Bryan Kohberger hat 2022 vier junge Menschen im US-Staat Idaho getötet. Ihm drohte eigentlich die Todesstrafe, doch dieser konnte er nun entgehen. Doch worum geht es eigentlich? Alles von Anfang an.
Die Taten ereigneten sich am frühen Morgen des 13. November 2022 in Moscow, Idaho. Madison Mogen (21), Kaylee Goncalves (21), Xana Kernodle (20) und Ethan Chapin (20) – vier Studenten der University of Idaho – werden tot in der WG aufgefunden, in der die drei weiblichen Opfer leben. Ethan Chapin ist der Freund von Xana Kernodle und befand sich deshalb ebenfalls in der Wohnung, die nicht auf dem Campusgelände liegt.
Am Abend zuvor sind die Opfer ausgegangen, kurz vor 2 Uhr kommen alle nach Hause. Auch zwei weitere WG-Mitbewohnerinnen sind an diesem Abend ausgegangen, jedoch früher zurückgekehrt. Sie schlafen bereits. Gegen Mittag setzt eine von ihnen einen Notruf ab. Die Rettungskräfte finden vier Leichen mit Stichverletzungen. Schnell wird klar: Es war Mord.
Die Polizei tappt zunächst im Dunkeln. Am Tatort wird keine Tatwaffe gefunden. Auch das Motiv ist unklar. Einen Verdächtigen gibt es nicht. Auch das FBI wird eingeschaltet. Das Medieninteresse ist enorm.
Ein paar Tage später wird klar, dass die Opfer wohl mit einem grossen Messer und auf brutale Art getötet worden sind, berichten Medien. Sie haben wohl alle geschlafen, als sie angegriffen wurden. Nicht alle weisen Abwehrverletzungen auf. Einen Hinweis auf sexuellen Missbrauch gibt es nicht. Dann kommen die Ermittlungen wochenlang kaum vorwärts. Der einzige Hinweis: Ein weisser Hyundai Elantra, Baujahr 2011 bis 2013. Dessen Fahrer oder Insassen werden gesucht, offiziell zunächst als Zeugen.
Am 30. Dezember dann die Nachricht: Ein Verdächtiger wurde festgenommen. Es handelt sich um Bryan Kohberger, damals 28 Jahre alt und Doktorand an der Washington State University. Für sein Kriminologie-Studium ist er nach Pullman, Washington, gezogen, nicht weit von der Stadt Moscow.
Er wird allerdings gut 4000 Kilometer von Idaho entfernt geschnappt und wegen vierfachen Mordes ersten Grades sowie Einbruchs angeklagt.
Zunächst gibt sich Kohberger unschuldig. Doch die Ermittler haben Indizien: Eine DNA-Spur an einer Messerscheide bringt ihn mit dem Tatort in Verbindung. Sie wurde im Haus der Opfer gefunden. Kohberger hatte sich Monate zuvor über Amazon ein passendes Messer samt Scheide bestellt. Zudem werden Kohbergers Auto – der gesuchte Hyundai Elantra – sowie sein Handystandort getrackt. In seiner Wohnung werden weitere Beweise gefunden. Zum Beispiel ein Kissen mit rotbräunlichen Flecken oder ein Dutzend Haarsträhnen. Auch im Haus von Kohbergers Eltern werden Beweise gefunden. Gleichzeitig beharrt Kohberger weiter auf seiner Unschuld.
Im Juni 2023 verkündet die Staatsanwaltschaft, dass sie die Todesstrafe fordert, sollte Kohberger verurteilt werden. Die letzte Exekution in Idaho fand 2012 statt, Todesstrafen werden durch Erschiessen vollstreckt. Ein Gesuch der Verteidigung, das Verfahren einzustellen, wird Ende 2023 abgelehnt. Dafür gibt es zu viele Indizien, die vermuten lassen, dass Kohberger etwas mit dem Fall zu tun hat. Doch Vorprozesse und der Hauptprozess werden immer wieder verschoben. Währenddessen werden Zeugenaussagen aufgenommen und Anträge eingereicht. Im November 2024 entscheidet der Richter: Sollte Kohberger verurteilt werden, kann er die Todesstrafe erhalten.
Im Mai 2025 entscheidet der gleiche Richter zudem, dass die Auswahl der Jury am 30. Juli beginnen soll. Den Prozess setzt er für Mitte August an und lehnt ein Gesuch der Verteidigung für eine erneute Verschiebung ab.
Im Vorprozess kommen weitere Details ans Licht. Staatsanwalt Bill Thompson erklärt, dass zwei der getöteten Frauen gemeinsam im Bett schliefen, als sie getötet wurden – sie waren seit dem Kindesalter befreundet. Er geht davon aus, dass Kohberger den Vierfachmord über Monate hinweg geplant hatte.
Dann die Überraschung: Am vergangenen Mittwoch bekennt sich Kohberger schuldig, nachdem er 30 Monate lang auf seiner Unschuld beharrt hat, berichtet CNN. Damit entgeht er der Todesstrafe. Sollte er verurteilt werden, droht ihm nun eine lebenslange Haftstrafe ohne Chance auf eine Anhörung für eine Strafmilderung.
Das ist der Deal: Ein aufwendiger Prozess wird vermieden, dafür wird auf die Todesstrafe verzichtet. Denn ein Prozess verursacht Kosten und dauert lange. Gemäss dem Staatsanwalt hätten Jahrzehnte verstreichen können, bis die Todesstrafe tatsächlich vollzogen worden wäre.
Der Deal sorgt bei einigen Angehörigen der Opfer für Empörung, da sie nicht miteinbezogen worden waren. «Wir wollen keinen Handel machen, das interessiert uns nicht. Wir haben nicht zweieinhalb Jahre dafür gewartet», sagt etwa Kaylees Vater laut CNN. Er befürchtet zudem, dass Kohberger künftig mit seiner Geschichte Geld machen könnte und hat die Todesstrafe gefordert. Der Vater von Madison hingegen ist froh. So müsse die Familie nicht am Prozess teilnehmen und könne stattdessen die Wunden heilen lassen.
Der Richter muss den Deal in einer Anhörung jedoch absegnen. Das tut er am Mittwoch auch. Die Staatsanwaltschaft erläutert daraufhin weitere Details der Tat. Er betont, dass Kohberger als Kriminologie-Student eine Faszination für Kriminalfälle hatte. «Er hatte das Wissen und das Können.»
Der damals 28-Jährige soll sein Auto hinter dem Haus geparkt haben und durch eine Schiebetür in der Küche in die Wohnung gelangt sein. Er soll in den dritten Stock gegangen sein und dort Kaylee und Madison getötet haben. Als er wieder die Treppe herunterkam, habe er Xana entdeckt, die noch wach war, und sie ebenfalls getötet. Ihr Freund Ethan habe in ihrem Zimmer geschlafen und sei ebenfalls getötet worden, so die Staatsanwaltschaft.
Bei der Tat soll er die Messerscheide vergessen haben. Als er den Tatort verliess, wurde sein Auto von einer Kamera erfasst, wie es davon raste und in einer Kurve fast einen Unfall baute. Als er erst einmal verdächtigt wurde, suchten die Ermittler im Abfall der Eltern nach DNA-Spuren, damit sie diese mit den Spuren auf der Messerscheide vergleichen konnten. So fanden sie heraus, dass die Personen der Spuren miteinander verwandt sind.
Trotz des Abschlusses des langen Ermittlungs- und Justizverfahrens bleiben weiterhin Fragen offen. Warum überhaupt tötete Kohberger die vier jungen Studierenden? Und warum liess er die beiden anderen Mitbewohnerinnen am Leben? Warum gerade diese vier? Und wo ist die Tatwaffe? Etliche Angehörige haben nach diesen Antworten gesucht – werden jedoch vorerst keine erhalten.
Einen Prozess gibt es nun also nicht. Aber noch ist kein Urteil gefallen. Die Urteilsanhörung ist für den 23. Juli angesetzt. Für den Einbruch könnte Kohberger 10 Jahre Gefängnisstrafe erhalten. Und für jeden der Morde ersten Grades drohen ihm lebenslänglich. Die Strafen muss er nacheinander absitzen. Kohberger dürfte demnach für immer im Gefängnis bleiben.