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Attentat auf Trump: Sicherheitsexperten üben scharfe Kritik

Republican presidential candidate former President Donald Trump is helped off the stage by U.S. Secret Service agents at a campaign event in Butler, Pa., on Saturday, July 13, 2024. (AP Photo/Gene J.  ...
Donald Trump unmittelbar nachdem während eines Wahlkampfanlasses in Pennsylvania auf ihn geschossen wurde.Bild: keystone

«Albtraum des Secret Service» – grosse Kritik an Sicherheits-Vorkehrungen nach Attentat

Während einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania wurde Donald Trump angeschossen. Der Schütze lag auf einem Hausdach in der Nähe. Wie konnte das passieren?
14.07.2024, 19:4814.07.2024, 23:25
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Das Attentat auf den ehemaligen Präsidenten Donald Trump schockiert die Welt. Während einer Wahlkampfveranstaltung in Butler, Pennsylvania, schoss ein auf einem Hausdach liegender Schütze auf Donald Trump. Dieser wurde er von einer Kugel am Ohr getroffen. Eine Person starb, zwei weitere wurden verletzt.

Das Wall Street Journal nennt das Attentat den «Albtraum des Secret Service» und «die vielleicht grösste Sicherheitskrise für die Behörde», seit Ronald Reagan im Jahr 1981 angeschossen worden sei.

Die Tatsache, dass der Schütze bereits vor dem Attentat von mehreren Personen mit einer Waffe gesichtet wurde, wirft die Frage auf: Wie konnte das passieren?

So schätzen Sicherheitsexperten das Attentat ein.

Schütze befand sich nicht im gesicherten Bereich

Bereits an der Pressekonferenz, die nach dem Attentat einberufen wurde, drängten sich Fragen auf. Eine Person wollte wissen, ob das Dach, auf dem sich der Schütze befand, – angesichts seiner Nähe zur Veranstaltung – Teil der Vorbereitungen gewesen sei. Der Oberstleutnant der Polizei von Pennsylvania, George Bivens, antwortete darauf:

«Soweit ich weiss, lag dieses ausserhalb des Geländes.»

Wie überrascht er gewesen sei, dass der Schütze in der Lage war, vier oder fünf Schüsse abzufeuern, wollte eine andere Person von FBI-Spezialagent Kevin Rojek wissen. «Das ist überraschend», räumte dieser ein, verwies aber auf weiterführende Ermittlungen.

Gelände ungenügend gesichtert

Für viele Sicherheitsexperten ist es unverständlich, wie es so weit kommen konnte. Gegenüber dem US-amerikanischen Fernsehsender NBC sprach Steve Nottingham, ehemaliger SWAT-(Special Weapons and Tactics)-Team-Offizier, «von einem fundamentalen Sicherheitsversagen». Orte wie das Dach hätten schon vor dem Anlass gesichert werden sollen.

Das betont auch der ehemalige ATF-Agent (Amt für Alkohol, Tabak, Schusswaffen und Sprengstoffe) Jim Cavanaugh gegenüber demselben Medium. Üblicherweise werde jede einzelne Anhöhe von Sicherheitskräften besetzt.

«Niemand darf auf Dächern herumlaufen.»

Dass das Dach ausserhalb des Einsatzbereiches gelegen haben soll, erstaunt umso mehr, wenn man die Distanzen in Betracht zieht. Gemäss Cavanaugh können Hochleistungsgewehre wie die verwendete AR-15 Ziele in einer Entfernung von 182 Metern treffen. Gemäss Analysen von Google-Earth-Bildern habe sich Donald Trump etwa 135 Meter vom Dach entfernt befunden.

«Riesige Sicherheitslücken»

Auch auf Twitter wird Kritik laut. Ein ehemaliger Einsatzoffizier einer Sniper-Einheit der US-Armee schreibt von «riesigen Sicherheitslücken». Anders sei es nicht möglich gewesen, aus 130 Metern auf Donald Trump zu schiessen. Dies sei ein «einfacher Schuss».

Mehrere Augenzeugen hatten den Schützen bereits vor dessen Angriff auf dem Dach gesehen. Gemäss Hall hätten lokale Polizisten eingesetzt werden müssen, um dieses Gebäude zu sichern. Zusätzlich hätten Drohnen zur Überwachung über dem Gelände eingesetzt werden sollen.

Auf mehreren Videos sind Sniper zu sehen, die auf Dächern liegen und das Gelände nach Bedrohungen absuchen. Das Problem laut Hall: Es seien nur Langwaffen vorhanden gewesen.

«In der Regel braucht man ein Sicherheitselement mit Sturmgewehren, das viel schneller eingreifen kann – vor allem innerhalb von 300 Metern. Sie konnten nicht schnell genug eingreifen.»

Die Scharfschützen hätten zwar gut getroffen und den Schützen neutralisiert, dies aber erst, nachdem Trump verwundet, eine Person getötet und zwei weitere verletzt worden seien. Grosses Versagen habe dazu geführt, dass die Bedrohung zu spät entdeckt worden sei.

Nicht alle üben Kritik

Der Oberstleutnant der Polizei von Pennsylvania, George Bivens, verteidigte die für die Sicherheit verantwortlichen Personen. Es sei unglaublich schwierig, einen öffentlich zugänglichen Veranstaltungsort gegen jede mögliche Bedrohung durch einen sehr entschlossenen Angreifer zu sichern.

Auch Donald Mihalek, ein ehemaliger leitender Mitarbeiter des Secret Service, wies auf die Schwierigkeiten der Absicherung hin. Gegenüber dem Wall Street Journal erklärte er, dass man nicht eine ganze Stadt abriegeln könne. Zudem werde die Arbeit durch die Wahlkampfsaison erschwert. Im Gegensatz zum Zeitplan des Präsidenten sei derjenige der Kandidaten oft unberechenbar. Teilweise kämen in letzter Minute noch Wahlkampf-Veranstaltungen hinzu. Dadurch habe der Secret Service weniger Zeit für die Planung.

Auf einen anderen Faktor wies der ehemalige Secret-Service-Mitarbeiter Paul Eckloff gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters hin. Er glaubt, dass die Agenten des Secret Service die Dächer schon im Vorfeld untersucht hätten, aber:

«Der Attentäter hat sich entweder versteckt, bis er zu einer Bedrohung wurde. Oder er war keine Bedrohung, bis er zu seiner Waffe griff.»

Der ehemalige Secret-Service-Agent Greg Gitschier äusserte sogar Lob. Die Agenten, die sich bei Trump aufgehalten hätten, hätten sehr gut und schnell reagiert.

«Sie haben ihn umzingelt und zugedeckt, sie haben versucht, ihn in die gepanzerte Limousine zu bekommen, als er seine Hand hochhielt und zur Faust ballte. So wie ich ihn kenne, weiss ich nicht, ob sie ihn in Schach halten können, aber offensichtlich werden sie seine Sicherheitsvorkehrungen erhöhen und es den Leuten etwas schwerer machen, ihn aus der Ferne zu sehen.»

Innerhalb weniger Stunden nach der Schiesserei wurden Ermittlungen eingeleitet. Die Direktorin des Secret Service, Kimberly Cheatle, muss dem Repräsentantenhaus am 22. Juli Red und Antwort stehen.

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44 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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yey
14.07.2024 20:28registriert August 2018
Bei der nächsten Veranstaltung einfach am Eingang gratis Waffen verteilen, denn jeder REP weiss: Je mehr Waffen, desto sicherer.
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N. Y. P.
14.07.2024 19:58registriert August 2018
Schütze befand sich nicht im gesicherten Bereich

Gewehrkugeln kümmern sich nicht um gesicherte Bereiche.

Ein Dach in 140 m Entfernung zu Trump wurde nicht gesichert. Wollte der Secret Service Gelegenheiten schaffen? Wäre ein Profi auf dem Dach gewesen, hätte er Trump erledigt.

Irgendwie stinkt die Sache.
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J. Iskariot
14.07.2024 20:28registriert Januar 2022
Die hatten letztendlich Glück, dass der Schütze so lausig war. Die Experten haben schon recht für die verwendete Plattform ist 130 Meter entferntes Personen grosses Ziel eigentlich nicht schwer zu treffen.

Mit dem Stgw90 was im Bezug auf das Kaliber vergleichbar ist, wissen wir das es auf 300 Meter durchaus machbar ist.
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