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Südamerika

Ecuador: Drogenboss auf der Flucht – Ausgangssperren, Armee im Einsatz

epa11065100 A handout photo made available by the Armed Forces of Ecuador shows Marine Infantry soldiers as they carry out an operation after a riot at the Litoral Regional Prison in Guayaquil, Ecuado ...
Soldaten der Marine-Infanterie bei einem Einsatz im Litoral-Regionalgefängnis in Guayaquil.Bild: keystone

Tote und ein verschwundener Drogenboss – das ist gerade los in Ecuador

Ein Drogenboss hält Ecuador in Atem. Adolfo Macías sollte im Rahmen seiner 34-jährigen Haftstrafe in ein anderes Gefängnis verlegt werden. Jetzt fehlt von ihm jede Spur.
10.01.2024, 09:1210.01.2024, 13:19
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Ausgangssperre zwischen 23 Uhr und 5 Uhr, Ausnahmezustand: Das Militär darf 60 Tage im ganzen Land operieren. Das ist die Situation in Ecuador, wo der berüchtigte Drogenboss José Adolfo Macías Villamar seit Sonntag auf der Flucht ist.

Seine Flucht ist ein weiteres Kapitel in der derzeit eskalierenden Bandengewalt in Ecuador. Seit der Flucht sind bei mehreren Vorfällen mit kriminellen Banden mindestens acht Menschen ums Leben gekommen, allein in der Hafenstadt Guayaquil, teilte die Polizei am Dienstagabend (Ortszeit) mit. Es habe mehr als 20 Vorfälle in der Hafenstadt gegeben, hiess es. Insgesamt seien mehr als 600 Notrufe eingegangen.

Das ist gerade los in Ecuador:

Präsident Noboa greift durch

Noch am Sonntag sollte Adolfo Macías aus der Haft in Guayaquil in ein anderes Gefängnis verlegt werden – von ihm fehlt jedoch jede Spur. Auch Fabricio Colón Pico, dem Anführer einer anderen Gang, gelang offenbar die Flucht.

Ecuadors Präsident Daniel Noboa verhängte kurz darauf den landesweiten Ausnahmezustand und nächtliche Ausgangssperren. Die Streitkräfte sollen «die volle politische und rechtliche Unterstützung» im Kampf gegen die Drogenkriminalität haben.

epa10991423 Ecuador's new President Daniel Noboa leaves the National Assembly after his presidential inauguration ceremony in Quito, Ecuador, 23 November 2023. EPA/Julio Estrella
Ecuadors neuer Präsident Noboa geht mit Härte gegen die organisierte Kriminalität vor.Bild: keystone

Präsidentensprecher Roberto Izurieta ergänzte:

«Die gesamte Staatsgewalt wird eingesetzt, um diese extrem gefährliche Person zu finden.»

Gefängnisse seien durch kriminelle Gruppen infiltriert worden. Die Staatsanwaltschaft teilte derweil mit, sie habe Anklage gegen zwei Gefängniswärter wegen möglicher Beihilfe zur Flucht des Drogenbosses erhoben.

Bewaffnete stürmen TV-Studio

Am Dienstag, knapp zwei Tage nach der Flucht des Drogenbosses drangen bewaffnete, mutmassliche Gangmitglieder während einer Live-Übertragung in die Räumlichkeiten des staatlichen Fernsehsenders TC Televisión ein. Sie nahmen mehrere Journalisten und Mitarbeiter als Geiseln. Das TV-Studio befindet sich in der Hafenstadt Guayaquil – in der Gegend befindet sich auch das Gefängnis, aus dem der Drogenboss Adolfo Macías entkam. In den Aufnahmen waren Schüsse und Schreie von Menschen zu hören.

Video: twitter/BNONews

Spezialeinheiten der Polizei brachten den Fernsehsender später wieder unter Kontrolle und nahmen 13 Verdächtige fest. Es seien Waffen und Sprengstoff sichergestellt worden, teilte die Polizei mit. Den Festgenommenen werde Terrorismus vorgeworfen.

epa11066688 Police detain suspected criminals a few blocks from the headquarters of TC television station where armed, hooded men entered and subdued staff during a live broadcast, in Guayaquil, Ecuad ...
Die Festnahmen am 9. Januar 2024.Bild: keystone

Besetzte Spitäler

In einem Einkaufszentrum seien zwei Sicherheitskräfte und ein weiterer Mensch ums Leben gekommen. Kriminelle seien zudem in fünf Spitäler der Stadt eingedrungen und hätten diese kurzzeitig besetzt, meldete die Polizei der Hafenstadt Guayaquil.

Die Polizei und das Militär hätten die Spitäler später wieder unter Kontrolle gebracht. Insgesamt seien 14 Verdächtige festgenommen worden.

Macías, der Drogenboss

José Adolfo Macías Villamar ist auch als «Fito» bekannt. Er gilt als einer der gefährlichsten Verbrecher Ecuadors und ist der Anführer einer Gang namens Los Choneros. Die Spezialität dieser Gruppe sind Drogenhandel und Erpressung und sie arbeitet mit dem berüchtigten mexikanischen Sinaloa-Kartell zusammen.

«Fito» war bereits seit 2011 im Gefängnis, ist aber erst seit 2020 Anführer der Choneros – ihr vorheriger Boss Jorge Luis Zambrano González (genannt Rasquiña) war zuvor ermordet worden.

Der nun 44-jährige «Fito» war für eine 34-jährige Haftstrafe im Gefängnis in Guayaquil. Er war wegen Drogenhandels, organisierten Verbrechens und Mordes verurteilt worden.

Die Flucht

Es ist nicht bekannt, wie genau «Fito» entkommen konnte. Präsidentensprecher Izurieta sagte, er sei vermutlich nur wenige Stunden vor seiner geplanten Verlegung geflohen. Jemand müsse ihn gewarnt haben.

Izurieta sagte weiter, die Flucht sei das Resultat eines «komplett gescheiterten» Gefängnissystems.

Die Vorgeschichte

epa10998595 Presidential candidate Fernando Villavicencio participates in a campaign rally, minutes before being shot to death, in Quito, Ecuador, 09 August 2023. EPA/STRINGER
Präsidentschaftskandidat Fernando Villavicencio Minuten vor seiner Ermordung.Bild: keystone

Die jetzige Flucht ist nicht «Fitos» erste. Bereits im Februar 2013 entkam er von La Roca, einem Hochsicherheits-Gefängnis, mit 17 anderen. Er tauchte für mehrere Monate unter, bis er im Mai desselben Jahres wieder gefasst werden konnte.

«Fito» wurde kürzlich auch mit einem politischen Mord in Verbindung gebracht. Nur kurz vor der letztjährigen Präsidentenwahl in Ecuador wurde der Kandidat Fernando Villavicencio ermordet – er hatte sich gegen die mächtigen Drogenkartelle ausgesprochen. Nur Tage vor dem Mord erhielt er Drohungen von «Fito» und den Choneros.

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Schöne und kuriose Raupen aus Ecuador
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Schöne und kuriose Raupen aus Ecuador
Bild: Flickr/andreas kay
quelle: picasa
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38 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pürschtli
10.01.2024 09:51registriert Oktober 2023
Die Drogen haben den War on Drugs gewonnen. Das Resultat:
Millionen Drogentote, destabilisierte Länder auf der Ganzen Welt, steinreiche Kriminelle.
Was lernen wir daraus? Wahrscheinlich nichts.
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Dominik Egloff
10.01.2024 11:57registriert November 2015
Das der Krieg gegen die Drogen schon lange verloren ist, kann, bei den vorhandenen Daten, kaum bestritten werden. Das Drogenverbot schützt eines der drei ganz grossen Geschäftsfelder der Mafia (Drogen, Sex, Waffen) und ist damit ein existenzieller Motor der internationalen organisierten Verbrecherbanden. Es liegt an uns ob in Zukunft der Gewinn aus diesem Geschäft weiter bei der Mafia oder bei den Islamisten, oder doch besser bei unserem Staat und der AHV etc. landen soll.
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Dominik Egloff
10.01.2024 11:48registriert November 2015
Das Foto zu diesem Artikel, zeigt wie die Armee Gefangene die sich ergaben in Unterhosen auf dem Boden in Schach halten. Kein Problem, dass wird überall so praktiziert, deshalb fällt es hier niemandem auf. Dass jedoch ein gleichartiges Bild mit Gefangenen aus dem Gaza tausende entsetzte Leserbriefe, Kommentare zu diesem "Verbrechen Israels von der Mehrheit der Regierungen und selbst enorme Kritik auf der Weltebene der UN auslöste, zeigt, welche irre Doppelstandards wir haben. Bei Juden, weltweites entsetzen, bei allen anderen, sieht man nichts erwähnenswert, niemand stört sich daran.
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