Die SBB verzichten auf geplante Nachtzüge. Verbindungen nach Rom und Barcelona sollen stattdessen mit schnellen Zügen tagsüber bedient werden. Die ÖBB kürzt gleichzeitig die Bestellung für neue Nightjet-Kompositionen. Und während die Zahl der internationalen Reisenden mit dem Zug aus der Schweiz in den vergangenen Jahren stark stieg auf 11,6 Millionen pro Jahr, verharrt jene der Nachtzug-Passagiere bei etwa 600'000. Der Bericht von CH Media zur Nachtzug-Krise hat viele Reaktionen und Fragen ausgelöst. Wir beantworten die wichtigsten.
Die kurze Antwort: Sie sind es nicht. Im Jahresdurchschnitt erreichen die Nachtzüge in und aus der Schweiz laut den SBB eine Auslastung von rund 70 Prozent. In den Ferienzeiten und rund um die Feiertage sind sie oft ausgebucht, dafür gibt es in schwächeren Monaten auch Tage, an denen die Mehrheit der Plätze frei bleibt. Im normalen Fernverkehr ist die Auslastung mit knapp 30 Prozent zwar viel tiefer, doch die Kosten pro Sitz sind geringer und es werden mehr Tickets für Teilstrecken verkauft.
Rollmaterial für Nachtzüge ist knapp. Es gibt nicht genügend Wagen, um in den wichtigsten Reisezeiten alle Nachtzüge zu verlängern. Das wäre auch nicht wirtschaftlich, denn diese Wagen würden den Rest des Jahres unbenutzt herumstehen. Mit dem relativ knappen Platzangebot entgeht den Bahnen in den wichtigen Reisezeiten zwar theoretisch ein Gewinn, weil sie mehr Plätze verkaufen könnten, doch dank dynamischer Preise können sie dem entgegenwirken.
Dank 24 neuer Nachtzug-Kompositionen, welche die ÖBB für ihre Nightjet-Züge bei Siemens bestellt hat, dürfte sich die Rollmaterial-Situation entspannen. Bereits ab Dezember 2025 sollen die neuen Nightjets laut den SBB auf der Linie Zürich–Hamburg eingesetzt werden, im Lauf des Jahres 2026 folgen die Linien Zürich–Wien und Zürich–Amsterdam. Damit wird auch der neue Nachtzug von Basel via Kopenhagen nach Malmö ermöglicht, für den auf das Rollmaterial des bisherigen Nachtzugs nach Amsterdam zurückgegriffen wird.
Im Vergleich zu Flugreisen, aber auch zu Reisen mit Zügen tagsüber, kann die Reise mit einem Nachtzug ein Vielfaches kosten. Das hat mehrere Gründe. Ein Nachtzug transportiert in der Regel nur etwa 250 Passagiere, weil die Liegen und Betten Platz brauchen, während es bei einem Tageszug 1000 oder mehr sein können. Auf Zügen tagsüber können zudem mehr Billette für Teilstrecken verkauft werden, der einzelne Sitz bringt also höhere Erlöse.
Nachtzüge brauchen mehr Personal für die Bewirtung, mehr Wasser, verursachen einen höheren Aufwand für die Reinigung und für Rangiermanöver. Zudem sind sie nur einmal pro Tag auf einer Strecke unterwegs. Flugzeuge können auf Strecken innerhalb von Europa gut und gerne fünf Rotationen pro Tag fliegen. Bei einem Flugzeug des Typs Airbus A320 in der Konfiguration von Easyjet können so beispielsweise pro Tag bis zu 1800 Sitzplätze verkauft werden.
Fluggesellschaften haben einen Vorteil: Kerosin ist auf internationalen Flügen steuerbefreit. Dies geht zurück auf das Chicagoer Abkommen von 1944, das zum Zweck hatte, die Luftfahrt zu fördern. Die Steuerbefreiung ist auch in allen bilateralen Luftverkehrsabkommen festgehalten, die die Schweiz mit anderen Staaten abgeschlossen hat.
Aus Klimaschutzgründen steht die Steuerbefreiung schräg in der Landschaft. Fliegen stösst pro Kopf deutlich mehr Treibhausgase aus als das Reisen mit dem Zug. Der Bund schlug deshalb im Rahmen der Revision des CO-Gesetzes eine Flugticketabgabe vor, die für Kurzstreckenflüge 30 Franken pro Flug und für längere Strecken bis zu 120 Franken betragen hätte. Im Juni 2021 lehnte die Stimmbevölkerung das Gesetz allerdings ab. In der neuen Fassung kommt eine Flugticketabgabe nicht mehr vor.
Wie hoch eine solche Abgabe sein müsste, ist schwierig zu sagen. Die CO-Abgabe, die der Bund auf Heizöl, Erdgas und andere fossile Brennstoffe erhebt, beträgt derzeit 120 Franken pro Tonne CO.
Würden diese Preise für Flugreisen angewendet, wäre der Preisunterschied zum Nachtzug aber noch immer gross. Ein Flug von Zürich nach Berlin in einem A320 stösst laut Myclimate etwa 190 Kilogramm CO pro Person aus und würde sich damit mit dem Schweizer CO-Preis um 23 Franken verteuern.
Eine Reise von Zürich nach Berlin am 16. September mit der Airline Easyjet würde somit 64 Franken statt 41 Franken kosten (nur Handgepäck) respektive 114 Franken (mit Koffer). Dieselbe Reise im Schlafwagen kostet hingegen selbst mit Halbtax mindestens 157 Franken.
Allerdings: CO-Abgaben und -Zertifikate haben zum Ziel, Firmen und Private dazu zu bringen, auf klimafreundlichere Alternativen umzusteigen. Sie berücksichtigen die Interessen der Wirtschaft. Es handelt sich nicht um den Preis, mit dem sich Klimaschäden beheben liessen. Werden Treibhausgase ausgestossen, ist der Schaden angerichtet – unabhängig von den Abgaben.
Tickets für Nachtzüge können bei allen beteiligten Bahnen gekauft werden, etwa bei den SBB, der ÖBB oder der Deutschen Bahn. Der Vergleich der verschiedenen Internetportale lohnt sich, da die Preise – zum Teil umrechnungsbedingt – nicht immer genau gleich sind.
Eine Übersicht über die günstigsten Nachtzug-Tickets und die Verfügbarkeit von Plätzen bietet die privat betriebene Plattform nightride.com. Diese Seite ruft die Preise aktuell bei den verschiedenen Anbietern ab. Viele Nachtbusse sind ebenfalls integriert. Zur Buchung wird jeweils auf die günstigste Plattform verwiesen. Das Portal thetrainline.com sucht ebenfalls nach den günstigsten Angeboten. Dort können Tickets gleich gebucht werden. Allerdings sind sie etwas teurer, weil das Portal eine Provision von in der Regel wenigen Franken pro Buchung erhält.
Je nach Anzahl der Mitreisenden und Strecken kann sich ein Interrail-Abo lohnen. Für Nachtzüge wird in den meisten Fällen eine zusätzliche Reservierungsgebühr fällig – ausser man fährt im Sitzwagen mit.
Zurzeit werden folgende Nachtzüge unter dem Label Nightjet angeboten:
Unter dem Namen Euronight verkehren weitere Nachtzüge, nämlich:
Dabei handelt es sich nicht in jedem Fall um eigenständige Nachtzüge, sondern zum Teil um einzelne Wagen oder Wagengruppen, die an Bahnhöfen im Ausland an andere Nachtzüge angehängt werden. (aargauerzeitung.ch)
Alleridngs hört man leider auch immer wieder Geschichten, dass Schlafwagen nicht angehängt wurden und man deshalb im Sitzwagen Platz nehmen musste. Da würde ich allerdings lieber 1 - 2 Stunden fliegen als 10 Stunden im Sitzwagen...
Wie gesagt, bei uns hat alles geklappt. Aber solange man solche Gecshichte hört, sind Hemmungen da
Die Bahn braucht (je nach Strecke) hunderte KM Gleis, Bahnhöfe, Rollmaterial, Stromleitungen, etc. etc. Personal ist da noch nicht drin.
Ein Flugzeug kostet in der Anschaffung vielleicht mehr, braucht aber ansonsten "nur" 2 Flughäfen mit etwas Asphalt zum landen und Kerosin (auch hier, das Bodenpersonal und Crew nicht berücksichtigt).
Sprich, die Bahn hat irgendwie viel höhere Fixkosten.