Herbeigeeilten Helfern bot sich am frühen Morgen an Australiens Westküste ein schlimmer Anblick: Über eine Länge von 500 Metern lagen mehrere Gruppen von Grindwalen an einem Strand nahe der Kleinstadt Dunsborough, 250 Kilometer südlich von Perth.
Insgesamt waren es rund 160 Meeressäuger, die es nicht mehr aus dem flachen Wasser heraus ins offene Meer schafften. «Man kann hören, wie sie kommunizieren, quieken und atmen», sagte der örtliche Walforscher Chris Burton. Bis zum Donnerstagnachmittag verendeten rund 30 Tiere. Die Zahl könnte noch steigen.
Das Szenario sei schrecklich, meinte der Meeresexperte Ian Wiese, der vor Ort war. Wie andere Fachleute war er zunächst überzeugt, dass die meisten der Grindwale den Tag nicht überleben würden. Oft werden sie von ihrem eigenen Gewicht zerquetscht, wenn sie nicht mehr im Wasser treiben können. Andere ertrinken, wenn bei aufkommender Flut Wasser in ihr Blasloch eindringt und sie nicht mehr atmen können.
Dann aber kam die gute Nachricht: Rund 100 Wale schafften es dank des unermüdlichen Einsatzes zahlreicher Helfer, die die Tiere regelmässig mit Wasser überschüttet hatten, wieder hinaus auf offene See, wie die Behörde für Artenvielfalt und Naturschutz (DBCA) mitteilte.
Boote versuchten sie daran zu hindern, erneut in Richtung Küste zu schwimmen. «Wir sind auch mit einem Sichtungs-Flugzeug im Einsatz, das alle paar Stunden verfolgt, wo sich die Tiere befinden», sagte eine DBCA-Sprecherin.
«Wenn man bedenkt, was hier hätte passieren können, ist das ein wirklich gutes Ergebnis», sagte Meeresforscher Wiese dem australischen Sender ABC. Es bestehe aber weiter die Gefahr, dass die Wale an einem anderen Küstenabschnitt erneut stranden könnten.
Bei den Grindwalen habe es sich überwiegend um Weibchen gehandelt sowie um einige Kälber, berichtete die Nachrichtenagentur AAP.
Zwei weitere Herden von insgesamt etwa 130 Grindwalen (auch Pilotwale genannt) wurden ebenfalls in der Nähe gesichtet. Tierschützer versuchten alles, um eine Strandung dieser Tiere zu verhindern und sie dazu zu bewegen, in tiefem Wasser zu bleiben.
Aber warum stranden Wale? Das Phänomen ist weiterhin rätselhaft, jedoch gibt es verschiedene Theorien. Eine besagt, dass sich kranke oder verletzte Tiere verirren und die anderen ihnen im Rudel folgen. Denn speziell Grindwale bauen extrem enge Bindungen untereinander auf.
Zu bestimmten Jahreszeiten sind sie in grossen Verbänden unterwegs, was das Risiko einer Massenstrandung erhöht. Wissenschaftler halten es auch für möglich, dass Wale durch akustische Umweltverschmutzung, etwa Sonargeräte von Schiffen, die Orientierung verlieren.
Wenn Wale stranden, müssen sie ständig befeuchtet werden, denn ihre Haut verbrennt unter der Sonneneinstrahlung. Zudem besteht die Gefahr, dass sie ersticken, weil ihr eigenes Gewicht auf die Lunge drückt.
Genau in der gleichen Region in Westaustralien war es 1996 zu einer Massenstrandung von 320 Grindwalen gekommen. Auch damals konnten fast alle Tiere dank Helfern gerettet werden. Nachdem sie wieder in tiefes Wasser gelangt waren, wurden sie von Booten überwacht und geschützt - ähnlich wie am Donnerstag.
Andere Massenstrandungen an der Westküste endeten tragischer: 2018 starben in Hamelin Bay weit mehr als 100 Ozeanriesen am Ufer. Und erst im vergangenen Jahr hatten am Cheynes Beach östlich der Stadt Albany fast 100 Grindwale eine Strandung nicht überlebt.
Sie hatten es zunächst wieder ins offene Meer geschafft, waren aber kurz darauf zum Entsetzen der Helfer erneut gestrandet. Oft sei es die humanste Lösung, die leidenden Meeressäuger einzuschläfern, teilte der Parks and Wildlife Service des Bundesstaates Western Australia mit. (rbu/sda/dpa)