Bachmut ist zum Schauplatz der blutigsten Gefechte in der Ukraine geworden. Und die Lage auf dem Schlachtfeld rund um die ehemals 70'000 zählende Einwohner Stadt bleibt weiterhin unübersichtlich. Während die ukrainische Armee dort jüngst Erfolge verkündete, lassen andere Berichte darauf schliessen, dass die Stadt im Osten des Landes kurz vor dem Fall stehen könnte.
Zumindest scheint es einen Hoffnungsschimmer zu geben: Das aktuelle militärische Vorgehen in Bachmut könnte Teil nämlich eines grösseren Plans der Ukraine sein.
So sieht der Militärökonom Marcus Keupp von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich die jüngsten ukrainischen Geländegewinne bei Bachmut nicht als Teil der Gegenoffensive, sondern als eine opportunistische Aktion. Keupp erklärte in einem Interview mit dem ZDF:
Der Chef der russischen Söldner-Gruppe «Wagner», Jewgeni Prigoschin, habe seine Kämpfer von den Flanken abgezogen. Nun würden diese im Norden und Süden Bachmuts von schlecht ausgebildeten russischen Soldaten gehalten.
Keupp betonte in dem Gespräch, dass das Vorgehen der Ukraine in Bachmut allerdings Teil der Vorbereitungen auf die beginnende Gegenoffensive sein könnte. Diese aber erst wirklich starte, wenn die Attacken auf Russlands Logistik abgeschlossen seien. «Wenn die Ukraine einen mechanisierten Vorstoss unternehmen wird, denke ich, dass sie dann dort durchstossen werden, um die Schwarzmeerküste und die Krim zu erreichen», sagte Keupp.
Daher sei die im Südwesten gelegene Region Saporischschja ein wahrscheinlicher Punkt für die Offensive. Ein wichtiges Mittel seien die britischen «Storm Shadow»-Raketen. Die Reichweite dieser mächtigen Waffe reicht bis zur von Russland annektierten Halbinsel Krim.
Auch andere Experten stimmen dieser Einschätzung zu: «Ich würde zu der Interpretation tendieren, dass die Ukraine versucht, die russischen Streitkräfte in Bachmut festzusetzen, um sie zu zwingen, an einem bestimmten Punkt der Front zu bleiben», sagte Ivan Klyszcz vom Thinktank ICDS in Estland.
Gleichzeitig könnte die Ukraine andernorts angreifen. «In den russischen Militärkanälen kam kürzlich Panik auf wegen angeblicher ukrainischer Bewegung auf Stellungen in den von den Russen kontrollierten Gebieten», sagt Klyszcz. Doch diese Quellen seien «nicht immer zuverlässig».
«Die Ukraine hat in und um Bachmut örtlich begrenzte Gegenoffensiven ausgeführt, um die Russen zurückzudrängen und die Verteidigung in der Region zu testen», sagte der Experte Lucas Webber, Mitbegründer der Website Militant Wire. Auch an anderen Stellen der Front spiele sich Ähnliches ab. «Es ist schwer zu sagen, ob die geplante eigentliche Gegenoffensive begonnen hat, aber diese Aktionen deuten darauf hin, dass die Ukraine etwas viel Grösseres plant», sagt Webber.
Apocalyptic!
— Moshe Schwartz (@YWNReporter) May 17, 2023
Bakhmut 2022 vs 2023
Via @Maxar pic.twitter.com/3yrDM8ZFrl
«Bild» berichtete derweil in der Nacht auf Donnerstag, dass die ukrainische Stadt kurz vor dem Fall stehe. Den «Wagner»-Söldnern sei in den letzten zwei Tagen der Durchbruch im westlichen Teil der Stadt gelungen. Damit halte die Ukraine nur noch eine Strassenseite der westlichsten Strasse der Stadt.
Die Zeitung beruft sich bei ihrer Analyse unter anderem auf ein Video der ukrainischen Armee, das zeigt, wie die Soldaten um die Juwileina-Strasse kämpfen. Dahinter lägen nur Garagen und offenes Feld bis zum nächsten Dorf mit Namen Iwaniwske. Russlands Streitmacht habe die östliche Strassenseite erreicht und kontrolliere 99 Prozent von Bachmut. Aufgabe der ukrainischen Armee sei nun nur noch die Verzögerung des russischen Vormarsches westlich von Bachmut. Zudem wolle man versuchen, die Wagner-Truppen einzukesseln.
Einen ersten Hinweis auf diese Taktik lieferte Oleksandr Syrskij, Befehlshaber der ukrainischen Landstreitkräfte. «Die 'Wagner'-Söldner sind nach Bachmut wie die Ratten in die Mausefalle gekrochen», sagte der 57-Jährige vor wenigen Tagen bei einem Besuch im Frontgebiet.
«Wenn die Russen nicht sehr aufpassen, könnte es tatsächlich sein, dass es der Ukraine gelingt, sie zu umgehen und zu umzingeln», sagte dagegen Keupp im ZDF. Für die «Wagner»-Söldner sehe die Lage in Bachmut prekär aus, ihnen drohe trotz eigener Vorstösse die Einkesselung. «Ein interessantes Spektakel», so Keupp.
Auch «Wagner»-Chef Prigoschin bestätigte laut der Nachrichtenagentur Reuters den Vorstoss der ukrainischen Truppen in der umkämpften Stadt Bachmut. «Trotz der Tatsache, dass der Feind nur ein paar Prozent des Territoriums in Bachmut hat, scheint es nicht möglich zu sein, den Feind einzukesseln», sagt er in einer Audiobotschaft. «Infolge des Vormarsches des Feindes ... haben russische Fallschirmjäger Positionen eingenommen, die für den Feind einen Vorteil darstellen.»
Seit einigen Wochen konzentrieren sich die russischen Truppen auf die Defensive und versuchen die mehr als 800 Kilometer lange Front zu sichern – mit Panzergräben, Panzersperren und Schützengräben. Stellenweise gibt es drei Verteidigungslinien.
Verwendete Quellen:
(t-online, aj)
…militärische Vorgehen in Bachmut könnte Teil nämlich eines grösseren Plans…
Chli besser könnt ihr das schon, oder?