Wenn das US-Repräsentantenhaus Donald Trump wie geplant am Mittwoch mit einer Anklage offiziell das Amtsenthebungsverfahren eröffnet, dann hat dies für den Präsidenten zwei ganz unterschiedliche Folgen.
Zum einen wäre das Votum ein historischer Makel für Trump. Er wird in die Geschichtsbücher eingehen als der dritte Präsident überhaupt, den die Parlamentskammer offiziell aus dem Amt entfernt sehen will. Eine solche nicht mehr auszuwetzende Schramme auf seiner Präsidentschaft wollte der stets um die eigene Bedeutung kreisende Trump unbedingt vermeiden.
Persönlich ist es also eine Schmach.
So ist auch sein Twitter-Dauerfeuer der vergangenen Tage zu sehen. Trump twittert atemlos wie noch nie. Allein am vergangenen Donnerstag feuerte der Präsident 123 Kurzbotschaften ab – ein neuer Rekord, und fast alle hatten das Impeachment zum Thema. Wer auch immer Trump in der Angelegenheit verteidigte oder die Demokraten angriff, durfte mit einem Retweet des Präsidenten rechnen.
Good marks and reviews on the letter I sent to Pelosi today. She is the worst! No wonder with people like her and Cryin’ Chuck Schumer, D.C. has been such a mess for so long - and that includes the previous administration who (and now we know for sure) SPIED on my campaign.
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) December 18, 2019
Das Trommelfeuer auf Twitter legt den Blick in den Seelenzustand des Präsidenten ebenso frei wie ein ungewöhnlicher Brief an die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, den er am Dienstag veröffentlichen liess und der von Selbstmitleid und einer Opferpose durchzogen ist. Trump lässt die Welt daran teilhaben, wie ungerecht er sich behandelt fühlt.
Doch was Trump eine persönliche Demütigung bescheren dürfte, kann er aller Voraussicht nach zu einem politischen Sieg ummünzen.
Trotz der klaren Belastungslage in der Ukraine-Affäre, in der die ukrainische Regierung zu drängen versuchte, seinen innenpolitischen Konkurrenten zu schaden, steht seine Partei bekanntlich treu an seiner Seite und seine Fans tun das sowieso.
Daraus folgt zweierlei: Zum einen wird Trump auch nach dem Impeachment durch das Repräsentantenhaus höchstwahrscheinlich sein Amt behalten. Denn es müssten im Senat 20 Republikaner desertieren – damit rechnet in Washington momentan wirklich niemand. Der Herr des Verfahrens im Senat, Mehrheitsführer Mitch McConnell, arbeitet zudem Hand in Hand mit Trump.
WATCH: President @realDonaldTrump speaks on the Impeachment Hoax pic.twitter.com/edLdAxMp68
— Team Trump (@TeamTrump) December 17, 2019
Doch der politische Nutzen kommt schon viel unmittelbarer: Bereits das Votum am Mittwoch wird aller Voraussicht nach entlang der Parteilinien verlaufen: Die Demokraten stimmen gegen Trump, die Republikaner stimmen für Trump. Das fügt sich ganz wunderbar in Trumps Argument, dass das Ganze nur eine parteipolitische Angelegenheit sei – und die Demokraten ihm lediglich Vergehen in die Schuhe schieben wollten.
Tatsächlich mussten die Demokraten ihre lang gehegten Hoffnungen aufgeben, auch einige Republikaner auf ihre Seite ziehen zu können. Danach sieht es nicht mehr aus.
Im Gegenteil: Auch ein paar aus den eigenen Reihen werden gegen das Impeachment stimmen, ein Demokrat sogar formell überlaufen zu den Republikaner. Trump wird es sich nicht nehmen lassen, in dieser Woche ausgiebig auf diese Personalie hinzuweisen.
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Je mehr Demokraten aus konservativen Wahlkreisen gegen das Impeachment stimmen, desto stärker kann Trump politisch punkten, getreu dem Motto: Nicht einmal ihre eigenen Leute konnten die Demokraten vollends überzeugen.
Im Land herrscht ohnehin keine grosse Lust auf ein Impeachment. Die Zustimmungswerte für eine Amtsenthebung haben sich seit Oktober nicht mehr bewegt, trotz aller brisanter Aussagen im Kongress, trotz der Ausfälle des Präsidenten gegen Zeugen und Demokraten. Grob gesagt: Die Hälfte der Amerikaner ist dafür, die Hälfte dagegen.
Das Impeachment spaltet also die Nation – und das ist genau die Ausgangslage, mit der Trump am geübtesten umgeht. Er kennt es nicht anders, und seine Taktik lautet stets, diese Spaltung zu seinem Vorteil auszuschlachten.
Trump wird die Impeachment-Anklage und seinen voraussichtlichen Freispruch ebenso auszuschlachten versuchen. Er wird den Demokraten vorwerfen, seine Präsidentschaft zu sabotieren und den Willen der Wähler, wie sie ihn bei der Präsidentschaftswahl 2016 kundtaten, hintertreiben zu wollen. Den historischen Makel nutzt er als Munition im Dauerkampf gegen seine Gegner.
Sein Wahlkampfteam hat das Potenzial sogleich erkannt. Es hat das Impeachment von Anfang genutzt, um auf die Jagd nach Unterstützern und Spendengeldern zu gehen.
Bereits in den ersten drei Tagen, nachdem Nancy Pelosi die Einleitung der Impeachment-Untersuchungen Ende September ankündigte, flutete das Trump-Team das soziale Netzwerk Facebook mit Werbeanzeigen. Es zahlte sich aus: Allein in diesen 72 Stunden sammelte das Wahlkampfteam schon Kleinspenden in Höhe von 15 Millionen Dollar ein. Ein Rekord.
Die Zahl der Anzeigen und der eingesammelten Spenden schoss erneut in Höhe am Tag, an dem die öffentlichen Anhörungen begannen.
Trumps Wahlkampfmanager Brad Parscale prahlte am vergangenen Donnerstag vor Journalisten bereits, dass das Impeachment seine Arbeit erleichtere: Es gebe mehr Freiwillige, mehr Zuschauer bei den Wahlkampfauftritten und vor allem mehr Spenden.
Wenn die Demokraten Trump am Mittwoch also die Schmach einer Anklage zur Amtsenthebung zufügen, dürfte sich der Tag zumindest für seine Wahlkampfkasse richtig lohnen.
Eigenartig, denn würde es nicht darum gehen den Rechtsstaat zu schützen? Zu verhindern dass gleich wer, eben auch ein Präsident zur Rechenschaft gezogen werden muss wen er sich fehlbar verhält?
Muss nun neu der Rechtsstaat zuerst abklären wer die Gewinner und Verlierer sind bevor er das Recht schützt?
Wenn wir soweit gekommen sind, dann können wir den Rechtsstaat abschaffen und den Präsidenten als allmächtig erklären.
Das Impeachment braucht es unabhängig von Gewinnern und Verlierern.
Ich glaube nicht, dass sich die USA wieder von Trumps Präsidentschaft und dem Verhalten der GOP erholen wird. Trump hat jedes vermeintliche Prinzip der Republikaner gebrochen und dennoch stehen sie fanatisch hinter ihm. Das zeigt, dass es keine vorstellbaren Gründe gibt, wieso sie sich jemals von ihm abwenden sollten.
Im Normalfall wäre dies ein arbeitsloser, psychisch zumindest angeknackster Mensch, aber ja POTUS geht auch.