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Josef Rödl ist ein Mann mit Visionen. Der bayrische Rentner befasst sich mit den drängenden Fragen unserer Zeit – zum Beispiel, was unter «natürlicher Sexualität» zu verstehen ist. Er kennt den dritten Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus – nämlich den «Gerechtismus». Und er plädiert für die «Wiedertrennung» Deutschlands, wie seiner Website zu entnehmen ist.
Das alles würde uns vermutlich nicht so sehr interessieren. Doch Rödl hat einen genialen Plan, der auch unser Land betrifft: Aus Bayern, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein will er die «Republik Alpen» schmieden – einen ultrakatholischen Superstaat mit über 40 Millionen Einwohnern.
Die Zahl der Kantone in der Schweiz reduziert er nebenbei – ohne uns zu fragen! – von 26 auf 7: Neben die bereits existierenden Stände Bern, Wallis, Tessin und Graubünden stellt Rödl die neuen Kantone Waadt-Freiburg, Luzern-Aargau und Zürich-St. Gallen, dem er grosszügig noch Liechtenstein zuschlägt.
Dem «bayrischen Menschen», wie Rödl sich selbst apostrophiert, ist vermutlich nicht zur Gänze klar, dass seine «Republik Alpen» im Welschland eher gemischte Reaktionen auslösen würde. Die Romands dürften sich jedenfalls dafür bedanken, dass sie in dem neuen Staatsgebilde zu einer kleinen Minderheit am südwestlichen Rand herabsänken.
Nicht genug damit: Während Deutschland nördlich der Mainlinie sicherlich aufatmen würde, wenn die eigensinnigen Bayern und die geizigen Schwaben aus der Bundesrepublik schieden, hätte man in Italien vermutlich wenig Freude an Rödls eigenwilliger Grenzziehung. Das Südtirol schlägt der Rentner aus Dingolfing nämlich samt dessen italienischen und ladinischen Teilen kurzerhand seinem Alpenstaat zu.
Der Protest aus Rom dürfte freilich noch etwas entschiedener ausfallen, wenn man dort Wind von Rödls Plänen für die Erweiterung seines Alpenstaates bekäme: In einer ersten Stufe könnte die «Republik Alpen» nämlich um einige nördliche Regionen Italiens erweitert werden – was «der Mehrheit der norditalienischen Bevölkerung entgegenkommen» würde, wie Rödl meint, da «es dort schon seit Jahrzehnten Abspaltungsbestrebungen von Italien» gebe.
Diese Expansion nach Süden hätte einige unschätzbare Vorteile: «Dadurch hätten wir mit den zwei Hafenstädten Genua und Venedig auch einen Zugang zum Mittelmeer», jubelt Rödl. Und obendrein würden dann «die Opernhäuser La Fenice (Venedig) und die Mailänder Scala zu uns gehören!»
Natürlich müsste man in diesem Staat Italienisch als zweite Landessprache einführen – die Romands vergisst Rödl schon wieder – was den Vorteil hätte, dass «der deutschsprachige Landesteil dann auch den Papst besser verstehen» würde. Sicuramente!
Warum aber sich mit Norditalien begnügen? In einem zweiten Erweiterungsschritt könnte gleich ganz Italien zur «Republik Alpen» geschlagen werden. Die müsste man dann jedoch umbenennen, zum Beispiel in «Neue römische Republik». Als Hauptstadt, so räsoniert Rödl, käme dann nur Rom in Frage. Ein wenig widersprüchlich wirkt freilich, dass die repräsentativen Aufgaben in seiner Republik von einem König wahrgenommen werden sollen.
Ein weiterer gewichtiger Vorteil der Expansion nach Süden: Die Tage der süditalienischen Mafia wären gezählt, denn die würde man mit «unserer bayerischen Erfahrung und Gründlichkeit schon in den Griff bekommen», glaubt Rödl.
Nicht nur Mafiosi müssten in Rödls Katholikenstaat hartes Brot essen. Nehmen wir die Protestanten: Für sie wäre es vermutlich ein Grund zum Auswandern, dass der Bayer die evangelische und katholische Kirche vereinigen will. Das neue Konstrukt hiesse ein wenig unausgewogen «katholische Kirche» – und könnte jedes Gesetz in Rödls Staat per Veto verhindern.
Oder die Homosexuellen: Für Rödl, der unter «natürlicher Sexualität des Menschen» ausschliesslich den «Geschlechtsverkehr zwischen Mann und Frau» versteht, sind sie allesamt Sünder und Perverse: «Homosexualität zählt für mich zur perversen Sexualität». Immerhin sollen sie aber sicher vor strafrechtlicher Verfolgung sein: Homosexualität, betont Rödl, sei «kein Vergehen im bürgerlichen Sinn!»
Sehr wohl ein Vergehen im Rödlschen Staat wäre indes jedes Geschäft mit Sex. Prostitution: verboten! Swinger-Klubs: verboten! Striptease-Lokale: verboten! Pornographie: verboten! Hinzu käme eine «drastische Zensur der Boulevardpresse hinsichtlich Sensations-, Sex- und Paparazzi-Journalismus».
Überhaupt würde Rödl eine ganze Menge verbieten. Eine unvollständige Liste umfasst:
Wenig zu lachen hätten auch die Nutzer des Internets, also wir alle. Die Behörden der «Republik Alpen» müssten nicht nur Facebook, Twitter und Google streng überwachen und «schon bei stichprobenartigen Verfehlungen gegenüber christlichen Grundsätzen» komplett sperren, sie würden auf dem Staatsgebiet zur Not gleich das ganze Internet abschalten:
Nach all dem könnte man den pensionierten Wirtschaftsingenieur für einen ultramontanen Fanatiker halten, der sich nur mit Weihwasser wäscht. Doch Rödl ist nicht so eindimensional, wie ein erster Blick auf seine Website vermuten lässt. In seinem Herzen ist der wackere Bayer nämlich – ein Linker! Wäre da nur nicht dieser vermaledeite Atheismus, die «grösste Gefahr für die Menschheit»!
Ohne die Gottlosigkeit könnte die Welt ein Paradies sein, glaubt Rödl: Würden die Kommunisten «eines Tages ihren Atheismus abstreifen und sich zum Christentum bekennen», dann hielten auf der Welt endlich soziale Gerechtigkeit und Frieden Einzug. Da kann man nur sagen: Amen!