Die Vorwürfe aus den USA kursieren seit langem, und im November 2022 hat der russische Wagner-Söldnerchef Jewgeni Prigoschin auch erstmals eingestanden, dass er sich in die Wahlen der US-Amerikaner eingemischt hatte. Es war damals das erste Eingeständnis eines einflussreichen Russen, dass es tatsächlich Bemühungen gab, die Wahlen des Erzfeindes zu beeinflussen.
Nun hat der skrupellose Geschäftsmann, Ex-Mafioso und verurteilte Verbrecher erstmals konkret erklärt, wie er bei den Präsidentschaftswahlen aktiv wurde. Am Dienstag erklärte er, dass er die «Internet Research Agency» (IRA) gegründet und anschliessend weiter finanziert habe, wie die Nachrichtenagentur Reuters schreibt. Die US-Regierung bezeichnet das Netzwerk als «Trollfarm».
«Ich war nie nur der Financier der «Internet Research Agency». Ich habe es mir ausgedacht, ich habe sie geschaffen, ich habe sie lange Zeit verwaltet», sagte Prigoschin in einem Beitrag, der vom Pressedienst seiner Concord-Catering-Gruppe in den sozialen Medien geteilt wurde.
Laut Prigoschin ging es bei der Schaffung des Netzwerks darum, den «russischen Informationsraum vor der unanständigen und aggressiven antirussischen Propaganda des Westens zu schützen».
Die «Internet Research Agency» (IRA) ist auf dem Papier ein normales, in St.Petersburg ansässiges Unternehmen. Laut der russischen Zeitung «Novaya Gazeta» wurde die IRA 2013 gegründet, das Hauptquartier des Unternehmens soll sich im vornehmen St.Petersburger Viertel Olgin befinden. Die Aufgabe der Trolle ist simpel: Online-Propaganda betreiben, um politische und wirtschaftliche russische Anliegen salonfähiger zu machen. Berichten zufolge arbeiteten zeitweise bis zu 1000 Personen für die IRA.
2017 legte der US-amerikanische Geheimdienstverbund IC einen Bericht vor, wonach die IRA bereits in den Jahren 2014 und 2015 angefangen hatte, sich online für Donald Trump als künftigen US-Präsidenten starkzumachen – und im Gegenzug Kontrahentin Hillary Clinton schlechtzureden.
Die Trolle von Putin und Prigoschin nutzten dabei Fake-Konten in den sozialen Medien, in Foren von grossen Zeitungen und anderen Onlineaustausch-Plattformen, um Trump in der öffentlichen Wahrnehmung akzeptierter darzustellen, als er wohl war.
Schon damals wurde der Verantwortliche hinter der Trollarmee als «Financier, der ein enger Verbündeter von Wladimir Putin ist und Verbindungen zum russischen Geheimdienst aufweist», bezeichnet. Attribute, die zu Prigoschin passen. Dieser aber gestand nie offiziell ein, hinter der Trollfabrik zu stecken – bis zum 14. Februar 2023.
Da drängt sich die Frage auf, weshalb Prigoschin ausgerechnet jetzt, Jahre nach der eigentlichen Propaganda-Attacke, verkündet, für die Trollfabrik verantwortlich zu sein – und dabei besonders selbstherrlich betont, dass er die treibende, entscheidende Kraft hinter dem Projekt war.
Ein möglicher Grund könnte der stockende Angriff russischer Truppen und insbesondere auch Prigoschins Wagner-Söldnern auf die seit Wochen umkämpfte Kleinstadt Bachmut sein.
Laut der US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) veröffentlichte Prigoschin beinahe zeitgleich mit der Pressemeldung bezüglich der IRA eine mit Schimpfwörtern gefüllte Tirade, in der er betonte, dass seine Wagner-Söldner aufgrund der verstärkten ukrainischen Verteidigung im Gebiet noch lange nicht in der Nähe einer Einkreisung der Ortschaft seien. Dies ist das erklärte Ziel der Russen, um die Kleinstadt, deren tatsächliche strategische Bedeutung umstritten ist, einzunehmen.
Prigoschin hatte sich in den letzten Monaten in Russland vermehrt mit deutlichen Aussagen zu Wort gemeldet und dabei auch nicht vor Kritik an hochrangigen russischen Generälen zurückgeschreckt. Mit seinen Auftritten schaffte es der 61-Jährige, sich in der russischen Öffentlichkeit zu profilieren und an Einfluss im russischen Machtgefüge zu gewinnen.
Beobachter gehen davon aus, dass Prigoschin Ambitionen auf eine höhere Position innerhalb der russischen Politik hat und auf einen offiziellen Posten schielt. Sollten seine Truppen in Bachmut, dessen Einnahme er bereits einmal vorschnell verkündet hatte, scheitern, so würde sein öffentliches Ansehen leiden. Gut möglich also, dass er mit dem Trollfabrik-Geständnis versucht, Gegensteuer zu geben.
Mit Söldnern und Trollen hat er jedenfalls üblen Einfluss genommen und sich schlimmster Verbrechen schuldig gemacht.
So etwas darf nicht ungestraft bleiben!
Morgen werden wir bestimmt was von Medwedev hören..