Eva, die einzige Schweizerin im Donbass, berichtet in ihrem Tagebuch über den Krieg vor der Haustür und die Ängste ihrer Töchter:
«Es ist 02:38 Uhr, ich bin gerade aufgewacht. Das Adrenalin ist stärker als meine Erschöpfung. Es ist schwer, mein Gehirn auszuschalten. Zu viele Fragen treiben mich um. Steht Kiew noch? Ich weiss es nicht. Was ist mit all den Menschen in den Städten, die noch stärker unter Beschuss sind als wir? Ich weiss es nicht.
Neben mir liegt die kleine Tochter meiner Freundin, die ohne Umarmung nicht schlafen kann. Sie hat gestern lange geweint und gefragt: «Werden die Männer kommen und uns erschiessen?» Ich habe mit den Kindern gebetet und ihnen gesagt, dass die Schutzengel für uns da sein werden.
Meine Teenie-Girls haben den ganzen Tag als Babysitter ausgeholfen und sich Spiele ausgedacht, um die fünf Jüngsten abzulenken. Wir haben uns heute mit den Kindern kurz aus dem Haus gewagt, um die ersten Blumen im Garten zu bestaunen.
Wir haben auf Nebenstrassen ganz vorsichtig einen Spaziergang gemacht. Wenn man auf andere Familien trifft, gibt es nur ein Thema: Was wisst ihr über die Situation? Was habt ihr gehört? Wo ist es sicher?
Vor der Rückkehr in den Keller haben wir alle Pet-Flaschen mit gefiltertem Wasser gefüllt. Und wir haben einen ganzen Kinderwagen voller Gebrauchsgegenstände mitgenommen. Kinderwagen sind etwas Praktisches - auch im Krieg!
Bedrückend sind für uns all die Meldungen über die Zustände in den Schutzkellern anderer Familien. Viele sind ungeheizt , dreckig und feucht. Das Risiko, dass Kinder und alte Menschen krank werden, ist gross. Eine Bekannte ist mit ihren Kindern aus der umkämpften Stadt Charkiw in die Aussenquartier geflohen und findet dort gar keinen Schutzkeller.
Die Solidarität unter den Menschen ist aber riesig, im ganzen Land. Wir selber konnten Freunden finanziell helfen, die in der Nähe von Kiew ein Heim für schwerbehinderte Kinder führen. Diese Kinder zu evakuieren, ist extrem schwierig. Zudem haben wir Benzin kaufen können für einige Helfer, die die Leute aus den umkämpften Gebieten wegbringen.
Am Abend gilt ein Ausgangsverbot - und alle müssen das Licht ausschalten, um niemandem ein einfaches Ziel zu geben. Uns steht eine weitere Nacht im Keller bevor. Wir haben alle bereits Kopfschmerzen, weil die kleinen Kinder logischerweise die ganze Zeit so laut sind. Aber Ruhe und Privatsphäre, das sind Luxusgüter, die wir momentan leider nicht zur Verfügung haben. Ich wollte zwar heute noch Oropax kaufen, aber die sind - wie fast alles andere hier in der Stadt - längst ausverkauft. In vielen Dörfern der Gegend gibt es in den Geschäften nur noch Alkohol zu kaufen.
Wir wissen, dass viele Menschen an der Front mit ihrem Leben dafür bezahlt haben, damit wir hier eine weitere Nacht in Frieden schlafen können. Aber was ist mit der nächsten Nacht? Wird sie friedlich bleiben? Darauf hat niemand eine Antwort. Wir wissen, dass wir hier am sichersten sind. Wir können nirgendwo sonst hin. Denn draussen tobt der Krieg.»
Erschwerend kommt dazu, dass Putin ein unglaublicher Feigling ist, und sich vermutlich nicht mehr in Moskau aufhält. Zu gross ist die Angst, dass irgendjemand auf seine Provokationen antwortet, und ihm eine Rakete schickt, was eigentlich die einzig vernünftige Antwort auf sein unglaubliches Gebaren wäre.