Ausgangssperre zwischen 23 Uhr und 5 Uhr, Ausnahmezustand: Das Militär darf 60 Tage im ganzen Land operieren. Das ist die Situation in Ecuador, wo der berüchtigte Drogenboss José Adolfo Macías Villamar seit Sonntag auf der Flucht ist.
Seine Flucht ist ein weiteres Kapitel in der derzeit eskalierenden Bandengewalt in Ecuador. Seit der Flucht sind bei mehreren Vorfällen mit kriminellen Banden mindestens acht Menschen ums Leben gekommen, allein in der Hafenstadt Guayaquil, teilte die Polizei am Dienstagabend (Ortszeit) mit. Es habe mehr als 20 Vorfälle in der Hafenstadt gegeben, hiess es. Insgesamt seien mehr als 600 Notrufe eingegangen.
Das ist gerade los in Ecuador:
Noch am Sonntag sollte Adolfo Macías aus der Haft in Guayaquil in ein anderes Gefängnis verlegt werden – von ihm fehlt jedoch jede Spur. Auch Fabricio Colón Pico, dem Anführer einer anderen Gang, gelang offenbar die Flucht.
Ecuadors Präsident Daniel Noboa verhängte kurz darauf den landesweiten Ausnahmezustand und nächtliche Ausgangssperren. Die Streitkräfte sollen «die volle politische und rechtliche Unterstützung» im Kampf gegen die Drogenkriminalität haben.
Präsidentensprecher Roberto Izurieta ergänzte:
Gefängnisse seien durch kriminelle Gruppen infiltriert worden. Die Staatsanwaltschaft teilte derweil mit, sie habe Anklage gegen zwei Gefängniswärter wegen möglicher Beihilfe zur Flucht des Drogenbosses erhoben.
Am Dienstag, knapp zwei Tage nach der Flucht des Drogenbosses drangen bewaffnete, mutmassliche Gangmitglieder während einer Live-Übertragung in die Räumlichkeiten des staatlichen Fernsehsenders TC Televisión ein. Sie nahmen mehrere Journalisten und Mitarbeiter als Geiseln. Das TV-Studio befindet sich in der Hafenstadt Guayaquil – in der Gegend befindet sich auch das Gefängnis, aus dem der Drogenboss Adolfo Macías entkam. In den Aufnahmen waren Schüsse und Schreie von Menschen zu hören.
Spezialeinheiten der Polizei brachten den Fernsehsender später wieder unter Kontrolle und nahmen 13 Verdächtige fest. Es seien Waffen und Sprengstoff sichergestellt worden, teilte die Polizei mit. Den Festgenommenen werde Terrorismus vorgeworfen.
In einem Einkaufszentrum seien zwei Sicherheitskräfte und ein weiterer Mensch ums Leben gekommen. Kriminelle seien zudem in fünf Spitäler der Stadt eingedrungen und hätten diese kurzzeitig besetzt, meldete die Polizei der Hafenstadt Guayaquil.
Die Polizei und das Militär hätten die Spitäler später wieder unter Kontrolle gebracht. Insgesamt seien 14 Verdächtige festgenommen worden.
José Adolfo Macías Villamar ist auch als «Fito» bekannt. Er gilt als einer der gefährlichsten Verbrecher Ecuadors und ist der Anführer einer Gang namens Los Choneros. Die Spezialität dieser Gruppe sind Drogenhandel und Erpressung und sie arbeitet mit dem berüchtigten mexikanischen Sinaloa-Kartell zusammen.
«Fito» war bereits seit 2011 im Gefängnis, ist aber erst seit 2020 Anführer der Choneros – ihr vorheriger Boss Jorge Luis Zambrano González (genannt Rasquiña) war zuvor ermordet worden.
Der nun 44-jährige «Fito» war für eine 34-jährige Haftstrafe im Gefängnis in Guayaquil. Er war wegen Drogenhandels, organisierten Verbrechens und Mordes verurteilt worden.
Ecuador's most infamous gang leader 'Fito' vanishes from cell https://t.co/KFyJM6m6AD
— BBC News (World) (@BBCWorld) January 8, 2024
Es ist nicht bekannt, wie genau «Fito» entkommen konnte. Präsidentensprecher Izurieta sagte, er sei vermutlich nur wenige Stunden vor seiner geplanten Verlegung geflohen. Jemand müsse ihn gewarnt haben.
Izurieta sagte weiter, die Flucht sei das Resultat eines «komplett gescheiterten» Gefängnissystems.
Die jetzige Flucht ist nicht «Fitos» erste. Bereits im Februar 2013 entkam er von La Roca, einem Hochsicherheits-Gefängnis, mit 17 anderen. Er tauchte für mehrere Monate unter, bis er im Mai desselben Jahres wieder gefasst werden konnte.
«Fito» wurde kürzlich auch mit einem politischen Mord in Verbindung gebracht. Nur kurz vor der letztjährigen Präsidentenwahl in Ecuador wurde der Kandidat Fernando Villavicencio ermordet – er hatte sich gegen die mächtigen Drogenkartelle ausgesprochen. Nur Tage vor dem Mord erhielt er Drohungen von «Fito» und den Choneros.
Millionen Drogentote, destabilisierte Länder auf der Ganzen Welt, steinreiche Kriminelle.
Was lernen wir daraus? Wahrscheinlich nichts.