Spaniens Justiz hat am Montag Anklage gegen den abgesetzten katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont und dessen Regierung eingeleitet. Chefankläger José Manuel Maza erklärte, die Regionalregierung hätte die Krise ausgelöst, die zur Unabhängigkeitserklärung Kataloniens führte.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragte beim Obersten Gericht gegen Puigdemont und dessen Regierung unter anderem Anklage wegen «Rebellion, Aufruhr, Unterschlagung und Amtsmissbrauch».
Sollten die Angeklagten wegen Auflehnung gegen die Staatsgewalt oder gar Rebellion verurteilt werden, sind bis zu 30 Jahre Haft möglich. Das Oberste Gericht muss in den kommenden Tagen über die Zulässigkeit der Anklage gegen Puigdemont entscheiden.
Über Puigdemont hiess es am Montag aus Madrid, er befinde sich in Brüssel. Am Abend gab es eine Bestätigung: Puigdemont sei nach Belgien ausgereist und habe dort am Montag mit einem Anwalt gesprochen, berichtete die belgische Nachrichtenagentur Belga am Abend unter Berufung auf den Juristen.
Die katalanische Zeitung «La Vanguardia» schrieb, Puigdemont werde von Mitgliedern seiner ebenfalls abgesetzten Regierung begleitet.
Spanish government officials confirm disputed Catalan leader Carles Puigdemont has travelled to Brussels
— Sky News Newsdesk (@SkyNewsBreak) October 30, 2017
Dem belgischen Sender VRT zufolge will er in Brüssel Anwälte und politische Vertreter treffen. Puigdemont hatte im Unabhängigkeitsstreit wiederholt die EU um Vermittlung gebeten. Diese hat sich jedoch eindeutig auf die Seite der spanischen Regierung gestellt.
Der in Spanien wegen Rebellion angeklagte katalanische Ex-Regierungschef Carles Puigdemont ist nach Belgien ausgereist. Er habe dort am Montag mit einem Anwalt gesprochen, berichtete die belgische Nachrichtenagentur Belga am Abend unter Berufung auf den Juristen.
@KRLS huyendo a #Belgica #Puigdemont a la carrera pic.twitter.com/ImtCq1baGs
— Rafael Gavira 💪 (@RafaelGavira) 30. Oktober 2017
Die Regierung von Spaniens konservativem Premierminister Mariano Rajoy hatte die Regionalregierung am Samstag offiziell abgesetzt, nachdem am Freitag das Regionalparlament kurz vor Inkrafttreten der Madrider Zwangsmassnahmen einen Unabhängigkeitsbeschluss verabschiedet hatte. Insgesamt mussten 150 Regierungsmitarbeiter gehen.
Spaniens Vizeregierungschefin Soraya Sáenz de Santamaría übernimmt vorübergehend die Kontrolle über die Verwaltung in Katalonien. Diese Zwangsverwaltung soll mindestens bis zu den Neuwahlen laufen. Diese hat die spanischen Regierung für den 21. Dezember angesetzt.
Der erste Arbeitstag ist ohne öffentliche Proteste und Aktionen des zivilen Ungehorsams verlaufen. Die meisten Staatsbediensteten erschienen am Morgen wie üblich zur Arbeit. «Wir Staatsangestellten wollen, dass alles normal ist», sagte ein Bediensteter. «Das Alltagsgeschäft muss weitergehen.»
Mindestens eines der Mitglieder der katalanischen Regionalregierung erschien am Montag in seinem Büro. Der Minister Josep Rull belegte das im Kurzbotschaftendienst Twitter mit einem Foto und einem Text, wonach er damit das in ihn gesetzte Vertrauen der Katalanen erfülle. Später verliess er das Büro wieder, um an einer Parteiversammlung teilzunehmen.
Die katalanische Polizei Mossos d'Esquadra erhielt den Auftrag aus Madrid, den Mitgliedern der abgesetzten Regionalregierung den Zugang zu deren Büros zu erlauben, um ihre persönlichen Sachen zusammenzupacken. Sollten sich die Minister weigern, ihre Büros wieder zu verlassen, sollen die Polizisten ein Protokoll aufnehmen und dieses an die Justiz weiterleiten.
Eine Sprecherin der Puigdemont-Partei gab bekannt, dass diese sich an den Wahlen beteiligen wolle. Ihr sei sehr daran gelegen, dass die Katalanen ihren Willen zum Ausdruck bringen könnten, sagte Marta Pascal von der liberalen Katalanischen Europäischen Demokratischen Partei (Partit Demòcrata Europeu Català, PDeCAT). Auch die proseparatistische Partei ERC kündigte an, sich an der Wahl beteiligen zu wollen.
Zudem forderten die liberale Bürgerpartei Ciudadanos in Katalonien, die Sozialdemokraten (PSC) und Rajoys Volkspartei (PP) ihre Wähler auf, sich bei der Wahl zu beteiligen. Die drei Parteien hatten sich am Sonntag in Barcelona an einer Demonstration für Spaniens Einheit mit hunderttausenden Teilnehmern beteiligt. (sda/afp/reu/dpa)