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Bei den Massenfestnahmen nach dem Putschversuch in der Türkei gehen die Behörden nun auch gegen Journalisten vor. Die Istanbuler Staatsanwaltschaft ordnete am Montag im Rahmen der Ermittlungen zum Putschversuch die Festnahme von 42 Journalisten an.
Das meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Darunter ist die prominente Regierungskritikerin Nazli Ilicak. Laut der Nachrichtenagentur DHA richten sich die Ermittlungen gegen Medien aus dem Netzwerk des Predigers Fethullah Gülen. Die Regierung macht Gülen für den Putschversuch verantwortlich.
Anadolu meldete, zunächst seien fünf der verdächtigen Journalisten festgenommen worden. Ilicaks Haus in Istanbul sei durchsucht worden. Laut DHA wird nach Ilicak im Ferienort Bodrum gesucht. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) nannte die Massnahmen «nicht hinnehmbar».
Präsident Recep Tayyip Erdogan hat angekündigt, den Staat von Gülen-Anhängern «säubern» zu wollen. Seit Donnerstag gilt landesweit ein 90-tägiger Ausnahmezustand, der Erdogan ermächtigt, weitgehend per Dekret zu regieren.
Die Journalistin Ilicak war Ende 2013 von der regierungsnahen Zeitung «Sabah» entlassen worden, als sie im Rahmen von Korruptionsermittlungen den Rücktritt mehrerer Minister der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP forderte. Die Regierung hält die damaligen Korruptionsermittlungen für ein Gülen-Komplott.
Ilicak hatte unter anderem auch für die Zeitung «Bugün» geschrieben, die den Gülen-Medien zugerechnet wurde. Die Regierung hatte «Bugün» im vergangenen Jahr unter Zwangsverwaltung gestellt, auf AKP-Kurs gezwungen und später geschlossen.
Auch in anderen Bereichen dauerten die Massenfestnahmen an. DHA meldete, bei Razzien in Istanbul seien 31 Akademiker festgenommen worden, darunter Professoren. Anadolu berichtete, im Hauptquartier der türkischen Militärakademien in Istanbul seien 42 Soldaten festgenommen worden. Ausserdem seien drei Elite-Soldaten gefasst worden, die in der Putschnacht das Hotel Erdogans in Marmaris angegriffen hätten.
Seit dem Putschversuch sind nach offiziellen Angaben mehr als 13'000 Verdächtige festgenommen worden, knapp 6000 davon sitzen in Untersuchungshaft. Mehr als 45'000 Staatsangestellte wurden suspendiert. Zudem wurde 21'000 Lehrern an Privatschulen die Lizenz entzogen. Die Massnahmen haben international Kritik ausgelöst.
Amnesty International hatte kritisiert, es gebe «glaubwürdige Hinweise» auf Misshandlungen und sogar Folter von Festgenommenen. Aus der Regierung wurden diese Vorwürfe «kategorisch» zurückgewiesen.
Die teilstaatliche Fluglinie Turkish Airlines entliess nach eigenen Angaben 211 Mitarbeiter mit mutmasslichen Gülen-Verbindungen. Aussenminister Mevlüt Cavusoglu kündigte an, er werde auch sein Ministerium «säubern». Betroffen seien keine Botschafter im Ausland, sondern Diplomaten mit diesem Rang in Ankara.
Erdogan sucht unterdessen den Schulterschluss mit weiten Teilen der parlamentarischen Opposition. Am Montag traf er erstmals in seiner Amtszeit als Präsident mit dem Chef der grössten Oppositionspartei CHP (Mitte-Links), Kemal Kilicdaroglu, und Devlet Bahceli von der ebenfalls oppositionellen ultrarechten MHP im Präsidentenpalast zusammen.
Keine Einladung erhielten die Vorsitzenden der pro-kurdischen HDP, der drittgrössten Fraktion. Die von einer Doppelspitze geführte HDP hatte den Putschversuch ebenfalls verurteilt. Sie hatte Erdogan aber vorgeworfen, den Putschversuch zu missbrauchen, um Gegner auszuschalten und demokratische Freiheiten weiter einzuschränken.
Die CHP hatte am Sonntagabend gemeinsam mit Anhängern von Erdogans islamisch-konservativer Regierungspartei AKP gegen den Putschversuch und für die Demokratie auf dem symbolträchtigen Istanbuler Taksim-Platz demonstriert.
Teilnehmer schwenkten Flaggen mit dem Konterfei von Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk. CHP-Chef Kilicdaroglu forderte alle Türken dazu auf, in den Ruf «Weder Putsch noch Diktatur, es lebe die freiheitliche Demokratie» einzustimmen. Kilicdaroglu hatte Erdogan in der Vergangenheit einen «Diktator» genannt. (sda/dpa/afp)