Vor zwei Jahren, am 24. Februar 2022, hat der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Seitdem sind auf beiden Seiten zehntausende Soldaten und Zivilisten gefallen – die genaue Zahl lässt sich allerdings nur schwer feststellen.
Sowohl Russland als auch die Ukraine geben wenig Informationen zu ihren eigenen Verlusten preis. Einerseits wollen sie, dass die Moral der Truppe intakt bleibt, andererseits soll die Unterstützung der Öffentlichkeit nicht gefährdet werden. Deshalb gibt es von keiner Stelle zuverlässige Zahlen zu den Kriegsopfern.
Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte (OHCHR) gab an, dass der Krieg bis zum 31. Januar 2024 mindestens 10'378 Todesopfer in der ukrainischen Zivilbevölkerung gefordert hat – darunter seien auch mindestens 579 Kinder. Darüber hinaus wurden laut Angaben des OHCHR weitere 19'632 Zivilisten verletzt, darunter 1'284 Kinder.
Bei diesen Angaben handelt es sich um zivile Opfer, die durch die UN bestätigt wurden. Allerdings vermutet das OHCHR, dass es sich in der Realität um eine deutlich höhere Anzahl an Verletzten und Toten in der Ukraine handelt. Grund dafür ist, dass sich der Austausch von Informationen wegen intensiver kriegerischer Auseinandersetzungen verzögert hat. Ausserdem wurden zahlreiche Berichte noch nicht bestätigt – zum Beispiel aus Mariupol, Lyssytschansk, Popasna und Sievierodonetsk. Dort soll es besonders viele zivile Opfer gegeben haben.
Westliche Geheimdienste veröffentlichen vor allem Zahlen zu Verlusten auf russischer Seite. Laut einem Bericht eines US-Geheimdienstes vom Dezember 2023 seien 315'000 Soldaten gefallen oder verletzt.
Der Militärexperte Wolfgang Richter vom Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik äusserte sich im Dezember 2023 gegenüber dem ZDF zu diesen Zahlen: Seiner Einschätzung zufolge sei die ungefähre Grössenordnung korrekt, die konkrete Verlustzahl sei jedoch zu hoch gegriffen. Wenn diese der Wahrheit entsprechen würde, «hätte Russland schon längst eine neue Mobilisierung einleiten müssen».
Nach seinen Berechnungen belaufen sich die irreversiblen Verluste auf rund 250'000 Gefallene und Schwerverletzte aus der russischen Armee. In der Ukraine seien es laut Richter über 120'000 irreversible Verluste (Stand Dezember 2023).
Laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur «Tass» nannte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu im Dezember 2023 eine Zahl von mindestens 383'000 Ukrainerinnen und Ukrainer, die seit Februar 2022 im Krieg gefallen seien oder verwundet wurden.
Wie viele Verluste auf der russischen Seite zu verzeichnen sind, nannte Schoigu nicht. Er betonte jedoch, dass es sich bei der russischen Armee um die «am besten ausgebildete und kampffähigste der Welt» handle. Ausserdem berichtete er, dass über 98 Prozent der Verwundeten wieder gesund würden – die Sterblichkeitsrate betrage weniger als ein halbes Prozent und würde weiter sinken.
Das ukrainische Onlinemedium «The Kyiv Independent» veröffentlichte am 20. Februar 2024 vorläufige Schätzungen der ukrainischen Streitkräfte über die Verluste auf russischer Seite. Laut diesen Angaben handelt es sich um 406'180 gefallene russische Soldaten.
These are the indicative estimates of Russia’s combat losses as of Feb. 20, according to the Armed Forces of Ukraine. pic.twitter.com/aGPP22V0Ii
— The Kyiv Independent (@KyivIndependent) February 20, 2024
Wie man anhand der teils sehr unterschiedlichen Zahlen sieht, lässt sich keine verlässliche Aussage über die tatsächliche Anzahl an Verlusten treffen. Was sich allerdings sagen lässt: Auch wenn aufgrund verhärteter Fronten der Eindruck eines Stillstands aufkommt, dauern die Kämpfe in der Ukraine weiter an und es fallen täglich weitere Soldaten.
Ist Kopfgeld für den einzigen verantwortlichen Aggressor Putin noch immer tabu?