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Viele Lungenentzündungen – die Schweiz verzeichnet Rekordzahlen

Viele Lungenentzündungen in China – auch die Schweiz verzeichnet Rekordzahlen

China kämpft derzeit mit ungewöhnlich vielen Lungenentzündungen – insbesondere bei Kindern. Auch in der Schweiz häufen sich die Fälle. Eine wissenschaftliche Studie erklärt, woran das liegen könnte.
23.11.2023, 15:1023.11.2023, 16:34
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Nach über drei Jahren Abwesenheit sind die Lungenentzündung verursachenden Mykoplasmen zurück. Das belegt die Studie eines internationalen Forschungsteams unter Schweizer Leitung, die am Donnerstag im Fachblatt «The Lancet Microbe» veröffentlicht wurde.

Lungenentzündung pneumonia
Die typischen Symptome einer Lungenentzündung sind starker Husten, Atemnot, hohes Fieber sowie Abgeschlagenheit.Bild: Shutterstock

China kämpft bereits mit einem gehäuften Auftreten von Lungenentzündungen. Die WHO hatte in der Nacht auf Donnerstag Informationen dazu gefordert. Die Nationale Gesundheitskommission Chinas führt die Zunahme solcher Erkrankungen im Land auf die Verbreitung der Erreger nach Aufhebung der Corona-Massnahmen zurück. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Mittwoch berichtete, verzeichnet vor allem die Grippe in Peking einen «steilen Aufwärtstrend». Auch Mykoplasmen-Infektionen seien in letzter Zeit vermehrt aufgetreten. Die Studie zum Wiederauftreten der Mykoplasmen wurde deshalb früher als ursprünglich geplant veröffentlicht.

«Auch in der Schweiz gibt es derzeit eine deutliche Zunahme», sagte Studienleiter Patrick Meyer Sauteur vom Kinderspital Zürich auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Wie sich die Infektionen hierzulande entwickeln, werde nun genau beobachtet.

Die Mykoplasmen sind zurück

Mykoplasmen (Mycoplasma pneumoniae) gehörten vor der Pandemie zu den häufigsten bakteriellen Erregern von Lungenentzündungen bei Kindern. Zudem können sie auch zu Erkrankungen der Haut und der Schleimhäute oder des Nervensystems führen. Mit den Corona-Massnahmen waren die Bakterien verschwunden und so lange weggeblieben, dass Forscher rätselten, ob sie überhaupt wiederkommen.

Mycoplasma bacteria isolated on black background, 3D illustration showing small polymorphic bacteria which cause pneumonia, genital and urinary infections
Eine 3D-Illustration von Mykoplasmen.Bild: http://www.imago-images.de/

«Aus Sicht der Wissenschaft war das absolut faszinierend», sagte Studienleiter Patrick Meyer Sauteur. Auch bei anderen Krankheitserregern führten die Massnahmen gegen Covid-19 zu einem Rückgang der Übertragungen. Mit Ausnahme der Mykoplasmen kehrten sie aber nach Aufhebung der Massnahmen fast alle wieder zurück.

Inzwischen haben auch die Infektionen mit Mykoplasmen das Niveau vor der Pandemie erreicht oder sogar übertroffen, wie das Forschungsteam unter der Leitung von Meyer Sauteur in der Studie nachweist. «Wir erleben gerade das lange erwartete Wiederauftreten von Mykoplasmen-Infektionen und verzeichnen bereits jetzt Rekordzahlen in der Schweiz», so der Arzt.

Infektionen verlaufen meist mild

In vielen Fällen verlaufen die Infektionen mit Mykoplasmen mild und heilen von selbst wieder, schwerere Infektionen werden in der Regel mit Antibiotika behandelt. «Dazu müssen sie aber erkannt werden», stellte Meyer Sauteur klar. Denn Penicillin-Antibiotika, die primär für bakterielle Lungenentzündungen empfohlen sind, wirken nicht gegen Mykoplasmen.

«Dadurch, dass das Bakterium so lange weg war, besteht die Möglichkeit, dass das Fachpersonal trotz entsprechender Symptome nicht mehr an Mykoplasmen denkt», sagte Meyer Sauteur. In den Schweizer Spitälern sei das Wiederauftreten der Mykoplasmen bislang aber sehr gut gehandhabt worden.

«Anstieg sehr eindrücklich»

Was bleibt, ist die Frage, wie sich die Infektionen weiter entwickeln. «Die Entwicklung jetzt im Herbst müssen wir genau im Auge behalten, der Anstieg an Infektionen in den letzten Monaten ist sehr eindrücklich», sagte Meyer Sauteur.

Zudem sei die Immunität in der Bevölkerung nach über drei Jahren Absenz geringer, was mehr und teilweise schwerere Infektionen zur Folge haben könnte. Bisher sei das aber nicht der Fall. (saw/sda)

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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Tokyo
23.11.2023 15:17registriert Juni 2021
also eigentlich sind diese Bakterien alte Bekannte lästige Käfer die immer da waren und nach den Corona-Massnahmen zurück kehren und Lungenentzündungen auslösen, die wenn nötig mit Antibiotika behandelt werden kann.
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Fklroo
23.11.2023 21:28registriert November 2019
Eine kurze Aufzählung dieser vom Fachpersonal oft übersehenen Symptome wäre sicher nicht das Dümmste gewesen.
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