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Trumps Prophetinnen des Hasses

Trumps Prophetinnen des Hasses

Ohne Frauen würde der Trumpismus in den USA nicht funktionieren. Seine radikalsten Vertreterinnen heissen Kari Lake, Marjorie Taylor Greene und Candace Owens.
06.11.2022, 05:58
Bastian Brauns, Washington / t-online
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Former President Donald Trump speaks during a rally, Thursday, Nov. 3, 2022, in Sioux City, Iowa. (AP Photo/Charlie Neibergall)
Donald Trump.Bild: keystone
Ein Artikel von
t-online

Es waren Tonbandaufnahmen von Donald Trump, die seinen Sieg bei den Präsidentschaftswahlen 2016 einen Moment lang zu gefährden schienen. Er hatte sich sexuell abfällig über Frauen geäussert. Nicht zum ersten Mal. Seine Verteidiger taten es ab als «Locker Room Talk». So redeten Männer eben in der Umkleide, wenn Frauen nicht dabei seien. Die Befürchtung damals: Wählerinnen, besonders jene in den wichtigen Vororten, könnten zur Achillesferse von Donald Trump werden.

Das ist lange her. Inzwischen haben sich Frauen in Trumps «Make America Great Again»-Bewegung, kurz MAGA, zu seiner stärksten Waffe entwickelt. Geschickt lässt er ihnen Raum, teilt seine Macht mit ihnen und fördert sie gönnerhaft. Darunter die beiden Politikerinnen Kari Lake und Majorie Taylor Greene sowie die Aktivistin Candace Owens.

Um an Trumps Macht teilzuhaben, bilden die drei eine Art Club der Teufelinnen. Ihre wichtigste Gemeinsamkeit: Sie alle verbreiten Trumps Lüge vom Wahlbetrug. Ihr wichtigstes Ziel: Trumps Radikalität noch übertrumpfen, damit die Basis bei Laune gehalten wird. All das hilft Trump und macht sie damit zu einer Gefahr für die Demokraten. Wie sehr, zeigt der folgende Check:

Kari Lake

  • Name:
  • Alter: 53
  • Funktion: Gouverneurs-Kandidatin in Arizona
  • Gefährlichste Eigenschaft: Rhetorik & Radikalität
FILE - Arizona Republican gubernatorial candidate Kari Lake arrives to a rally with former President Donald Trump on Oct. 9, 2022, in Mesa, Ariz. The Republicans running for Arizona's three top s ...
Kari LakeBild: keystone

Jüngste Aktion: Eine Szene aus ihrem Wahlkampf Ende Oktober in Arizona verdeutlicht, warum Kari Lake so erfolgreich ist. Das wohl grösste politische Talent der Trumpisten steht auf einer Bühne in Morristown, nordwestlich von Phoenix, ein Auftritt bei einem Rodeo-Event. Über ihre demokratische Gegnerin im Kampf um den dortigen Gouverneursposten sagt sie: «Katie Hobbs glaubt, dass es 47 verschiedene Geschlechter gibt.» Das Publikum johlt. Eine Band spielt, während die Besucher die Bullenreiter bestaunen.

Lake ruft: «Ich habe zwar kein Biologiestudium, aber es gibt zwei Geschlechter, Leute. Zwei!» Unter dem Jubel der Menge fährt sie fort: «Weil wir hier beim Rodeo sind – Katie, ich habe eine Herausforderung für dich: Katie Hobbs, warum gehst du nicht raus und versuchst einen Stier zu melken und sagst mir, wie das geht?!» Vielleicht könne man die Demokratin ja «ganz vernünftig aufklären», höhnt Lake und ruft: «Schickt sie hier raus und lasst sie einen Bullen melken!»

Die von Trump unterstützte Republikanerin setzt voll auf den Kulturkampf gegen linke Identitätsthemen. Dass es nur wenige Trans-Menschen gibt, spielt für sie keine Rolle. Ebenso wenig, dass sie mit vielen Problemen zu kämpfen haben. Lake stilisiert sie zum Hauptthema der Demokraten und zum Sinnbild für eine Welt, die eigentlich ganz einfach wäre, würden Linke sie nicht unnötig verkomplizieren.

Dabei war sie einst durchaus in der Lage zu differenzieren: «Es gibt viele junge Menschen, die vor diesem schwierigen Dilemma stehen und Unterstützung benötigen», schrieb sie 2015 auf Facebook . Niemand müsse sich ja selbst umwandeln lassen. «Diese Menschen bitten nur um ein bisschen Verständnis oder Unterstützung.» Lake galt damals sogar als eine Art «Queen of the Gays».

Persönliche Begegnung: Zum ersten Mal live erlebte ich sie zwei Tage nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 bei der CPAC in Orlando, einer jährlich stattfindenden konservativen Politikkonferenz. Zum Krieg sagte sie kein Wort. Der Kulturkampf «Awake not woke» war ihr wichtiger. Sie hetzte den Saal voller rechtskonservativer Republikaner gegen anwesende Journalisten auf. Wie gut sie Stimmungen lenken, kontrollieren und kippen lassen kann, war eine lehrreiche Erfahrung.

Fazit zum Gefahrenpotenzial: Kari Lakes rhetorisches Geschick und ihr Charme können sich mit dem von Barack Obama messen lassen. Ihre demagogischen Botschaften sind die eines weiblichen Steve Bannon. Das macht sie zu Trumps gefährlichster Wahlkämpferin. Vielleicht macht er sie zur Vize-Kandidatin 2024. Die Gouverneurswahl in Arizona wird Lake wohl deutlich gewinnen. Damit hat sie direkten Einfluss auf die Auszählung von Wahlstimmen. Sollte Trump 2024 wieder nicht genug erhalten, Lake würde wohl so viele finden, wie er braucht. Ob sie eine Niederlage in Arizona akzeptieren würde, lässt sie offen.

Marjorie Taylor Greene

  • Name: Marjorie Taylor Greene
  • Alter: 48
  • Funktion: Kongressabgeordnete und Kandidatin aus Georgia
  • Gefährlichste Eigenschaft: Verschwörungsglaube & Gewaltbereitschaft
FILE - U.S. Rep. Marjorie Taylor Greene, R-Ga., speaks about Twitter, April 28, 2022, on Capitol Hill in Washington. Once shunned as a political pariah for her extremist rhetoric, the Georgia lawmaker ...
Marjorie Taylor GreeneBild: keystone

Jüngste Aktion: An Halloween war es wieder so weit. Marjorie Taylor Greene überschritt Grenzen und liess einen Wahlwerbespot unter dem Titel «Stoppt den Missbrauch» verbreiten. Der US-Präsident wird darin wenig subtil als Pädophiler dargestellt. Bedrohlich wirkende Musik, Horrorfilm-Optik, Szenen, die Joe Biden bei verschiedenen Anlässen zeigen, bei denen er Kinder berührt.

Das ist kein zufälliges Halloween-Produkt. Rechte Netzwerke und QAnon-Verschwörungsgruppen verbreiten seit Monaten, Biden würde kleine Mädchen anfassen. So zugespitzt bedient Taylor Greene die in den USA bekannte «Pizzagate»-Verschwörungsideologie. Die besagt: Aus einer Pizzeria in Washington heraus agiere ein Pädophilen-Netzwerk, das Kinder entführe, foltere und deren Blut tränke.

Neben Steve Bannon hetzte auch Marjorie Taylor Greene die Anhängerschaft von Trump vor dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar auf. Sie sagte Sätze wie: «Das ist unser 1776-Moment» oder «Wir können es nicht zulassen, die Machtübergabe einfach so 'friedlich' geschehen zu lassen». Sie gilt damit als eine der Hauptanstifterinnen zum gewaltsamen Aufstand.

Persönliche Begegnung: Marjorie Taylor Greene, kurz MTG, taucht immer dort auf, wo sie glaubt, mit ihren radikalen Ansichten punkten zu können. Ich traf sie mehrfach bei Demonstrationen gegen Abtreibungen vor dem Supreme Court in Washington. Meine Versuche, sie zu interviewen, wurden von Begleitern abgeblockt, die alle Scheitel, Vollbart und Sonnenbrillen trugen. Stets hiess es rüde: «America First», keine Interviews mit Ausländern. Tatsächlich will das MTG-Team vor allem eigene Propagandafilme drehen und kritischen Fragen aus dem Weg gehen.

Fazit zum Gefahrenpotenzial: Kaum ein Republikaner ist bereit, weiter zu gehen als Marjorie Taylor Greene. Zugleich sind wenige so prominent wie die markant blonde Frau aus Georgia. Bislang galt sie im US-Kongress neben Lauren Boebert als schrille Ausnahme aus dem QAnon-Lager. Sollten bei den Zwischenwahlen weitere Anhänger von Verschwörungsideologien in den Kongress gewählt werden, könnte ihre Macht wachsen. MTG in Schach zu halten, dürfte für einen künftigen Republikaner-Sprecher im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, schwer sein. Trump schützt und fördert sie.

Candace Owens

  • Name: Candace Owens
  • Alter: 33
  • Funktion: Aktivistin & Publizistin
  • Gefährlichste Eigenschaft: Reichweite & Minderheitenbonus
Nach New Hampshire ist klar: Diese Frau kann Trump schlagen
Ich tippe auf Candace Owens
Bild: comments://334446843/2404973

Jüngste Aktion: Unter dem Titel «Die grösste, jemals verkaufte Lüge: George Floyd» hat Candace Owens einen Dokumentarfilm produziert. In pseudo-neutraler Machart gehalten, begibt sich Owens darin auf die Suche nach der vermeintlichen Wahrheit. Zusammengefasst, wird der durch einen Polizisten getötete George Floyd als Drogenabhängiger dargestellt, der sein Leben selbst verpfuscht habe. Dem Täter Derek Chauvin, der wegen Körperverletzung mit Todesfolge und der fahrlässigen Tötung zu 22.5 Jahren Gefängnis verurteilt wurde, spürt Owens hingegen einfühlsam nach.

Sie diskreditiert Medien, schwarze Bürgerrechtler und Politiker, weil diese mit einer Lüge nur Geld verdienen wollen würden. Jüngst verteidigte Owens darum auch den Antisemiten und Rapper Kanye West, als dieser die Falschbehauptung verbreitete, George Floyd sei an einer Überdosis der Droge Fentanyl gestorben. Sie drohte damit, die Familie George Floyds zu verklagen, wenn die es wagen sollte, ihrerseits gegen die Lüge gerichtlich vorzugehen.

Persönliche Begegnung: Keine, bislang nur im digitalen Raum.

Fazit zum Gefahrenpotenzial: Candace Owens steht nicht zur Wahl für die Trumpisten. Aber als schwarze Frau und Publizistin ist sie ein einflussreiches Sprachrohr für diese. Einerseits dient sie ihnen als Feigenblatt für Rassisten. Deren Motto: Eine Bewegung könne ja nicht rassistisch sein, wenn Schwarze dabei sind. Owens hat andererseits durchaus Einfluss in schwarzen Communities. Sie steht für einen Trend bei Trump, gezielt Minderheiten für sich einzuspannen. Bei diesen Midterms kandidiert eine Rekordzahl von Schwarzen für die GOP. Auch Owens gilt für 2024 als mögliche Vize-Kandidatin für Trump.

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67 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Betty White's Ghost
06.11.2022 08:21registriert Juni 2022
Das Problem ist ja nicht, dass "linke Themen" kritisiert werden, sondern dass eine regelrechte Hetze betrieben und Menschen aufgestachelt werden.
Und dann ist da noch Marjorie Tyler Greene. Die hat einfach nen Sprung in der Schüssel.
Und wer jetzt sagt, eine Demokratie muss sowas aushalten können: Nein, muss sie nicht und tut sie auch nicht.
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stegiKnüller
06.11.2022 08:10registriert Dezember 2020
ich begriff es bereits 2016 nicht, dass so ein Vollpfosten die Wahl gewann und verstehe bis heute nicht, dass sich Frauen und Farbige hinter die Orange stellen.
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mrmikech
06.11.2022 09:24registriert Juni 2016
Das "pädo-video" ist nicht nur grenzwertig, es geht weit über die grenze, es ist reine verleumdung. Das soll strafbar sein.

Aber wenn das erlaubt ist, dann mach ein ähnliches video über Trump, über wie er mit Epstein umging, und gesagt hat, "I like them on the younger side, like Epstein". Und lass uns seine aussage nicht vergessen, wie er frauen als lustobjekt sieht, der "pussy grabber". Lockerroom talk, oder aussagen von einen vergewaltiger? Wer solls sagen...
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