Thailands Regierungschefin Paetongtarn Shinawatra ist in der Krise um eine geleakte Audio-Aufnahme Medienberichten zufolge vom Verfassungsgericht vom Amt suspendiert worden.
Das Gericht hatte sich auf Antrag von Senatspräsident Mongkol Surasak mit dem Fall beschäftigt, der zu einer Regierungskrise geführt hatte, wie das thailändische Onlineportal «The Thaiger» und andere Medien berichteten.
Die Suspendierung soll demnach so lange gelten, bis das Verfassungsgericht zu einer endgültigen Einschätzung kommt, ob Paetongtarn sich verfassungswidrig verhalten habe. Phumtham Wejayachai ist laut der Royal Gazette, der Veröffentlichungsstelle für amtliche Bekanntmachungen, nun stellvertretender Regierungschef.
Paetongtarn hatte mit dem kambodschanischen Ex-Langzeitherrscher und heutigen Senatspräsidenten Hun Sen über einen seit langem schwelenden Grenzkonflikt telefoniert. Ein Mitschnitt mit brisanten Aussagen davon wurde anschliessend geleakt.
Die Ministerpräsidentin hatte darin den 72-Jährigen als «Onkel» angesprochen und einen hochrangigen Militär in der Grenzregion als ihren «Gegner» bezeichnet. Sie bot Hun Sen auch an, alles zu tun, was er für nötig hielte, um ihre eigene Position zu festigen. Das sorgte für grossen Wirbel. Obwohl sich Shinawatra später entschuldigte, hat die zweitgrösste Koalitionspartei Bhumjaithai als Reaktion das Regierungsbündnis verlassen.
Seither gibt es in Thailand Proteste gegen die Regierung. Demonstranten fordern den Rücktritt der Ministerpräsidentin sowie Neuwahlen.
Am Wochenende hatten Tausende Kritiker in Bangkok demonstriert und ihren Rücktritt gefordert. Viele Protestierende gehören der konservativen «Gelbhemden-Bewegung» an, die mit ihrer gelben Kleidung - der Symbolfarbe des thailändischen Königs - ihre Loyalität zur Monarchie ausdrücken. Sie waren einst schon gegen Paetongtarns Vater Thaksin Shinawatra und dessen Schwester Yingluck Shinawatra erfolgreich auf die Strasse gegangen.
Beide waren früher ebenfalls Regierungschefs und wurden 2006 beziehungsweise 2014 nach Massenprotesten bei Militärputschen gestürzt. In der derzeitigen Krise soll nun Vizeregierungschef Suriya Jungrungruangkit Berichten zufolge vorübergehend die Amtsgeschäfte übernehmen.
In dem brisanten Telefonat Mitte Juni ging es um einen seit langem schwelenden Konflikt an der etwa 800 Kilometer langen Grenze zwischen den Nachbarländern Thailand und Kambodscha. Zuletzt war der Disput eskaliert, nachdem es Ende Mai zu einem Schusswechsel zwischen Soldaten beider Länder gekommen war. Dabei war ein kambodschanischer Soldat getötet worden.
Kambodscha hatte daraufhin unter anderem ein Importverbot für Lebensmittel sowie für Treibstoff und Gas aus Thailand verhängt. Vergangene Woche schloss Thailand als Reaktion die Grenzübergänge in sechs Provinzen.
In ihrem Gespräch mit Kambodschas starkem Mann hatte Paetongtarn einen hochrangigen Militär in der Grenzregion als ihren «Gegner» bezeichnet und den mit ihrer Familie befreundeten Hun Sen als «Onkel» angesprochen. Gleichzeitig soll sie sich ihm gegenüber sehr unterwürfig geäussert haben. Das sorgte für grossen Wirbel. Obwohl sich Paetongtarn später entschuldigte, verliess die zweitgrösste Koalitionspartei Bhumjaithai aus Wut das Regierungsbündnis.
«Ich habe lediglich versucht, Zusammenstösse und weitere Opfer zu verhindern. Ich betone, dass ich keine bösen Absichten hatte», zitierte die «Bangkok Post» die suspendierte Politikerin. In einer Erklärung teilte sie mit, sie akzeptiere die Entscheidung des Gerichts, habe aber immer nur zum Wohle ihres Landes und des Militärs gehandelt.
Als sie im vergangenen August vom Parlament zur neuen Regierungschefin gewählt wurde, kam damit erst zum zweiten Mal in der Geschichte Thailands eine Frau an die Macht. Auch war Paetongtarn mit damals 37 Jahren die jüngste Ministerpräsidentin aller Zeiten in dem südostasiatischen Land.
Die steinreiche Shinawatra-Dynastie hat aber gerade unter den Nationalisten viele Gegner. Paetongtarns Vater Thaksin ist einer der reichsten Männer des Landes. Ab 2008 lebte er im selbst auferlegten Exil und war erst 2023 in die Heimat zurückgekehrt. Kurz darauf wurde er wegen Majestätsbeleidigung angeklagt. Trotz vieler juristischer Probleme gilt der 75-Jährige weiterhin als einflussreicher Strippenzieher.
Zuletzt war auch wieder die Sorge vor einem möglichen neuen Putsch aufgeflammt. Vor allem in der wichtigen Tourismusbranche wächst die Angst. Seit 1932 gab es in Thailand rund ein Dutzend Staatsstreiche. (rbu/sda/dpa)