Die Zeiten der «Willkommenskultur» sind definitiv vorbei. Drei Jahre nach der Flüchtlingskrise weht den in Europa ankommenden Flüchtlingen ein eisiger Wind entgegen. Der Kurswechsel steht in Verbindung mit einem politischen Rechtsruck in vielen europäischen Ländern.
Mit diesem Verschieben der Parteienlandschaft hat sich bei der Diskussion um die europäische Flüchtlingspolitik der Ton verschärft. In Italien lässt der Innenminister und rechtsextreme Lega-Politiker Matteo Salvini die Schiffe von Seenotrettern nicht mehr in die Häfen einlaufen, in Deutschland will sein Amtskollege Horst Seehofer mehr Ausschaffungsgefängnisse bauen und der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz wirbt für eine Achse der Willigen zur Abdichtung der EU-Aussengrenzen. In dieselbe Kerbe schlägt auch Ungarns Regierungschef Viktor Orban, der in Salvini einen «Held und meinen Weggefährten» sieht.
Ein Blick auf die Statistiken zeigt nun: Diese Politik wirkt sich direkt auf die Situation auf dem Mittelmeer und auf die Migrationsbewegungen aus. Folgende 3 Grafiken verdeutlichen die wichtigsten Veränderungen seit Sommer 2018:
Um die Fluchtbewegungen über das Mittelmeer nach Italien einzudämmen, erhält die libysche Küstenwache von der EU sowie vom italienischen Staat Unterstützung. Internationale Hilfsorganisationen kritisieren dies scharf. Werden Flüchtlinge auf dem Meer von der libyschen Küstenwache aufgegriffen, werden sie zurück in die Lager gebracht, wo Augenzeugen zufolge menschenunwürdige Zustände herrschen sollen.
Gleichzeitig werden private Seenotretter seit Juni daran gehindert, mit ihren Schiffen aus den Häfen auszulaufen, von der Luft aus Suchflüge zu unternehmen oder Flüchtlinge nach Italien oder Malta ans Festland zu bringen.
Diese Entwicklungen haben zur Folge, dass sich die Migrationsbewegungen zunehmend weg von Libyen bewegen. Zwischen Januar bis Juli 2018 gelangten noch 18'500 Personen über das Mittelmeer nach Italien. Im Vergleich zum Vorjahr sind dies 81 Prozent weniger. Hingegen steigen die Zahlen in Spanien und Griechenland stark an. In Spanien kamen in den ersten sieben Monaten 27'600 Personen an, in Griechenland waren es 26'000.
Weil die libysche Küstenwache nunmehr der einzige grosse Player auf dem Mittelmeer ist, ist die Reise für Flüchtlinge gefährlicher geworden. Besonders deutlich machen dies die Zahlen des Monats Juni. Während gegen die privaten Seenotretter zunehmend repressiv vorgegangen wird, steigt die Zahl der Toten im Meer auf ein Vielfaches. 564 Tote werden Ende Monat in der Statistik erfasst.
Auch auf die Schweiz wirkt sich die restriktivere Flüchtlingspolitik Europas aus. Die Grenzwächter registrierten 2018 bislang weniger illegale Grenzübertritte als im Vorjahr. So versuchten zwischen Januar und Juli dieses Jahres 10'431 Personen unbemerkt in die Schweiz einzureisen. 40 Prozent weniger als von Januar bis Juli 2017.
Bei der Asylstatistik des Bundes zeigt sich ebenfalls eine Abnahme der eingereichten Gesuche. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres stellten 9194 Personen ein Asylgesuch. Das sind 15 Prozent weniger als in derselben Periode im Vorjahr.