Die Explosion ist gewaltig und übertrifft alle bisher ähnlich gefilmten Szenen: Ein Video, das seit 36 Stunden in den sozialen Netzwerken für Aufsehen sorgt, zeigt einen T-54/55-Panzer, der von einer Rakete getroffen und von der anschliessenden riesigen Detonation pulverisiert wird – eine Explosion so gross, dass sie unmöglich von der Panzerabwehrwaffe allein stammen kann. watson hatte berichtet.
Inzwischen verdichten sich die Hinweise, dass diese Drohnenaufnahme den Einsatz eines russischen Kamikaze-Panzers zeigt, der mit Tonnen von Sprengstoff befüllt wurde. Doch anstatt auf eine ukrainische Stellung zu treffen und dort Verheerungen anzurichten, ist der Panzer bereits im Vorfeld auf eine Mine gefahren und fahruntüchtig geworden. Ein ukrainisches Panzerabwehrteam hat dem wohl unbemannten Fahrzeug danach aus sicherer Entfernung den spektakulären Todesstoss versetzt.
Russian Army sent a T-54/55 VBIED filled with 6 tonnes of TNT on Ukrainian lines near Marinka, Donetsk region.
— Clash Report (@clashreport) June 18, 2023
The attempt failed as the remotely-controlled bomb ran into a mine 100m from the front line & then was then hit by a Ukrainian RPG shot. pic.twitter.com/511RBB0CgL
Der Ort des Geschehens befindet sich angeblich südlich von Marjinka im Donbass. Dort haben sich die Ukrainer entlang einer Baumlinie in Stellungen eingegraben, welche die Russen nun offenbar durch den Einsatz von Sprengpanzern zu zerstören versuchen.
Ist der Angriff mit dem ferngesteuerten, alten T-54/55-Kampfpanzer noch eindeutig gescheitert, zeigt ein weiteres Video einen ebenfalls zum Sprengpanzer umgebauten MT-LB-Schützenpanzer, der mitten in derselben oder einer ähnlichen Baumreihe explodiert. Welche Schäden er dabei angerichtet hat, lässt sich noch nicht abschätzen.
Russian forces in the Marinka area have repeatedly used VBIEDs over the past few days to hit a single Ukrainian-held treeline south of the town.
— OSINTtechnical (@Osinttechnical) June 19, 2023
As seen here, an MT-LB rolls into the treeline before detonating. pic.twitter.com/vr0bTDjSGP
Nach diesen ersten Bildern tauchen fast stündlich weitere Belege für den Einsatz dieser in der Ukraine neuartigen russischen Waffe auf. Vom russischen Verteidigungsministerium selbst stammt ein Video, das russische Soldaten beim Beladen eines MT-LB-Fahrzeugs mit Bomben, Minen und Sprengmitteln zeigt.
Laut Analysten ist es bis Dienstagabend zu mindestens vier solcher Angriffe gekommen; einer mit dem besagten T-54/55-Kampfpanzer, drei weitere mit MT-LB-Kettenfahrzeugen. Einer der Angriffe hat wohl in der Gegend um Saporischschja stattgefunden. Einer der russischen Kamikaze-Panzer könnte gemäss unbestätigten Angaben von einer – welche Ironie – Kamikaze-Drohne gestoppt worden sein.
In der Fachsprache werden solche Angriffe VBIED abgekürzt: Vehicle-Borne Improvised Explosive Device; also auf Fahrzeugen verladene improvisierte Sprengladungen. In Irak und Afghanistan erlangten Selbstmordattentate mit in die Menge oder Gebäude fahrenden Autobomben traurige Berühmtheit.
In der Ukraine scheinen die Russen ihre Sprengpanzer dagegen aus der Luft via Drohnen fernzusteuern. Den ehemaligen US-Generalleutnant und Nato-Befehlshaber Mark Hertling beeindrucken solcherlei Taktiken gleichwohl nicht: «Was für eine dumme Art der mechanisierten Kriegsführung durch die Russen», kritisiert der bekannte Militäranalyst auf Twitter die Vergeudung der ohnehin schwindenden Panzerbestände.
Alles schon mal dagewesen, sagt sich die Zunft der Militärhistoriker. Im Zweiten Weltkrieg entwickelten die Deutschen spezielle «Ladungsträger», welche per Kabelfernsteuerung Sprengpakete gegen feindliche Bunker und Stützpunkte heranführten oder selber zusammen mit der Sprengladung explodieren sollten. Der berühmteste solcher Sprengpanzer war der nur 1,50 Meter lange und knapp 60 Zentimeter hohe «Goliath».
In seinem berühmten Spielfilm «Der Kanal» von 1957 zeigte der polnische Regisseur Andrzej Wajda in einer eindrucksvollen Szene die Panik, welche die deutschen «Goliaths» bei den Verteidigern während des Warschauer Aufstands auslösten.
In der Realität bewährten sich die ferngesteuerten Mini-Panzer jedoch nur höchst selten. Aufgrund ihres langsamen Fortkommens von bloss 10 Stundenkilometern und ihrer dünnen Panzerung konnten sie von vorbereiteten Gegnern leicht abgeschossen werden. Oder sonst reichte es schon, wenn ein Wagemutiger das Kabel der Fernsteuerung mit einer Zange durchtrennte.
Die bisherigen Bilder aus der Ukraine zeigen noch nicht mit abschliessender Genauigkeit, ob die Russen mit ihrer Version der Kamikaze-Panzer erfolgreicher sein werden. (aargauerzeitung.ch)
Putin fährt zum Ende seiner zweifelhaften Karriere sich selber und mit ihm ganz Russland an die Wand.
Und die eigene Bevölkerung applaudiert.