Der ehemalige Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, John Bolton, hat den geplanten Abzug von US-Truppen aus Deutschland kritisiert. Trump habe keine «triftigen Gründe» angeführt, warum er fast 12'000 Soldaten abziehen wolle, sagte Bolton der Deutschen Presse-Agentur anlässlich des Erscheinens seines Buchs «Der Raum, in dem alles geschah» in Deutschland am 14. August.
Trump wolle die Soldaten wegen der geringen Verteidigungsausgaben Deutschlands und des Handelsdefizits verlegen, daran habe er aufgrund seiner öffentlichen Äusserungen keinen Zweifel gelassen. «Es mag andere triftige Gründe für eine Verlegung geben. Das sind keine triftigen Gründe», sagte Bolton. «Er tut das, weil er denkt, dass Deutschland es verdient hat.»
Trump sei der Ansicht, dass die USA dafür bezahlt werden müssten, Soldaten in Deutschland stationiert zu haben. «Wir sind nicht dort, weil wir uns gegenüber Deutschland wohltätig fühlen oder hoffen, nebenbei ein bisschen Geld zu verdienen», sagte Bolton. «Wir sind aus tiefgreifenden historischen Gründen dort, weil wir glauben, dass es auch unser nationales Sicherheitsinteresse ist. Trump sieht das nicht so.» Dies gelte auch für Einsätze in Südkorea, Japan, Afghanistan oder im Irak.
Bolton ist ein harter Konservativer, wie Trump Republikaner und eine umstrittene Figur. Er arbeitete für mehrere US-Präsidenten, unter anderem für George W. Bush. Zwischen April 2018 und September 2019 war er Nationaler Sicherheitsberater im Weissen Haus. Trump will ihn geschasst haben, Bolton gibt an, gekündigt zu haben. Mittlerweile hofft er darauf, dass Trump abgewählt wird.
Mit seinem Enthüllungsbuch hatte Bolton in USA für Furore gesorgt. Er zeichnet darin ein vernichtendes Bild eines Präsidenten, der «unberechenbar» ist und dem es in erster Linie um seine Wiederwahl geht. Das Weisse Haus hatte versucht, die Veröffentlichung zu verhindern.
«Ich denke, dass der Schaden, den Trump sowohl im Land als auch international angerichtet hat, schnell repariert werden kann, wenn er nur eine Amtszeit lang regiert», sagte Bolton. «Bei zwei Amtszeiten wäre der Schaden grösser und es wäre schwieriger, ihn zu reparieren.»
So drohe im Falle von Trumps Wiederwahl ein Auseinanderbrechen der Nato, warnte Bolton. «Ich glaube nicht, dass sich die Menschen in Europa dessen tatsächlich voll bewusst sind.» Trump sehe in dem Verteidigungsbündnis keinen Vorteil für Amerika. «Aus seiner Sicht handelt es sich mit einigen Ausnahmen um eine Gruppe von Leuten, die auf unfaire Weise davon profitiert haben, dass die Vereinigten Staaten sie verteidigen.» Bolton will verhindert haben, dass Trump beim Nato-Gipfel 2018 offen mit einem Austritt aus dem Bündnis drohte, wie er in seinem Buch schreibt.
Nach Boltons Einschätzung ist Trump sich auch nach mehr als drei Jahren nicht vollständig darüber bewusst, was es bedeute, Präsident der Vereinigten Staaten zu sein. «Die Schwere des Amtes, das Gewicht der Verantwortung, die Konsequenzen, die jede Handlung oder auch nur jedes Wort des Präsidenten nach sich zieht» habe auf Trump nicht denselben Effekt gehabt wie auf Präsidenten vor ihm, sagte Bolton.
Stattdessen regiere Trump das Weisse Haus wie er einst seine Firma geführt habe: Jeder Tag sei ein neuer Tag. Auf eine Frage im Interview antwortete Bolton unmissverständlich: «Hören Sie auf, Weltanschauung zu sagen! Er hat keine Weltanschauung.» Trump folge auch keiner Strategie.
Für Angriffe Trumps auf Deutschland macht Bolton die wirtschaftliche Stärke der Bundesrepublik verantwortlich. «Aber ich glaube nicht, dass es irgendetwas mit Kanzlerin (Angela) Merkel zu tun hat», sagte Bolton. Trump habe durchaus ein Problem mit mächtigen Frauen, aber auch generell mit vielen Staats- und Regierungschefs demokratischer Staaten. Trump komme besser mit «autoritären» Staats- und Regierungschefs aus. Neben Russlands Präsident Wladimir Putin nannte Bolton als Beispiel den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Im Zuge der Veröffentlichung seines Buches, das in Deutschland beim Verlag Das Neue Berlin erscheinen wird, hat Bolton sich in zahlreichen US- und internationalen Medien ausführlich zu Trump geäussert. Selbstkritik liess er im Gespräch mit dpa nicht erkennen.
Auf die Frage, ob seine harte Linie gegen den Iran gescheitert sei, sagte er: Er sei noch immer überzeugt, dass das «einzige wirkliche politische Ziel» der USA angesichts Irans Interesse an Atomwaffen sein könne, das «Regime» in Teheran zu stürzen. Zu beanstanden sei, dass Trump dies nicht zu Ende geführt habe. (sda/dpa)