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Ukraine-Krieg: Russland erobert Marjinka – Awdijiwka könnte fallen

Residential buildings razed to the ground and shell craters are seen on an aerial view of Maryinka, an eastern city where heaviest battles with the Russian troops have been taking place in the Donetsk ...
Bereits im Mai 2023 war von Marjinka nicht mehr viel übrig.Bild: keystone

Die «befreiten» Städte: Was Russland mit Trümmern will

Am Montag gab Russland bekannt, die ostukrainische Kleinstadt Marjinka erobert zu haben. Gestern bestätigte der ukrainische Oberbefehlshaber den Rückzug aus der Stadt. Doch was hat Russland damit gewonnen?
27.12.2023, 18:0028.12.2023, 14:03
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Die Stadt ist völlig verwüstet und menschenleer, die russische Flagge weht über einem Trümmerhaufen. Nach Monaten erbitterten Widerstands musste sich die ukrainische Armee vorläufig aus Marjinka zurückziehen.

Das Schicksal von Marjinka

Marjinka ist eine Kleinstadt in der ukrainischen Oblast Donezk. Sie liegt etwa 25 Kilometer südwestlich der von Russland besetzten Gebietshauptstadt Donezk. Bereits im Rahmen des Bürgerkriegs 2014 und 2015 im Donbass gab es um die Stadt Gefechte, doch die ukrainische Armee konnte Marjinka verteidigen. 2022 begann mit dem russischen Überfall auf die Ukraine auch der Kampf um die Kleinstadt mit ehemals etwa 9000 Einwohnern. Seit einigen Monaten nun kämpfte sich die russische Armee Strasse um Strasse weiter vor.

Jetzt eroberten russische Truppen Marjinka – Zivilisten leben seit über einem Jahr keine mehr dort, die Stadt ist völlig zerstört. Der russische Propagandasender RT veröffentlichte Aufnahmen der Stadt, mit dramatischer Musik unterlegt:

Was will Russland in Marjinka?

Der Krieg in der Ukraine ist seit Wochen, wenn nicht Monaten geprägt von einem Stellungskrieg. An der Front im Süden und im Osten des überfallenen Landes verzeichnet keine der Seiten grosse Geländegewinne, doch der Blutzoll ist hoch. Die Grabenkämpfe fordern viele Verluste, besonders auf russischer Seite.

Obwohl Marjinka völlig zerstört ist, hat es für Russland eine strategische Bedeutung. Die Stadt war wichtig für den ukrainischen Widerstand in der Region. Die ukrainischen Truppen haben sie nun vorläufig den Besatzern überlassen und müssen sich weiter nördlich zurückziehen und dort neue Verteidigungslinien bereit machen.

epaselect epa11044724 Valerii Zaluzhnyi, Commander-in-Chief of the Armed Forces of Ukraine, addressing a press conference in Kyiv, Ukraine, 26 December 2023 amid the Russian invasion. Zaluzhnyi spoke  ...
Der ukrainische Generalstabschef Walerij Saluschnyj musste am Dienstag zugeben, dass sich die ukrainische Armee aus Marjinka zurückgezogen hat.Bild: keystone

Die Kleinstadt liegt in der Oblast Donezk. Diese ist eine der ukrainischen Oblasten (Regionen), die Russland letztes Jahr völkerrechtswidrig annektierte. Doch Teile dieser Region sind immer noch unter ukrainischer Kontrolle. Das Minimalziel Russlands ist es, die Oblast Donezk vollständig unter seine Kontrolle zu bringen. Darum opferten die russischen Truppen so viel auf, um eine Kleinstadt wie Marjinka zu erobern.

Ein weiteres Video von einem russischen Staatssender zeigt, wie Soldaten stolz das eroberte Marjinka präsentieren:

Das nächste russische Ziel: Awdijiwka

Die ukrainische Armee hat in der Rolle des Verteidigers einen Vorteil und will ihrerseits versuchen, Russland daran zu hindern, die ganze Oblast Donezk zu erobern. Weiter umkämpft ist etwa die Stadt Awdijiwka, die etwa 15 Kilometer nördlich von Donezk liegt und vor dem Krieg etwa 30'000 Einwohner hatte – inzwischen harren noch etwa 1000 Zivilisten in der Stadt aus.

Der ukrainische Generalstabschef Saluschnyj sagte am Dienstag, Awdijiwka könnte in zwei, drei Monaten fallen.

«Wir müssen uns nicht an eine bestimmte Siedlung klammern und eine Show oder Trauer darum veranstalten.»
Walerij Saluschnyj
epaselect epa10825890 A local woman reacts as she tell the police about how her house was recently shelled in Avdiivka settlement near a front line in Donetsk region, Ukraine, 28 August 2023. The Whit ...
Nur wenige harren noch in Awdijiwka aus, 28. August 2023.Bild: keystone

Die ukrainische Armee würde die Stadt, solange es geht, verteidigen. Doch Priorität sei es, die eigenen Soldaten für eine spätere Rückeroberung aufzusparen.

Was macht Russland mit «befreiten» Städten?

Die mehrheitlich ethnisch ukrainische Bevölkerung von Marjinka ist längst geflüchtet. Russland könnte in der Folge eigene Bürgerinnen und Bürger ansiedeln und die völlig zerstörte Stadt wiederaufbauen.

Im Fall der bereits im Mai 2022 gefallenen ukrainischen Grossstadt Mariupol, die ebenfalls in der Oblast Donezk liegt, bemüht sich Russland, die in weiten Teilen zerstörte Stadt wieder aufzubauen, und inszeniert das Ganze propagandistisch. So tauchte der russische Präsident Wladimir Putin im März im wiederaufgebauten Theater von Mariupol auf, wo er sich medienwirksam fotografieren liess.

In this photo taken from video released by Russian TV Pool on Sunday, March 19, 2023, Russian President Vladimir Putin escorting by Russian Deputy Prime Minister Marat Khusnullin visits the Mariupol t ...
Putin besuchte im März 2023 medienwirksam das Theater in Mariupol.Bild: keystone
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81 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Max Dick
27.12.2023 18:57registriert Januar 2017
Bis die Ukraine wirklich genug anständige Waffen aus dem Westen hat (ich hoffe noch immer auf ein komplettes Umdenken) muss es die Strategie der Ukraine sen, dass die Russen für unwichtige Ziele möglichst viele Soldaten opfern, und die ukrainischen Verluste auf der anderen Seite möglichst gering sind. Hoffe sehr das ist im Fall von Marjinka geglückt.
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_kokolorix
27.12.2023 18:38registriert Januar 2015
In Mariupol ist nichts wieder aufgebaut, ausser einigen ganz wenigen Propagandaobjekten. Die Bilder des Kremls sind so gemacht, dass man den Eindruck einer komplett normalen Stadt bekommt. Unabhängige Aufnahmen zeigen farbig angepinselte Plattenbauten vor russgeschwärzten Ruinen.
Das einzige, was dort ganz sicher hervorragend funktioniert, sind die Büros und Folterkeller der Geheimdienste.
Im Hervorheben von Prestigeprojekten waren schon die Sowjets Meister. Dass daneben kaum etwas richtig tut, kümmert dort niemanden.
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Hans12
27.12.2023 18:50registriert September 2019
In der Schweiz leben viele den sanktionierten Oligarchen nahestehen Personen und können sie frei bewegen und frei über die Gelder verfügen. Das SECO macht wirklich keinen guten Job und versteckt sich hinter EU Sanktionen. An unseren Händen klebt mit jedem Tag mehr Blut wenn sich das nicht ändert.
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