International
Ukraine

Ukrainer beginnen mit Bergung von beschädigten Panzern – auch Leoparden

Bilder der Zerstörung nach dem gescheiterten Angriff der Ukraine auf Mala Tokmatschka.
Zwei verlassene Leopard 2A6, in der Mitte ein Bradley-Schützenpanzer.Bild: twitter/WM.blood

Ukrainer beginnen mit Bergung von beschädigten Panzern – weil sie diese brauchen

05.07.2023, 06:0605.07.2023, 13:56
Mehr «International»

Die Bilder des zerstörten westlichen Kriegsmaterials gingen um die Welt: Ausgebrannte Leopard-Panzer aus Deutschland rosten neben amerikanischen M2-Bradleys ohne Turm vor sich hin. Oder Bergepanzer mit britischen Räumschaufeln, die zerfetzt und schwarz vor Russ in den Feldern liegen.

epa10683896 A handout still image taken from a handout video provided by the Russian Defence Ministry?s press service on 10 June 2023 shows German ?Leopard-2A6? and American BMP M2 ?Bradley? tanks des ...
Die angreifende Kampfgruppe hat gegen eine der grundlegenden Einsatztechniken verstossen: kein Ansammeln von Panzern.Bild: keystone

Es sind die Überreste eines gescheiterten ukrainischen Vorstosses bei Mala Tokmatschka, nahe Saporischschja, vom 8. Juni. An diesem Tag sollte eine Kampfgruppe, bestehend aus der 47. Sturmbrigade und der 33. Mechanisierten Brigade, über ein Minenfeld in Richtung des südlich gelegenen Robotyne stossen. Robotyne, von den Russen gut ausgebaut und verteidigt, ist die erste grosse Hürde auf dem Weg in die Grossstadt Melitopol. Würden die Ukrainer bis dorthin, ans Schwarze Meer, kommen, hätten sie die russischen Kräfte in zwei geteilt.

Zerstörte Geniepanzer in der Ukraine.
Unten links: die drei Leopard 2R. Rechts: ein Bergepanzer 2 Wisent.Bild: Russisches Verteidigungsministerium

Doch so weit kam es (bislang noch) nicht. Der Vorstoss vom 8. Juni sollte als einer der verlustreichsten Tage der ukrainischen Gegenoffensive in die Geschichte eingehen. Zuerst wurde die herannahende Kampfgruppe von Helikoptern entdeckt und mit panzerbrechenden Raketen angegriffen. Vorerst zogen die Panzer weiter.

Allen voran waren Leopard 2R aus Finnland und deutsche Wisent-Bergepanzer. Damit sollten die zahlreichen Minen, die von den russischen Truppen dicht verlegt worden sind, aus dem Weg geräumt werden. Dies verlief nicht ganz so erfolgreich, wie wohl erwartet wurde: Drei der finnischen Minenräum-Leoparden (2R), ein Wisent und mehrere amerikanische M2-Bradleys fielen den Minen zum Opfer.

Bilder der Zerstörung nach dem gescheiterten Angriff der Ukraine auf Mala Tokmatschka.
Beiseite geräumte russische TM-62-Panzerminen bei Mala Tokmatschka.Bild: twitter/WM.blood

Die Fahrzeuge dahinter liefen auf, dann tobte die russische Artillerie über der Kolonne. Insgesamt verlor die Ukraine an diesem Tag rund 25 gepanzerte Fahrzeuge: 17 M2-Bradleys, vier Leopard 2A6, drei Leopard 2R und einen Wisent. Oder anders ausgedrückt: ein Fünftel aller Bradleys, die der Ukraine geliefert wurden. Ein Fünftel aller Leopard 2A6. Und die Hälfte aller Leopard 2R. Von denen gibt es übrigens sonst keine mehr. Denn Finnland hatte alle seine sechs Panzer und somit den weltweiten Bestand an die Ukraine vergeben. Ein herber Schlag.

Und doch scheint nicht aller Tage Abend zu sein: Ein unlängst veröffentlichtes Video zeigt die Besatzung eines deutschen Bergepanzers 2, wie sie einen «zerstörten» Bradley zum Abschleppen vorbereitet.

Daraus schliesst das US-amerikanische Magazin Forbes zweierlei: Einerseits sind die ukrainischen Kräfte bereits so weit in Richtung Robotyne/Tokmak vorgestossen, dass das Umfeld sicher genug für eine Bergung von beschädigten Fahrzeugen ist.

Und zum anderen scheinen die Ukrainer davon auszugehen, dass sie zumindest einen Teil der am 8. Juni zurückgelassenen Fahrzeuge wieder flott machen können. Das ist auch gut so, denn die Ukraine benötigt den Stahl auf Raupen dringend. Seit Beginn der Gegenoffensive sind bereits sieben Leoparden diverser Ausführungen zerstört oder zumindest beschädigt worden – ein Achtel aller Leos, die der Ukraine versprochen (und teils schon geliefert) wurden.

Doch sind es eben nicht nur die Kampfpanzer, die für die Gegenoffensive benötigt werden, sondern auch Genie-Panzer wie der Wisent. Unter Genie-Panzer versteht man eine Art gepanzertes Baufahrzeug. Untersuchungen haben ergeben, dass das Gebiet, in dem die Kampfgruppe am 8. Juni in die Falle geraten war, extrem dicht vermint war. Die russischen Truppen hatten schliesslich fast den ganzen Winter hindurch Zeit, ihre Verteidigungen zu härten. Das heisst, nicht nur Minen, sondern auch Panzersperren und Barrikaden verzögern die ukrainische Offensive.

Wisent, Bergepanzer 2 und Co.:
Der Wisent ist eine kampfwertgesteigerte (also verbesserte) Version des Bergepanzers 2, welche von Dänemark und Deutschland genutzt wird. Er basiert auf dem Chassis des Leopard 2 und verfügt unter anderem über einen Hebekran sowie ein Minenräumschild. Die Schweizer Armee indes verfügt seit 2004 über 25 Exemplare des moderneren Bergepanzers 3, genannt Büffel. Die genannten Modelle können mit Minenräumpflügen ausgestattet werden.

So ist nun zu hoffen, dass die Ukrainer auch die drei zumindest beschädigten Leopard 2Rs wieder instand setzen können. Die finnischen Boliden mit britischem Minenräumpflug können nebst effizienter Minenbeseitigung auch Schützengräben füllen und Erdwälle aushöhlen.

Ein finnischer Leopard 2R.
Der Leopard R2 durchpflügt die Erde nach Minen und stösst sie beiseite.Bild: Finnische Armee

Doch die Bergung der Minenräumer dürfte im wahrsten Sinne des Wortes kein leichtes Unterfangen werden. Ein Leopard R2 wiegt rund 60 Tonnen. Eventuell bedarf es gar zweier Bergepanzer, um das finnische Stahlmonster an eine befestigte Strasse zu bringen, von wo es dann per Sattelschlepper in die Werkstatt geht. Kein leichtes Unterfangen, aber auch kein unmögliches.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
120 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
braunovic
05.07.2023 06:21registriert März 2017
hier sieht man den Unterschied zwischen den westlichen und den russischen Panzer. Die westlichen Panzer sind noch in einigermassen gutem Zustand und haben keinen Panzerturm der abseits liegt und der Panzer total zerstört (russische). Also können sie geborgen und repariert werden. Die Besatzungen können auch einfacher vom defekten Panzer evakuieren.
9319
Melden
Zum Kommentar
avatar
magnet1c
05.07.2023 06:35registriert Mai 2018
Seit diesen ersten Tagen der Gegenoffensive hat die Ukraine dazu gelernt. Viele der liegen oder verlassen gebliebenen Fahrzeuge wurden geborgen und können repariert werden. Anhand der Bilder waren nur wenige Fahrzeuge zerstört, im Gegensatz zu russischen Fahrzeugen. Ferner hat die Ukraine gewaltige Mengen an russischen Fahrzeugen erbeutet..
6914
Melden
Zum Kommentar
avatar
Teslanaut
05.07.2023 11:33registriert Januar 2016
Wenn man dies liest packt einem einfach die Wut über unsere Politiker! Es wiederholt sich dasselbe wie im 2. Weltkrieg - die Schweizer Regierung entpuppt sich als feige und verlogen. 96 Leo‘s1 stehen in Italien, Panzer die die Ukrainer dringend brauchen können - und unsere Regierung versteckt sich hinter dem Lügengebilde „Neutralität“
5310
Melden
Zum Kommentar
120
AfD-naher Bundeswehr-Offizier gesteht Spionage für Russland

Ein Offizier der deutschen Streitkräfte hat gestanden, sich Russland mit militärischen Informationen als Spion angedient zu haben. Die Angst vor einer nuklearen Eskalation des Ukraine-Kriegs habe ihn getrieben, sagte der 54-Jährige am Montag am Düsseldorfer Oberlandesgericht aus.

Zur Story