Nackte Schönheitsköniginnen und goldenes Besteck: Wie Pablo Escobars Sohn aufwuchs
Wie wächst man auf, wenn der eigene Vater nicht bei der Bank, nicht als Versicherungsvertreter und auch nicht als Automechaniker arbeitet, sondern das grösste Drogenimperium der Welt leitet?
Eine Teilantwort versucht die Netflix-Serie «Narcos» zu geben. Sie basiert auf dem Leben von Pablo Escobar. Dass «Narcos» im Namen der Unterhaltung von der Wahrheit abweicht, versteht sich von selbst. Escobars Sohn Sebastián Marroquín schrieb deshalb auf Facebook eine umfassende Mängelliste – und erzählte kurz darauf in einem Interview gegenüber dem britischen «Mirror», wie es wirklich war:
Mit der Polizei spielte Pablo Escobar jahrelang Verstecken. Nicht so mit seinem Sohn. Diesen klärte er schon sehr früh über seine Machenschaften auf:
Während Pablo Escobar seinem Sohn reinen Wein einschenkte, liess er nie Zweifel offen, dass er für ihn eine andere Karriere vorsah. Sebastián sollte Anwalt werden – und die Finger von den Drogen lassen.
Seinen Angestellten soll Escobar sogar mit dem Tod gedroht haben, sollten sie vor den Augen seines Sohnes einen Joint anzünden. Escobar selber rauchte indes seit seinem 13. Lebensjahr regelmässig Gras.
Sebastián Marroquín «Pablo junior» wuchs umgeben von immensem Reichtum auf:
- 1987 führte das «Forbes Magazine» Pablo Escobar mit einem Privat-Vermögen von drei Milliarden als Nummer sieben der reichsten Menschen der Welt – und Forbes dürfte bei der Schätzung vorsichtig gewesen sein, denn ...
- ... zu Spitzenzeiten nahm Pablo Escobar mit seinem Medellín-Kartell pro Woche 420 Millionen ein.
- Am Höhepunkt seiner Karriere kontrollierte Escobar 80 Prozent des weltweiten Kokainhandels.
- Pablo Escobar hatte mehr als 600 Angestellte, 60 Autos und zehn Häuser.
- Um Escobars Reichtum ranken sich diverse Legenden. Legende Nr. 1: Das Medellín-Kartell verlor jährlich über zwei Milliarden Dollar, weil Ratten sich über das versteckte Geld hermachten, in der Erde vergrabenes Geld verfaulte oder von Unwettern zerstört wurde. Ein Grossteil «verschwand» aber auch einfach.
- Legende Nr. 2: Escobar hat pro Monat 2500 Dollar für Gummibänder ausgegeben, um damit das eingenommene Geld zu bündeln.
- Legende Nr. 3: Escobar verbrannte höchst persönlich zwei Millionen Dollar, um damit seine Tochter zu wärmen, als diese in einem Versteck zu frieren begann.
Escobar dürfte davon profitiert haben: Koks-Werbung aus den 70ern
Kein Wunder blieben bei diesem Reichtum die Wünsche des kleinen Sebastián nie unerfüllt: Auf Escobars 20 km2 grossem Hauptsitz, der Hacienda Nápoles in Puerto Triunfo, 100 Kilometer östlich von Medellín, richtete der Drogenbaron neben einem Flugplatz auch einen Privatzoo ein. Dafür liess er Antilopen, Elefanten, Giraffen und auch Flusspferde einfliegen.
Letztere, drei Weibchen und ein Männchen, vermehrten sich im kolumbianischen Klima derart gut, dass bis heute, Jahre nach Escobars Tod, in der Gegend der Hacienda wilde Hippos für Probleme sorgen.
Es wird geschätzt, dass die Herde auf 50–60 Tiere angewachsen ist. Genaue Zahlen liegen aber nicht vor, weil einige Tiere den Zaun niedergetrampelt und sich im nahe gelegenen Fluss angesiedelt haben.
Auf der Hacienda Nápoles konnten 100 Gäste bequem übernachten. Sechs Pools und eine Stierkampfarena luden zur Entspannung ein. Für seine Gäste veranstaltete Escobar mit kolumbianischen Schönheitsköniginnen Nackt-Wettrennen. Die Siegerin erhielt einen Sportwagen.
Neben dem Zoo liess der Drogenbaron für Pablo junior lebensechte Dinosaurier errichten. Luxus pur. Genau wie das 400'000 Dollar teure goldene Besteck aus Dänemark, mit dem die Familie «aber nur ein paar Mal» gegessen haben soll. Trotzdem wurde es einem Mitarbeiter zum Verhängnis. Nachdem er dabei erwischt worden war, wie er Besteck gestohlen hatte, wurde er gefesselt in einen Pool geworfen und ertränkt. Heute ist die Hacienda ein Vergnügungspark.
Weniger luxuriös waren Pablo Escobars letzte Jahre, als er mit seiner Familie von einem geheimen Unterschlupf zum nächsten fliehen musste.
Vier Zentimeter hätten sie damals von der Polizei getrennt – nur eine dünne Holztüre.
Nach Pablo Escobars Tod 1993 flüchtete Sebastián Marroquín mit seiner Mutter nach Argentinien, wo er noch heute als Architekt lebt. Wer mehr zu seinem Leben als Sohn des grössten Drogenbarons aller Zeiten wissen will, dem sei sein Buch «Pablo Escobar: My Father» empfohlen.