Nach einem selbst für ukrainische Verhältnisse grossen Fall von Betrug und Korruption im Justizapparat und Gesundheitswesen kündigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner Videobotschaft eine Sondersitzung des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats an.
Im westukrainischen Gebiet Chmelnyzkyj hatten Behörden Ermittlungen gegen fast 50 Staatsanwälte eingeleitet, die sich einen Behindertenstatus erkauft haben sollen, um etwa einen Kriegseinsatz zu vermeiden.
Wenn sich so etwas abspiele, brauche das Land keine äusseren Feinde, sagte Selenskyj. «Das ist wirklich ein innerer Feind.» Er forderte den Geheimdienst und die Generalstaatsanwaltschaft zum energischen Durchgreifen auf. Der Skandal erschütterte das Land, nachdem ein Investigativjournalist die Machenschaften öffentlich gemacht hatte.
Die Staatsanwälte bezogen laut dem Medienbericht wohl auch Behindertenrenten. Einige haben sich diese Einstufung demnach schon vor Kriegsbeginn besorgt, weil sie so schwerer entlassen und bei Beförderungen bevorzugt werden können.
Auslöser des Skandals war die Festnahme der Leiterin der medizinisch-sozialen Expertenkommission zur Einschätzung von Behinderungsgraden im Gebiet Chmelnyzkyj Anfang Oktober. Die Frau, die für Selenskyjs Partei im Gebietsrat sass, soll Tausende Ukrainer gegen Schmiergeld als behindert und wehruntauglich eingestuft haben.
Bei Hausdurchsuchungen wurden umgerechnet über fünf Millionen Euro Bargeld beschlagnahmt. Weitere Millionen wurden auf Konten unter anderem im Ausland entdeckt. Der Sohn der Ärztin leitete zudem den Rentenfonds in der Region und war damit für die Zahlung von Sonderrenten zuständig.
Auf einem Foto war zu sehen, wie er mit Dollarbündeln auf einem Bett liegt. Die eingeleiteten Untersuchungen sollen nicht auf die Staatsanwaltschaft des Gebiets Chmelnyzkyj begrenzt bleiben, sondern sich auch auf andere Staatsanwaltschaften erstrecken.
Laut der Nichtregierungsorganisation Transparency International gehört die in die EU und NATO strebende Ukraine nach Russland zu den korruptesten Staaten Europas. Im Zuge des seit mehr als zweieinhalb Jahren andauernden russischen Angriffskrieges wurden immer wieder Skandale aufgedeckt, in denen sich nicht zuletzt auch Militärs bereicherten.
Nach dem russischen Einmarsch vom Februar 2022 wurde in der Ukraine eine Mobilmachung angeordnet. Männer im wehrfähigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren dürfen das Land nur in Ausnahmefällen verlassen. Dagegen können Menschen, die wegen einer Behinderung ausgemustert wurden, ebenso frei ausreisen wie ihre alleinigen Betreuer. (sda/dpa)
Wenn hier in der Schweiz ein Krieg ausbrechen würde, da würden ebenfalls viele nicht eingezogen werden wollen. Da würden die Schmiergeldzahlung nur so sprudeln, ist doch völlig logisch.
Wer es sich leisten kann, sieht das als möglichen Ausweg.