Mesut Özil tritt aus der deutschen Nationalmannschaft zurück. Der 29-Jährige, der bei Arsenal Teamkollege von Granit Xhaka und Neuzugang Stephan Lichtsteiner ist, zog die Konsequenzen aus der öffentlichen Kritik und den Attacken wegen seiner Fotos mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Zuvor hatte der Weltmeister von 2014 den Deutschen Fussball-Bund (DFB) und vor allem dessen Präsidenten Reinhard Grindel, deutsche Medien und Sponsoren für ihren Umgang mit ihm kritisiert.
Wenige Stunden vor seinem Rücktritt hatte der Mittelfeldspieler ebenfalls via Twitter erstmals in der Öffentlichkeit Stellung zu seinem umstrittenes Foto mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan genommen. Er würde das Foto wieder machen, schrieb Özil in einem Statement auf Englisch. Demnach entstand es «aus Respekt vor dem höchsten Amt des Landes meiner Familie.»
Die umstrittenen Bilder zeigten Özil und seinen DFB-Teamkollegen Ilkay Gündogan wenige Wochen vor der WM bei einem Treffen mit Erdogan in London. Özil verwies in seiner Erklärung auf seine türkischen Wurzeln. Sich nicht mit Erdogan zu treffen, hätte bedeutet, diese Wurzeln nicht zu respektieren - unabhängig davon, wer Präsident sei. Im Gespräch mit Erdogan sei es um Fussball gegangen, nicht um Politik.
Er habe zwei Herzen, ein deutsches und ein türkisches, schreibt Özil. «Meine Mutter hatte mich in meiner Kindheit gelehrt, immer respektvoll zu sein und niemals zu vergessen, woher ich komme. Das sind Werte, über die ich noch heute nachdenke.»
The past couple of weeks have given me time to reflect, and time to think over the events of the last few months. Consequently, I want to share my thoughts and feelings about what has happened. pic.twitter.com/WpWrlHxx74
— Mesut Özil (@MesutOzil1088) 22. Juli 2018
Er verstehe, dass es schwierig sein kann, seine Sicht zu verstehen, da in den meisten Kulturen politische Führungsämter nicht von den Personen getrennt betrachtet werden könnten. Aber in diesem Fall sei das anders.
In einem zweiten Teil kritisierte Özil die deutschen Medien sowie den den Fussballverband DFB heftig. Gewisse deutsche Zeitungen nutzten seinen Hintergrund und das Foto mit Präsident Erdogan für politische Zwecke und als Rechtsaussen-Propaganda. «Sie kritisierten nicht meine Leistungen, sie kritisierten nicht die Performance der Mannschaft, sie kritisierten nur meine türkischen Wurzeln und meinen Respekt vor meiner Erziehung.» Damit hätten die Medien eine Linie überschritten, die sie nie hätten überschreiten dürfen: «Die Zeitungen haben versucht, die Nation Deutschland gegen mich aufzubringen.»
Özil bemängelt weiter die Doppelstandards, die bei Treffen mit Politikern vorherrschten. So sei Lothar Matthäus weit weniger stark kritisiert worden nach seinem Besuch beim russischen Präsidenten Wladimir Putin, obwohl er als Ehrenkapitän des DFB auch eine offizielle Position inne gehabt habe.
II / III pic.twitter.com/Jwqv76jkmd
— Mesut Özil (@MesutOzil1088) 22. Juli 2018
Dass der DFB Özil kurzfristig aus einer Werbekampagne mit einem Sponsor entfernt und Özil wegen des Fotos zur Rede gestellt hatte, goutierte der Arsenal-Spieler ebenfalls nicht. Es sei ironisch, dass der DFB sich nicht in ähnlicher Art und Weise von dem Sponsor distanziert habe, dessen Produkte zu Hunderttausenden zurückgezogen werden mussten wegen illegaler Software. «Was hat der DFB zu all dem zu sagen?» (Özil spielt vermutlich auf den Autokonzern Mercedes, der seit einiger Zeit in den Dieselskandal involviert ist.)
Desweiteren zeigt sich Özil enttäuscht, dass sich gewisse Sponsoren von ihm abgewendet haben nach der Publikation des Erdogan-Fotos und den darauffolgenden Diskussionen. «Partner sollten in jeder Situation zu einem stehen.»
Im dritten Teil seiner Memoiren schiesst Özil nochmals so richtig scharf – gegen DFB-Boss Reinhard Grindel. Er wolle nicht länger als Sündenbock hinhalten müssen, weil Grindel «inkompetent und unfähig» sei, um seinen Job zu machen.
III / III pic.twitter.com/c8aTzYOhWU
— Mesut Özil (@MesutOzil1088) 22. Juli 2018
Der Höhepunkt erreicht Özil auf Seite 2 des dritten Teils, als er seinen Rücktritt aus der deutschen Nationalmannschaft verkündet:
(wst/bal/sda/dpa/apa)