Mit diesen Methoden schwächen die Ukrainer Putin nachhaltig – die Übersicht
Auch im vierten Kriegsjahr in der Ukraine spielen Artillerie, Panzer und Infanterie noch immer eine wichtige Rolle. Aber Beobachter schätzen, dass mittlerweile gegen 80 Prozent der Verluste auf Drohnen zurückzuführen sind. Der massenhafte Einsatz der fliegenden Todbringer hat den Krieg revolutioniert.
Aber Drohne ist nicht gleich Drohne. Eine Übersicht zu allem, was da am Himmel herumschwirrt. Und was man dagegen tun kann.
Selbstgebastelte Kamikaze-Drohnen
Die effizienteste Drohne in der Ukraine ist Marke Eigenbau: Einer handelsüblichen Drohne wird eine Granate oder eine andere Sprengladung umgebunden. Der Drohnenpilot kann diese dann per Knopfdruck über einem Ziel, zum Beispiel einer Soldatengruppe, abwerfen.
Besonders tödlich ist die Kamikaze-Variante. Der Pilot steuert die Drohne aus der «Ich-Perspektive» und ähnlich wie in einem Video-Spiel direkt ins Ziel. Unter Umständen verfolgt er einen gegnerischen Soldaten sogar bis in seinen Unterstand. Ukrainische Soldaten sind zu Meistern in dieser Disziplin geworden.
Unter den einzelnen Spezial-Einheiten gab es kürzlich sogar einen Wettbewerb, um den besten Piloten der Armee zu küren. Die ukrainischen Drohnenpiloten sind hoch angesehen und gewissermassen die Flieger-Asse des 21. Jahrhunderts.
Aber auch die Russen setzen die selbstgebastelte Drohnen zu hunderttausenden ein. Zuletzt immer öfter auch mit hauchdünnen, kilometerlangen Glasfaserkabeln, die Drohne und Piloten verbinden und damit Störsender umgehen. Dann hilft nur noch der direkte Abschuss, zum Beispiel mit einer Schrotflinte.
«Herumlungernde Munition»
Sogenannte «Loitering Munition» (engl. herumlungernde Munition) ist ebenfalls eine Kamikaze-Drohne. Mit dem Unterschied, dass sie nicht von einem Piloten gesteuert wird, sondern halb-autonom agiert. Sie kreist und «lungert» längere Zeit über einem Frontabschnitt, bevor sie sich auf ihr Ziel herabstürzt.
Russland attackierte vor allem in der ersten Phase des Krieges mit seiner «Lancet»-Loitering Munition oft ukrainische Artillerie und Radarstellungen. Die Ukraine selbst setzt US-amerikanische «Switchblades» (Springmesser) ein. Der Name kommt davon, dass sich die zwei Flügelpaare nach dem Start wie ein Springmesser aufklappen.
Angriffsdrohnen
Einen grösseren Einsatzradius haben die Schahed-Drohnen, mit welchen Russland die ukrainische Zivilbevölkerung terrorisiert. Sie kommen in Schwärmen und tragen je nach Modell einen 30 bis 90 Kilogramm schweren Gefechtskopf. Die Schaheds wurden ursprünglich im Iran entwickelt, werden von Russland aber unter dem Namen «Geran» auch selbst produziert.
Moskau hat mit der «Gerbera» zudem eine eigene Variante geschaffen. Solche Gerbera-Drohnen waren es auch, welche im September in den polnischen Luftraum eindrangen.
Die Ukrainer bekämpfen die Angriffsdrohnen auf alle möglichen Arten. Durch elektronische Kampfmittel (sogennantes «Jamming»). Oder sie schiessen sie ab. Aus der Luft per Kampfhelikopter und Kampfjet. Vom Boden aus meist mit grosskalibrigen Maschinengewehren.
Als halb-automatisierte Systeme gibt es den veralteten, aber effizienten Gepard-Flugabwehrpanzer aus Deutschland. Oder seit Kurzem den modernen Nachfolger «Skyranger» mit seiner Maschinenkanone der Firma Oerlikon aus Zürich.
Abfangdrohnen als Jäger
Abfangdrohnen, welche angreifende Drohnen jagen, sind neu. Aktuell tobt ein Innovations-Rennen: Etliche Technologiefirmen eifern darum, wer die effizienteste und kostengünstigste Abfangdrohne entwickelt.
In der Ukraine ist seit ein paar Monaten der «Sting» (englisch Stachel) im Einsatz. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 315 Kilometer pro Stunde saust der Stachel senkrecht empor und geht auf Kollisionskurs mit der gegnerischen Drohne. Laut den ukrainischen Herstellern sollen so in zwei Monaten schon über 600 russische Drohnen bekämpft worden sein. Kostenpunkt pro Jäger: Wenige tausend Franken.
Aufklärungs- und Spionage-Drohnen
Aufklärungsdrohnen sind im modernen Krieg zentral. Das können Drohnen mit «fixen Flügeln» sein, die vom Design her einem Flugzeug gleichen. Oder auf zivilen Drohnen basierende Rotor-Drohnen. Davon gib es verschiedenste Varianten mit vier, sechs oder acht Rotoren. Manche sind nicht grösser als eine Zigarettenschachtel und werden von Spezialkräften im Häuserkampf eingesetzt. Andere haben mehrere Meter Spannweite und können stundenlang über einem Gebiet schweben.
Noch ist nicht bekannt, welcher Typ von Drohnen Ende September in Dänemark und anderen europäischen Ländern auftauchte. Indizien sprechen aber dafür, dass es grössere Rotor-Drohnen ziviler Bauart waren.
Ein Beispiel für eine moderne Aufklärungsdrohne mit mittlerer Reichweite ist «Twister» der deutschen Firma Quantum-Systems.
Radar- und Frühwarnsysteme
Eine effiziente Drohnenabwehr findet in mehreren Linien statt. Erste Stufe ist die Ortung der oftmals tieffliegenden und im Vergleich zu Kampfjets kleinen Fluggeräte. Dafür braucht es Hochleistungs-Radare wie den Ground Master 200 aus Frankreich.
In der Ukraine kommen aber auch akustische Frühwarnsysteme zum Einsatz. Die mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten Lauschgeräte der «Himmels Festung» sollen anfliegende Drohnen anhand ihrer Geräusch-Signaturen erkennen. Es ist eine preiswerte und effiziente Ergänzung zum herkömmlichen Radar.
