Die CIA geht bei der Anwerbung russischer Spione neuerdings überraschend offen vor. Kürzlich veröffentlichte der US-Geheimdienst ein rund zweiminütiges Video, das russische Männer und Frauen ansprechen soll, die sich mit dem Vorgehen ihrer Regierung in der Ukraine nicht identifizieren können. An diese Leute richtet das Video eine klare Botschaft: Meldet euch bei uns und gebt uns wertvolle Informationen weiter.
Laut CNN wurde das Video zuerst auf Telegram, dem bevorzugten Online-Netzwerk von Russinnen und Russen, die sich abseits der staatlich beeinflussten Medien informieren wollen, geteilt. Auch auf YouTube, Twitter, Instagram und Facebook wurde das Video anschliessend verbreitet.
Inhaltlich geht es im in russischer Sprache und aufwendig produzierten Werk um verschiedene Personen, vermeintliche Russinnen und Russen, die während ihres Alltags über wichtige Entscheidungen nachzudenken scheinen. Wie ein roter Faden ziehen sich dabei Bilder von familiären Situationen durch die knapp zwei Minuten Filmmaterial.
Die Zielgruppe wird dabei ohne zu zögern offenbart: Eine Frau arbeitet an einem Rechner, der in einem Geheimdienstquartier stehen könnte, ein Mann betritt ein russisches Regierungsgebäude, wo er seinen Ausweis zeigt und Einlass gewährt bekommt.
Am Ende des Videos sieht man die Frau im Auto sitzend und mit sich ringend, mit dem Handy in der Hand. «Contact CIA» steht auf dem kleinen Bildschirm geschrieben. Sie tippt auf diesen und lehnt sich erleichtert zurück – dann folgen Instruktionen, wie Russinnen und Russen die CIA auf sicherem Weg, via den Darknet-Browser TOR, kontaktieren können.
Ein anonymer CIA-Mitarbeiter nahm gegenüber CNN Stellung zum PR-Video. Er erklärt, dass Russland mit dem Angriffskrieg in der Ukraine eine «beispiellose Gelegenheit» für die USA geschaffen habe. Die CIA wolle Russen dazu bringen, «zu uns zu kommen und Informationen zu liefern, die die Vereinigten Staaten brauchen».
Es gebe in Russland immer Menschen, die sich mit der westlichen Lebens- und Denkweise identifizieren können und jene der russischen Elite ablehnten. Diese Menschen wolle man ansprechen und ihnen signalisieren, dass man sie verstehe, «vielleicht besser, als sie es erahnen können».
Man sei überzeugt, dass der Krieg in der Ukraine eine «einmalige Gelegenheit» geschaffen habe, Russinnen und Russen zu rekrutieren, da viele Menschen angewidert von dem seien, was Putin in der Ukraine tue – auch hochrangige Beamte und Geheimdienstmitarbeiter. Der CIA-Insider spricht gegenüber CNN davon, dass man «Tausende bis Zehntausende» Rückmeldungen erwarte.
Dass es sich beim Video auch um ein reines Propagandastück handeln könnte, weist der CIA-Beamte zurück. Der Minifilm sei «überhaupt nicht» dazu gedacht, Unruhe in der breiten russischen Bevölkerung zu schüren. Man sei sich bewusst, dass Putin noch immer grossen Rückhalt geniesse – stattdessen wolle man kritischen Einzelpersonen zeigen, dass eine risikolose Kontaktaufnahme mit der CIA kein Hexenwerk sei. (con)