Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwartet von der Münchner Sicherheitskonferenz weitere militärische Hilfe für die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland. «Es gibt wichtige Erklärungen von den Führern der Welt zur Unterstützung unseres Staates, und es gibt Signale zur Stärkung der Waffen für unsere Verteidigung», sagte Selenskyj am Samstagabend in seiner täglichen Videoansprache. Dies gelte insbesondere für Raketen mit grösserer Reichweite.
Die Erklärungen von München machten deutlich, dass der von Kremlchef Wladimir Putin befohlene Angriffskrieg gegen die Ukraine nur mit einer Niederlage für den Aggressor enden könne. Man habe zudem konkrete Vereinbarungen mit den Partnern darüber erzielt, dass Russland für die Invasion zur Rechenschaft gezogen werde.
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Selenskyjs Äusserungen waren vor allem eine Reaktion auf ein Versprechen des britischen Premierministers Rishi Sunak. Sunak hat in München weitere Waffenhilfe für die Ukraine zugesagt. «Jetzt ist der Moment gekommen, unsere militärische Unterstützung zu intensivieren», sagte Sunak. «Gemeinsam müssen wir der Ukraine helfen, ihre Städte vor russischen Bomben und iranischen Drohnen zu schützen. Und deshalb wird Grossbritannien das erste Land sein, das der Ukraine Waffen mit grösserer Reichweite zur Verfügung stellt.» Details nannte er nicht.
Selenskyj ging in seiner Rede auch auf die russischen Raketenangriffe am Morgen ein. Diese hätten nur zu einem kurzfristigen Ausfall des Stromnetzes geführt. Derzeit seien fast alle Regionen der Ukraine wieder am Netz, betonte Selenskyj. Für Kiew ist das ein symbolischer Erfolg, da die russischen Raketenangriffe seit Oktober auf die Zerstörung der ukrainischen Energie-Infrastruktur zielen. Kälte und Dunkelheit mitten im Winter sollten die Ukrainer demotivieren, den Krieg weiter zu führen.
Russland hatte am Samstag erneut mit Raketen, darunter auch mit Lenkwaffen vom Typ Kalibr, auf die Ukraine geschossen. In der westukrainischen Stadt Chmelnyzkyj wurden Einschläge gemeldet. Zwei Personen wurden Behördenangaben zufolge verletzt, mehrere Wohnhäuser beschädigt.
Die Ukraine hofft Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk zufolge bereits im Sommer auf ein Beitrittsangebot der Nato. «Wir erwarten, dass die Ukraine beim Gipfel in Vilnius eine Einladung bekommt und ihren Weg in die Allianz beginnt», sagte Stefantschuk am Samstag im ukrainischen Fernsehen. Stefantschuk verwies darauf, dass am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz bereits «über Fragen im Zusammenhang mit einer Einladung an die Ukraine in die Nato diskutiert» werde. Der von Stefantschuk genannte Nato-Gipfel tagt am 11. und 12. Juli in der litauischen Hauptstadt Vilnius.
Nach der Ankündigung eines chinesischen Friedensplans hat der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba für sein Land jegliche Gebietsverluste kategorisch ausgeschlossen. Es sei auch im Interesse der Ukraine, dass China eine Rolle bei der Suche nach Frieden spiele, die territoriale Integrität der Ukraine sei aber nicht verhandelbar, sagte Kuleba am Samstag am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. «Es sind keine Kompromisse möglich, nicht über den geringsten Quadratmeter.»
Zuvor hatte bei der Tagung in München Chinas oberster Aussenpolitiker Wang Yi eine eigene Initiative für ein Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine angekündigt. «Wir werden etwas vorlegen. Und zwar die chinesische Position zur politischen Beilegung der Ukraine-Krise», sagte Wang Yi laut offizieller Übersetzung. «Wir werden auf der Seite des Friedens und des Dialoges standfest stehen.» Der chinesische Diplomat will nach der Konferenz in München direkt nach Moskau reisen.
Nach Meinung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kann der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine nur durch Verhandlungen ein Ende finden. «Ich will die Niederlage Russlands in der Ukraine und ich will, dass die Ukraine ihre Position verteidigen kann, aber ich bin überzeugt, dass das letztlich nicht militärisch abgeschlossen wird», sagte Macron französischen Medien. In dem Interview der Zeitungen «Le Figaro» und «Le Journal du Dimanche» sowie des Senders France Inter führte Macron aus: «Keine der zwei Seiten kann vollständig siegen.» Macron bekräftigte, dass es nun eine Militäroffensive der Ukraine brauche, um Russland an den Verhandlungstisch zurückzuholen.
Derweil gehen die Kämpfe im Osten der Ukraine weiter. Das russische Militär hat nach eigenen Angaben eine weitere Ortschaft im Gebiet Charkiw im Nordosten der Ukraine eingenommen. «Im Raum Kupjansk wurde die Ortschaft Hrjanykiwka im Gebiet Charkiw durch Angriffshandlungen der Heeresgruppe »West« vollständig befreit», sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau, Igor Konaschenkow, am Samstag.
Die russische Rüstungsindustrie hat nach eigenen Angaben die Produktion von Hyperschallraketen des Typs Kinschal (Dolch) deutlich gesteigert. «Auf's Fliessband gebracht wurde sie schon lange, zunächst war keine grosse Anzahl erforderlich. Jetzt steigern wir», sagte der Chef der russischen Rüstungsholding Rostec, Sergej Tschemesow, am Samstag im russischen Fernsehen.
Am letzten Tag der Münchner Sicherheitskonferenz geht es erneut auch um den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Als Redner werden unter anderen der Hohe Vertreter der EU für Aussen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, und Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko erwartet.
In der Ukraine versuchen weiterhin Kräfte der russischen Söldnergruppe Wagner, die Stadt Bachmut im Gebiet Donezk einzunehmen. (sda/dpa)