Anders als bei der Weihnachts-«Arena», als das Schmücken eines Tannenbaums im Studio die von Dissonanzen geprägte Sendung zum Ende etwas auflockern sollte, war der Abschluss der Neutralitäts-«Arena» schon fast das Highlight der freitäglichen Polit-Zusammenkunft.
Vor Monatsfrist gaben sich SVP-Fischer und Grüne-Arslan die vollen 70 Sendeminuten verbal auf den Deckel, die Dekorationsaktion im Anschluss wirkte etwas versteift. In der aktuellen Ausgabe hat sich das «Arena»-Team etwas Erfrischenderes einfallen lassen.
Aufhänger war Musiker Elton John. Der 76-jährige Superstar gehört seit dieser Woche zum exklusiven Zirkel der «EGOT»-Preisträger, hat also jede der vier wichtigsten Entertainment-Auszeichnungen – Emmy, Grammy, Oscar und Tony – mindestens einmal abgestaubt.
Moderator Sandro Brotz nutzte diese Aktualität und entlockte seinen Gästen mit präzisen Fragen die eine oder andere unterhaltsame Musik-Anekdote. Doch dazu am Ende mehr. In der Neutralitäts-«Arena» debattierte folgendes Line-up:
Als Aufhänger der Sendung fungierte das Weltwirtschaftsforum (WEF), das diese Woche zum 54. Mal stattgefunden hat. Stargast in den Bündner Bergen war der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, sein Auftritt sorgte am Dienstag im Davoser Kongresssaal für Standing ovations.
In der Neutralitäts-«Arena» führte der Besuch Selenskyjs – speziell der sehr herzliche Empfang durch Bundesrat Ignazio Cassis – zu einer klassischen 3:1-Situation.
Seiler Graf, Candinas und Riniker waren sich im Grossen und Ganzen einig, dass sich die Schweiz mit der Ukraine zu Recht solidarisch zeigt und das Land trotz aller Neutralität auch weiterhin unterstützen soll. «Die Ukraine darf diesen Krieg nicht verlieren. Da muss man weiterdenken, was dies zu bedeuten hätte, sollte es wirklich passieren», sagte SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf.
Ziemlich anders sah es Walter Gartmann von der SVP. Der St.Galler Neo-Nationalrat – er nannte den Angriff Russlands auf die Ukraine mehrfach einen «Blödsinn» und die Kriegsparteien «Striit-Güggel» – bemängelte die helvetische Einseitigkeit.
«Ein Krieg, ein Streit, da braucht es mehr als einen, das sind zwei. Was wir nicht beurteilen können, ich möchte das auch nicht beurteilen: Wer hier mehr Schuld hat.» Gartmann goutiert den Angriffskrieg Russlands zwar nicht, liess sich aber auch nicht nehmen, die Nato-Osterweiterung als mögliches Argument zumindest kurz zu erwähnen.
Der SVP-Nationalrat ist grundsätzlich nicht einverstanden damit, wie die Schweiz vorgeht. Gartmann illustrierte seine Ansichten anhand eines Beispiels: «Frau Riniker, Sie haben auch Kinder. Wenn jetzt einer Streit anfängt, dann machen Sie ja auch nicht nur mit einem Kind Frieden. Sie müssen beide Parteien an den Tisch nehmen, dann gibt es Frieden.»
Mit seinem Vorschlag, auch Putin oder zumindest eine russische Vertretung einzuladen, ist Gartmann übrigens nicht alleine. Unter der Woche hat dies bereits Parteikollege Roland Rino Büchel vorgeschlagen.
FDP-Politikerin Riniker gab den Ball aber sogleich zurück: «Das ist absurd, auch ein vierfacher Familienvater sollte wissen, dass dies nicht vergleichbar ist. Es braucht Dialog, Verhandlungen und Zeit, von dem hat man am Familientisch vielleicht etwas mehr. Dieser Vergleich passt für mich überhaupt nicht, den muss man fest wegweisen, Tschuldigung.» Später in der Sendung bezeichnete die Aargauerin Gartmanns Ansichten auch als «blauäugig».
An dieser Grundkonstellation sollte sich in den verbleibenden Sendeminuten nichts mehr ändern, und so mäanderten sich die geladenen Politiker mehr oder weniger übersichtlich durch das Schweizerische Neutralitäts-Dickicht.
Dass es trotz der klaren Rollenverteilung – Putin als Aggressor, die Ukraine als angegriffener Staat – keinen Frieden geben dürfte, ohne dass Russland in Verhandlungen eingebunden wird, ist auch dem FDP-Mitte-SP-Trio bewusst.
Einen diesbezüglichen Dämpfer gab es allerdings von Sebastian Ramspeck, der bei SRF als internationaler Korrespondent tätig ist und die Situation im Studio einschätzte.
Sowohl die am Montag in Davos abgehaltene Friedenskonferenz als auch der mit Schweizer Unterstützung geplante Friedensgipfel basierten auf den Friedensansichten von Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj. «Russland hat eine ganz andere Vorstellung.»
Es bleibt also vorerst dabei: Verhandlungen mit Beteiligung von Russland und der Ukraine scheinen aktuell Wunschdenken. Nichtsdestotrotz müsse die Schweiz ihre Verantwortung aufrechterhalten. Mitte-Nationalrat Martin Candinas betonte die Wichtigkeit des von Bundespräsidentin Amherd angekündigten Friedensgipfels. Es handle sich dabei um eine «zentrale Aufgabe der Neutralität».
Candinas führte aus: «Neutralität heisst nicht Passivität und Gleichgültigkeit. Das heisst Einsatz für Stabilität auf der Welt, aber auch für Frieden.» Es sei wichtig, dass der Bundesrat nun Gespräche mit denjenigen Ländern führe, die sich in diesem Krieg nicht so klar positionierten, etwa China, Brasilien oder Indien. So habe man die Möglichkeit, den diplomatischen Druck etwas zu erhöhen, es sässen am Schluss alle an einem Tisch und man könne so nach Lösungen suchen.
Spannend wurde es, als die Parlamentarier im Studio feststellten, dass nicht gänzlich klar ist, was für eine Art von Neutralität die Schweiz überhaupt anwendet. Priska Seiler Graf sagte dazu: «Es würde es wahrscheinlich erleichtern, wenn wir uns auch etwas mehr einig wären, was es heisst, im 21. Jahrhundert neutral zu sein.» Gartmann von der SVP kritisierte seine Parlamentskollegen: «Einmal ist es die passive Neutralität, einmal die aktive. Für mich gibt es nur eins: Eine immerwährende, bewaffnete Neutralität.»
Als im weiteren Verlauf der Sendung dann auch noch der Krieg im Nahen Osten, die Schweizer Rüstungsindustrie und die Verhandlungen über ein Abkommen mit der EU zur Sprache kamen, verlor man als TV-Zuschauer etwas den Überblick.
Zeit also, den Rapport hier zu schliessen und zum Ausklang nochmals kurz Elton John und die angekündigten Musik-Anekdoten der Studiogäste aufzugreifen.
Maja Riniker hört den Sound des Briten, «um etwas herunterzufahren». Martin Candinas findet, Preise wie die von Elton John hätten auch mal rätoromanische Sänger verdient. Walter Gartmann spielt Tuba bei der Musikgesellschaft Konkordia Mels und liess für die «Arena» extra die Probe sausen. Priska Seiler Graf – früher grosser Madonna-Fan – hat immerhin über zwölf Jahre Querflöte gespielt.
Mit dieser Sichtweise, die absolut daneben ist, bewegt er sich auf dem niedrigsten Niveau – und er konnte sich ja sogar noch auf diesen TV-Auftritt vorbereiten...
Zudem: Wer als NR derart naiv ist und daran glaubt, dass Putin für Verhandlungen – mit CH-Hilfe – bereit wäre, sollte sich definitiv EINMAL mit den realen Tatsachen befassen.
Wer wählt solche Leute?
Es hat Putin übrigens niemand verboten in die Schweiz zu kommen. Nur wird er das nicht machen. Da die Schweiz verpflichtet wäre, ihn festzunehmen, da ein internationaler Haftbefehl vorliegt. Also bitte überlegen, was man fordert @svp.