Mit 3'340 Tagen regierte Silvio Berlusconi so lange wie kein anderer in der Geschichte der italienischen Republik. Es waren die grossen Zeiten des schillernden Lebemanns, als dieser – von seinen Wählern verehrt und im Ausland teils als unmöglich kritisiert – strahlend mit den wilden Bunga-Bunga-Partys in seiner Villa für Schlagzeilen sorgte. Ja, die Presse dominierte er nicht nur mit seinen politischen Erfolgen, sondern auch mit Skandalen.
Mehrmals musste sich der Cavaliere vor Gericht verantworten. Die Vorwürfe reichten von Bilanzfälschung und Amtsmissbrauch über Bestechung und Steuerhinterziehung bis hin zu Sex mit Minderjährigen. Das pikante Ruby-Verfahren um die Sexpartys in seiner Villa sorgte für das meiste Aufsehen und galt als einer der spektakulärsten Fälle. Italien wurde danach lange im Ausland verspottet, verhöhnt und als «Bunga-Bunga-Land» abgestempelt.
Im Zentrum der Affäre stand die damals 17-jährige Tänzerin Karima el-Mahroug, die sich selbst Ruby nannte und später von den Medien als «Ruby Rubacuori» (Ruby Herzensbrecherin) bezeichnet wurde. Mit ihr soll Berlusconi ab 2010 gegen Geld Sex gehabt haben. Die sogenannte «Ruby-Affäre» geriet erstmals in den Fokus der Öffentlichkeit, als Karima el-Mahroug im selben Jahr von der italienischen Polizei wegen Diebstahls festgenommen wurde.
Berlusconi, der damals Regierungschef war, rief daraufhin in der Polizeiwache an und behauptete, Karima el-Mahroug sei die Nichte des damaligen ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak und müsse deshalb freigelassen werden. Karima el-Mahroug hatte später in einem mitgeschnittenen Gespräch von regelmässigen Orgien in Berlusconis Villa berichtet. Später ruderte sie aber zurück und behauptete, sie habe sich alles nur ausgedacht.
Gerichte hatten erfolglos versucht, Berlusconi nachzuweisen, dass er von Karima el-Mahrougs Minderjährigkeit wusste und einer Reihe an Zeugen Schweigegeld in Millionenhöhe gezahlt hatte, damit diese die Vorfälle in Berlusconis Haus vertuschen. Er selbst habe behauptet, gedacht zu haben, dass Ruby 24 Jahre alt sei – und nicht erst 17. Aus Mangel an Beweisen wurde Berlusconi letztendlich freigesprochen.
Ruby war nicht die Einzige, die ihm den Kopf verdrehte. Eine angebliche Affäre mit der Schülerin Noemi Letizia hatte zuvor für Aufsehen gesorgt. Nach Berlusconis Besuch auf Noemi Letizias Party zum 18. Geburtstag hatte seine damalige Ehefrau Veronica Lario öffentlich gesagt, dass sich ihr Mann «mit Minderjährigen» treffe. Gerüchte um eine Affäre mit der Schülerin, die ihn «Papi» nannte, wies er zurück.
Seine Vorliebe für junge Frauen wurde dem 1.64 Meter grossen Berlusconi oft zum Verhängnis. «Ich bin immer noch ein Schwerenöter», sagte er mal von sich. Bereits vor der Ruby-Affäre schlug Berlusconi als Kandidatinnen der Regierungspartei für die Europawahl 2009 drei junge Schönheiten vor: eine ehemalige TV-Ansagerin, eine Fernsehschauspielerin und eine Sängerin. «Schamlose Luder im Dienst der Macht», beschimpfte Veronica Lario die Damen.
Seine Frau reichte 2009 die Scheidung ein. Lario und Berlusconi waren 30 Jahre ein Paar, davon 19 Jahre verheiratet. Vor Gericht machte Lario die Untreue ihres Mannes für das Scheitern der Ehe verantwortlich. 1.4 Millionen Euro musste er ihr pro Monat Unterhalt zahlen.
Zuletzt war der frühere Regierungschef mit der 53 Jahre jüngeren Marta Fascina liiert. Verheiratet war das Paar nicht, allerdings zelebrierten sie im vergangenen Jahr ihre Liebe mit einer «symbolische Hochzeit». Ein Jahr nach ihrer Feier ist Silvio Berlusconi nun gestorben. Er wurde 86 Jahre alt.
(dpa, t-online, rix)