Kaum vergeht ein Tag, ohne dass Donald Trump «Fake News» schreit. Mit unheimlicher Regelmässigkeit bezichtigt der US-Präsident die grossen Medienhäuser der Verbreitung falscher Nachrichten. Dass er in seiner Amtszeit schon selber über 5000 Mal falsche oder irreführende Aussagen gemacht hat (die Washington Post hat das akribisch überprüft), scheint ihn nicht zu interessieren.
Doch nicht nur der US-Präsident, sondern auch seine Anhänger sind Experten im Verbreiten von Falschinformationen. Dies war nicht nur im Wahlkampf 2016 so, sondern passiert auch jetzt kurz vor den wichtigen Midterm-Wahlen.
Folgende Bilder, die in einen komplett falschen Kontext gesetzt wurden, kursieren zurzeit in den Sozialen Medien. Erreicht werden Hunderttausende User, wenn nicht Millionen. Dass sie einen entscheidenden Einfluss auf den Ausgang der Wahlen haben, ist beinahe schon müssig zu erwähnen.
Auf ein Thema hat es Donald Trump im Vorfeld der diesjährigen Midterms besonders abgesehen: Es ist die sogenannte Karawane. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von etwa 3500-7000 Migranten, die in Mexiko Richtung Norden zieht. Noch ist sie über 1000 Kilometer von der USA entfernt, dennoch spricht Trump von einer «Invasion» und schürt die Angst.
Gleichzeitig wurden auf rechtsgerichteten Facebook-Seiten wie «Trump Train» oder «Make America Great Again» Bilder verbreitet, die zeigen sollen, wie gewalttätig die Migranten seien. Zu sehen sind blutende Polizisten, die angeblich von Mitgliedern der sogenannten Karawane angegriffen wurden.
Nur: Die Bilder sind alt und haben nichts mit der sogenannten Karawane zu tun. Das oberste Bild stammt aus dem Jahr 2012 und wurde bei einer Studentendemonstration in Mexiko City aufgenommen. Auch die zwei anderen Bilder, welche ebenfalls aus Mexiko sind, wurden bereits vor Jahren aufgenommen. Sie stammen aus den Jahren 2011 und 2014.
Trotzdem schnellen die Shares gerade in die Höhe. Abertausenden Usern wird so das Bild eines gewalttätigen Mobs vermittelt, der gerade in Richtung USA zieht.
Auch über die Art und Weise, wie sich die Migranten fortbewegen, werden falsche Neuigkeiten verbreitet. Auf diesem Post, der 81'000 Shares erhielt, wird behauptet, die Menschen würden mit Bussen und Zügen Richtung Norden ziehen und nicht zu Fuss.
Doch die Fotos stammen nicht von der sogenannten Karawane, die derzeit für Schlagzeilen sorgt. Das obere Bild wurde bereits im Jahr 2013 geschossen, das untere zeigt eine Busstation in der mexikanischen Stadt Puebla und wurde im April dieses Jahres aufgenommen.
Auch das folgende Bild erhielt auf Twitter und Facebook tausende Shares. Es soll den Beweis liefern, dass die Mitglieder der «Karawane» Krankheiten wie «Tuberkulose, Dengue-Fieber, Krätze, Läuse, Masern, Windpocken oder Polio» in die USA mitschleppen würden.
THE #DEMOCRATS SEND AMERICA THE #CARAVAN OF DEATH (MS-13) AND DISEASE:
— TIMENOUT (@TIMENOUT) 18. Oktober 2018
TUBERCULOSIS - DENGUE FEVER- SCABIES - LICE - MEASLES- CHICKENPOX- POLIO #WalkAwayFromDemocrats2018 pic.twitter.com/XEpAiUXwz6
Aber auch dieses Bild wurde bereits 2014 aufgenommen. Es zeigt zwar Sequenzen eines illegalen Grenzübertritts in Arizona. In Tat und Wahrheit ist es jedoch höchst unwahrscheinlich, dass Migranten für eine Zunahme von Krankheiten in den USA sorgen. Aus der «Karawane» gibt es bisher noch keine Berichte von Krankheiten oder Seuchen.
Die Demokraten würden die Migranten finanziell unterstützen, ist ein oft bemühtes Narrativ der Republikaner. Es ist auch eine der liebsten Verschwörungstheorien von Donald Trump. In den Sozialen Medien kursiert derzeit ein Bild, das eine lateinamerikanische Familie vor einem Zelt zeigt. In zahlreichen Posts wird behauptet, es handle sich um ein Zelt des amerikanischen Roten Kreuzes, das von den Demokraten finanziert worden sei.
Doch das Zelt stammt vom mexikanischen Roten Kreuz, was sofort zu erkennen ist, wenn man ein wenig reinzoomt. Aufgenommen wurde das Bild für einmal wirklich erst kürzlich und es zeigt tatsächlich honduranische Mitglieder der «Karawane».
Das Rote Kreuz meint dazu: «Freiwillige des Roten Kreuzes in ganz Mittelamerika begleiten die Migranten auf ihrer Reise, bieten medizinische Versorgung und bringen Familien wieder zusammen. Es ist unerlässlich, die Würde und Sicherheit der Familien zu schützen und sie zusammenzuhalten.»
Tausende von Shares erhielt auch folgender Post, der behauptet, Mitglieder der «Karawane» würden US-Flaggen verbrennen.
Doch keines der drei Bilder stammt aus diesem Jahr, wie die Fakt-Checker der Website Snopes schreiben. Das erste Bild stammt aus dem Jahr 2016, wurde im US-Bundesstaat New Mexiko aufgenommen und zeigt eine Anti-Trump-Veranstaltung. Das zweite Bild wurde 2010 in London gemacht, das dritte stammt aus dem Jahr 2016, aufgenommen in Cleveland.
Nicht nur über die «Karawane» werden Fake News und Verschwörungstheorien verbreitet. Eines der prominentesten Opfer der Alt-Right ist der Milliardär George Soros, bekennender Unterstützer der Demokraten. Kaum ein anderer wird von rechtsaussen derart in den Dreck gezogen wie der gebürtige Ungare.
Im Vorfeld der Midterms verbreitet sich nun ein Foto, das den 88-Jährigen zusammen mit der Psychologie-Professorin Christine Blasey Ford zeigen soll. Ford behauptete, dass Trumps Richterkandidat Brett Kavanaugh versuchte habe, sie zu vergewaltigen und brachte somit dessen Kandidatur in Gefahr.
Viele Trump-Anhänger waren der Meinung, dass dies alles von den Demokraten inszeniert gewesen sei, um Kavanaugh zu verhindern. Das Foto mit Soros und Ford würde diese Theorie demnach unterstützen.
Doch auf dem Foto ist gar nicht Christine Blasey Ford zu sehen. Es handelt sich um die ukrainische Menschenrechtsaktivistin Lyudmyla Kozlovska. Dass nicht die Psychologieprofessorin abgebildet ist, ist eigentlich unschwer zu erkennen, dennoch erhielt der Post über 80'000 Shares.
Geht es noch schlechter?
Ja.
Dieses Foto von einer halbnackten Frau macht auf Social Media ebenfalls die Runde. Es soll Blasey Ford nach einem Saufgelage zeigen.
Natürlich handelt es sich nicht um Blasey Ford. Das Bild kursierte bereits auf einer spanischen Humorseite und könnte auch gestellt sein.
Verbreitet wurde auch folgendes Bild. Doch es stammt vermutlich aus den 60er-Jahren und kann somit nicht Ford zeigen. Sie wurde erst 1966 geboren. Zudem sah sie auch in ihren jungen Jahren völlig anders aus als die Frau auf dem Bild.
Eine weitere Verschwörungstheorie, die derzeit Hochkonjunktur bei den Republikanern hat, ist jene um den «Rohrbomber» Cesar Sayoc. Dieser verschickte vergangene Woche Sprengsätze an die Adresse prominenter Demokraten und deren Unterstützer. Auch der oben erwähnte George Soros erhielt eine Bombe.
Sayoc ist fanatischer Trump-Unterstützer, wie sich bei seiner Festnahme herausstellte. Doch nicht alle Republikaner wollen das glauben. Viele glauben, es handle sich um eine sogenannte «False-Flag»-Aktion: In Tat und Wahrheit hätten die Demokraten die Bomben verschickt, um Trump schlecht aussehen zu lassen. Auch Trumps Lieblingssender Fox News rätselt noch immer über Sayocs Motive.
Auf Facebook kursiert derweil ein Foto, das Sayoc mit einem gewissen Izzy Hernandez zeigt. Dieser soll ein bekannter Demokrat sein.
Ein Beweis dafür, dass es sich bei den Rohrbomben um einen Inside-Job handelt? Mitnichten. Izzy Hernandez und Cesar Sayoc kennen sich schon lange, haben unter anderem zusammen Fussball gespielt. Das Foto wurde bereits 2015 aufgenommen. Von wegen «pictured last year».
Zudem gibt es keinen Hinweis darauf, dass Izzy Hernandez irgendetwas mit den Demokraten zu tun haben soll. Für zehntausende Shares hat es trotzdem gereicht.
Folgendes Video wurde unter anderem über Instagram verbreitet. Es soll zeigen, wie ein Demokrat einem schwarzen Mann das «Make America Great Again»-Cap vom Kopf schlägt.
Doch ursprünglich wurde das Video als Gag aufgenommen, wie der Macher sagt. Dennoch wurde das Video auf der Verschwörungs-Website «Infowars» aufgeschaltet.
Das folgende Bild soll eine Menschenmenge zeigen, die sich in Texas versammelt hat, um einer Wahlkampfveranstaltung von Ted Cruz und Donald Trump beizuwohnen.
Doch das Bild stammt nicht aus Texas, sondern aus Ohio. Es zeigt die Meisterparade der Cleveland Cavaliers, welche 2016 die NBA gewonnen hatten.
Trump behauptete an der Wahlkampfveranstaltung mit Cruz dennoch, dass vor der Halle 50'000 Personen den Event auf einer Grossleinwand verfolgen würden. Tatsächlich waren jedoch etwa 3'000 Personen vor dem Toyota Center in Houston versammelt.