Mindestens 34 Soldaten der KFOR (Kosovo Force), die im Kosovo im Auftrag der Vereinten Nationen den Frieden sichern soll, wurden in der Ortschaft Zvecan im Norden Kosovos bei Zusammenstössen mit gewaltbereiten serbischen Protestierenden verletzt. Laut Berichten handelt es sich um 20 ungarische Soldaten und um 14 italienische, wie es aus Regierungskreisen aus den beiden Ländern hiess.
Einige der Soldaten haben Berichten zufolge schwere Verletzungen wie Knochenbrüche und Verbrennungen erlitten, sie sind jedoch nicht in Lebensgefahr. Auch auf Seite der Serben kam es zu Verletzten. Laut dem Krankenhaus der naheliegenden Stadt Mitrovica wurden mindestens 52 Demonstrierende mit Verletzungen eingeliefert.
Am Dienstag haben sich erneut Serben im Norden des Kosovos zu Protesten versammelt.
Demonstranten fanden sich vor den Gemeindeämtern in Zvecan, Leposavic und Zubin Potok ein, die von der NATO-geführten KFOR gesichert werden, berichtete das kosovarische Nachrichtenportal koha.net unter Berufung auf eigene Reporter vor Ort.
Zu den Zusammenstössen kam es, weil in drei Ortschaften im Norden Kosovos neue Bürgermeister eingesetzt werden sollten. Die militanten Serben protestierten dagegen: Sämtliche neuen Bürgermeister sind Albaner, die im vergangenen April gewählt wurden – die serbische Mehrheit der Bevölkerung im Norden Kosovos hatte die Wahlen boykottiert. Die Regierung Kosovos in Pristina hielt trotz einer Wahlbeteiligung von 3,5 Prozent an den Ergebnissen fest, weshalb die Neugewählten nun ihre Posten antreten sollten. Ein Schritt, der auch von den westlichen Verbündeten des Kosovos kritisch gesehen wurde.
Da es bereits im Vorfeld Proteste gegen die Inaugurationen gab, wurden die Bürgermeister von den KFOR-Soldaten eskortiert, welche auch die Rathäuser anschliessend beschützten.
In der Stadt Zvecan kam es dann zur Eskalation, als rund 300 KFOR-Soldaten einer grossen Gruppe gewaltbereiter serbischer Demonstranten gegenüberstanden. Diese feuerten Tränengas und Blendgranaten auf die NATO-Einheiten, welche deshalb die Versammlung aufzulösen versuchten. Die serbischen Demonstranten attackierten auch NATO-Fahrzeuge und sprühten unter anderem das russische Kriegssymbol «Z» auf diese.
Auch in den beiden Gemeinden Leposavic und Zubin Potok sicherten die KFOR-Truppen die Rathäuser bei den Amtseinführungen der jeweiligen Bürgermeister, auch dort gab es serbische Proteste.
Die NATO verurteilte die Angriffe auf die KFOR-Truppen scharf. «Solche Angriffe sind völlig inakzeptabel. Die Gewalt muss sofort aufhören. Wir rufen alle Seiten auf, von Handlungen Abstand zu nehmen, die die Spannungen weiter anheizen, und in einen Dialog einzutreten», hiess es von einer Sprecherin der Militärallianz. Die KFOR werde alle erforderlichen Massnahmen ergreifen, um ein sicheres Umfeld aufrechtzuerhalten.
Auch Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, deren Soldaten zu den direkt Betroffenen gehörten, verurteilte den Angriff. «Was hier geschieht, ist absolut inakzeptabel und unverantwortlich. Wir werden keine weiteren Angriffe auf die KFOR dulden», sagte sie am Montagabend laut einer Mitteilung.
Der serbische Präsident Aleksander Vucic rief die serbische Bevölkerung im Nord-Kosovo auf, Zusammenstösse mit NATO-Soldaten zu vermeiden. Gleichzeitig kritisierte er den kosovarischen Ministerpräsidenten Albin Kurti scharf. Dieser sei darauf aus, Spannungen im Gebiet zu erzeugen. Vucic versetzte zudem die serbische Armee in höchste Alarmbereitschaft.
Den gleichen Vorwurf richtete jedoch auch die albanische Seite an Vucic. Die kosovarische Präsidentin Vjosa Osmani schrieb auf Twitter:
Serb illegal structures turned into criminal gangs have attacked Kosovo police, KFOR officers & journalists.
— Vjosa Osmani (@VjosaOsmaniPRKS) May 29, 2023
These unacceptable acts of violence should be condemned by all. Those who carry out Vucic's orders to destabilise the north of Kosovo, must face justice.
Der serbischen Regierung wird seit geraumer Zeit vorgeworfen, auch wenn sie sich öffentlich gelegentlich beschwichtigend äussert, den Konflikt im Norden des Kosovos anzuheizen. Serbische Nationalisten sehen den Kosovo nach wie vor als serbisches Gebiet und akzeptieren dessen Unabhängigkeit deshalb nicht.
Auch Serbiens Tennis-Superstar Novak Djokovic offenbarte in der Vergangenheit gewisse nationalistische Tendenzen bezüglich der Situation rund um den Kosovo. Und an den aktuell stattfindenden French Open in Paris sorgte er nun anlässlich der Vorfälle auf dem Balkan erneut für Aufsehen: Nach dem Erstrundensieg gegen den US-Amerikaner Aleksandar Kovacevic, der ebenfalls Wurzeln auf dem Balkan, in Bosnien, hat, gab Djokovic eine politische Botschaft ab.
Bei der üblichen Unterschrift des Siegers auf der Kamera nach Tennismatches bei Grand Slams fügte er an:
Novak Djokovic wrote “Kosovo is the heart of Serbia. Stop the violence” after his win today at Roland Garros pic.twitter.com/75fSplaVZZ
— The Tennis Letter (@TheTennisLetter) May 29, 2023
Während er von seinen serbischen Landsleuten für die Botschaft gefeiert wird, sehen Kritiker ein klares nationalistisches Bekenntnis pro Serbien, immerhin versehen mit einem Friedensaufruf, in der Aktion.
Djokovic selbst stritt den politischen Hintergrund der Botschaft später auf der Pressekonferenz ab.
Und weiter:
Er fühle sich allerdings als öffentliche Person verantwortlich, Unterstützung zu leisten. Djokovic ist nahe der Grenze zum Kosovo aufgewachsen, zudem ist sein Vater im Kosovo geboren.
Auch wenn Djokovic den politischen Inhalt der Botschaft dementiert, ist dieser kaum zu bestreiten. Heikel ist die Aktion deshalb auch in sportlicher Hinsicht: An den French Open sind politische oder religiöse Botschaften nicht erlaubt, eine Strafe ist grundsätzlich möglich. Die Turnier-Verantwortlichen haben sich noch nicht zu Djokovic' Aktion geäussert.
Zwischen dem Kosovo und Serbien brodelt es seit langem. Kosovo erklärte sich 2008 für unabhängig und wird mehrheitlich von Albanern bewohnt – ausser im Norden, wo ethnische Serben in der Mehrheit sind. Besonders dort gibt es deshalb massives Konfliktpotenzial. Serbien erkennt nämlich die Eigenstaatlichkeit seiner einstigen Provinz Kosovo nicht an und verlangt die Rückgabe.
Belgrad hatte 1999 im Kosovokrieg auf einen bewaffneten Aufstand der Kosovo-Albaner mit Vertreibungen und Massentötungen von Zivilisten reagiert. Die NATO griff daraufhin ein, bombardierte zahlreiche Ziele auf serbischem Gebiet und erzwang einen Abzug der serbischen Sicherheitskräfte aus dem Kosovo. Ein UN-Sicherheitsratsbeschluss aus demselben Jahr beauftragte die KFOR damit, die Sicherheit im Kosovo zu gewährleisten.
Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und DPA.
Djokovic, wie er leibt und lebt. Macht stets das Falsche. Sagt stets das Falsche. Er feuert den Konflikt geradezu an.
Was für ein verlogener Heuchler. 🤮