen Waffenproduzenten Alexander Mikheev handeln.
Die «Lady Anastasia» ist momentan nicht die einzige russische Yacht, auf die man es abgesehen hat. Die USA, Kanada, die EU und Grossbritannien kündigten am Samstag in einer gemeinsamen Erklärung an, dass sie eine transatlantische Taskforce bilden werden, um Vermögenswerte von sanktionieren Russen aufzuspüren und einzufrieren.
«Wir werden ihre Yachten, ihre Luxuswohnungen, ihr Geld und die Möglichkeit, ihre Kinder auf schicke Hochschulen im Westen zu schicken, jagen», sagte ein Regierungsvertreter in Washington. Wohlhabenden Russen soll zudem die Möglichkeit genommen werden, sich einen sogenannten goldenen Pass und damit eine europäische Staatsbürgerschaft erkaufen zu können.
Bislang wurden noch keine Yachten konfisziert. Putins 87-Millionen-Schiff «Graceful» wurde vor drei Wochen von Hamburg nach Kaliningrad verlegt, wahrscheinlich aus Angst vor Sanktionen. Mittlerweile wurden Putins Vermögenswerte in Europa eingefroren. Die «Graceful» ist unterdessen komplett von den Datenbanken von «VesselFinder» und Co. verschwunden.
Ein anderer Milliardär, der sich Sorgen um seine schwimmenden Luxusresidenzen machen muss, ist Roman Abramowitsch. Der Besitzer des Londoner Fussballclubs Chelsea geriet in den letzten Tagen zunehmend unter Druck. Einige britische Beamte forderten, dass Abramowitsch seine westlichen Vermögenswerte entzogen werden sollten. Am Samstag verkündete der Milliardär, Chelsea in Obhut der gemeinnützigen Stiftung des Vereins geben werde.
Abramowitsch ist eine von 35 Personen, die laut einer von dem russischen Oppositionsführer Alexej Nawalny erstellten Liste für Sanktionen infrage kommen. Wie andere Oligarchen hat er ein Vermögen aufgebaut, indem er die Kontrolle über riesige Rohstoffvorkommen erlangte, die vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Staatsbesitz waren.
Mittlerweile gehören Abramowitsch Luxusvillen rund um den Globus, sowie Yachten im Wert von mehr als einer Milliarde Dollar. Darunter auch die «Eclipse» und die «Solaris», die beide je 600 Millionen Dollar wert sind. Die «Solaris» wurde letztes Jahr gebaut und kann Berichten zufolge 36 Gäste in ihren 18 luxuriösen Kabinen sowie 60 Besatzungsmitglieder beherbergen. Es gibt einen Fitnessraum, einen Swimmingpool, eine Sauna, einen Schönheitssalon und einen Whirlpool. Sie soll mit modernster Sicherheitstechnik ausgestattet sein, darunter ein radargesteuertes Raketenerkennungssystem, kugelsichere Fenster und Panzerschutz.
Russische Mega-Yachten wie diese gibt es dutzende. Auf Twitter gibt es mittlerweile lange Listen, wo die jeweiligen Schiffe stehen. watson hat sie in einer Karte zusammengetragen. Sie sind auf der ganzen Welt verteilt – oft auch an Orten wie Dubai, wo keine Sanktionen gelten.
Was genau die jeweiligen Staaten mit den Yachten anstellen würden, ist fraglich. Die Sanktions-Expertin Stacy Keen sagte gegenüber dem «Guardian»: «Die Funktionsweise von Sanktionen besteht darin, dass Vermögenswerte nicht beschlagnahmt, sondern eingefroren werden und die betreffenden Personen sie nicht zur Erwirtschaftung von Geldern verwenden können.»
Heisst also, dass Unternehmen keine Dienstleistungen mehr für die Nutzung der Yacht erbringen dürfen – vom Treibstoff bis zur Crew. Die Yacht wäre dann praktisch nicht mehr funktionsfähig. Den Oligarchen würde also ihr ausschweifender Lebensstil erschwert.
Es dürfte jedoch nicht einfach werden, an die jeweiligen Vermögenswerte zu kommen, da sie meistens offiziell nicht den reichen Russen selbst, sondern irgendeiner Briefkastenfirma gehören. So fahren beispielsweise alle Yachten auf der obigen Liste unter der Flagge von karibischen Steuerparadiesen.
Auch inwiefern Sanktionen gegenüber Einzelpersonen, die nichts direkt mit dem Krieg zu tun haben, die Lage in der Ukraine beeinflussen können, ist umstritten. Der amerikanische Anwalt Jamison Firestone sieht darin nichtsdestotrotz eine wirkungsvolle Massnahme. Gegenüber der «Washington Post» erklärte er:
Dann haben wenigstens ihre eigenen Landsleute ihre Spielzeuge versenkt.
Viele kleine Puzzleteilchen können Großes bewirken...