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Wozu einen Prozess wenn man als Angeklagter (oder deren Verteidiger) einfach so entscheiden kann, keine Zeugen zuzulassen. Dann lasst es doch ganz sein mit dem Rechtsstaat und ruft eine Diktatur aus.
«L’état c’est moi», soll Louis XIV zu sagen gepflegt haben. «Der Staat bin ich.» Unter dem Sonnenkönig gab es keine Gewaltenteilung. Er war Legislative, Exekutive und Judikative in einem.
Eine hitzige Diskussion über die Gewaltenteilung ist in auch in den USA entflammt. Grund dafür ist ein möglicher Machtmissbrauch des US-Präsidenten. Eine Szene, die sich am Mittwoch beim Impeachment-Prozess abspielte, brachte The New Yorker heute sogar dazu, mit «L’état, c’est Trump» zu titeln.
Auslöser für die steile These des US-Magazins sind Aussagen, welche Trump-Anwalt Alan Dershowitz diese Woche während des Impeachments-Prozesses im Senat gemacht hat. Was zunächst als Selbstläufer für die Republikaner ausgesehen hat, wird nun immer mehr zur Zerreissprobe für die «Grand Old Party».
Kurz vor Prozessbeginn brachten Enthüllungen aus dem Buch von John Bolton den sicher geglaubten Sieg Trumps ins Wanken. Demnach soll der ehemalige Nationale Sicherheitsberater direkt vom Präsidenten über die Pläne eines Quidproquos eingeweiht worden sein. Zur Erinnerung: Der Vorwurf lautet, dass Trump den Ukrainern Militärhilfe verweigern wollte, bis sie Ermittlungen gegen Joe Biden aufnehmen.
Bislang argumentierten die Republikaner, dass sämtliche Zeugen ihre Informationen nur vom Hörensagen hatten. Diese Verteidigungslinie ist nun zerbrochen. Dies führt die Anwälte Trumps zu immer abenteuerlichen Verteidigungs-Strategien.
So bestritt Dershowitz am Dienstag schon gar nicht mehr, dass es ein Quidproquo gab. Er sagte aber, dass dies kein Grund für eine Amtsenthebung sei.
Bereits dieses Plädoyer löste bei vielen prominenten Juristen Kopfschütteln aus. Am Mittwoch legte Dershowitz nochmals einen drauf. Er sagte:
Trump attorney Alan Dershowitz: "If a president does something which he believes will help him get elected in the public interest, that cannot be the kind of quid pro quo that results in impeachment." https://t.co/jKErQcS1Iy pic.twitter.com/zo4rL6Zbla
— ABC News (@ABC) January 29, 2020
Sprich: Wenn Trump glaubt, seine Wiederwahl sei im öffentlichen Interesse, dann ist sein Vorgehen gerechtfertigt. Denkt man dies zu Ende, bedeutet dies, dass der Präsident alles machen darf, was ihm hilft, wiedergewählt zu werden. Er stünde damit über dem Recht. «L'état, c'est Trump».
Die Ausführungen von Dershowitz wurden in der Folge stark kritisiert. Der frühere Watergate-Ankläger, Nick Ackerman, sagte gegenüber der «Washington Post»:
Gegenüber derselben Zeitung sagte J.W. Verret, Rechtsprofessor an der George Mason Universität:
Für Aufsehen gesorgt hat die Argumentation von Dershowitz auch in der Comedy-Szene, welche den politischen Zirkus zurzeit fast am treffendsten kommentiert. Stephen Colbert meinte in «The Late Show», es sei immer noch die Öffentlichkeit, die entscheide, was im öffentlichen Interesse stehe, deshalb gebe es auch Wahlen. Es könne nicht irgend ein «Douchebag» entscheiden, was im öffentlichen Interesse sei.
Auch sein Kollege, Trevor Noah, sprach Klartext. Er fasste die Verteidigungsstrategie der Republikaner wie folgt zusammen:
Nun stellt sich die Frage, ob die Republikaner Dershowitz die Stange halten und den Impeachment-Prozess bis am Freitag durchpeitschen. Die andere Möglichkeit wäre, Zeugen vorzuladen. Etwa John Bolton. Doch dafür braucht es eine Mehrheit von 51 Senatoren. Wären vier Republikaner dazu bereit, könnte es zum Showdown kommen.
Im Moment scheint dies nicht ausgeschlossen, drei Senatoren haben bereits durchblicken lassen, dass sie Bolton gerne anhören würden. Auch der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, macht sich Sorgen. Er habe nicht genug Stimmen, um Zeugen zu verhindern, jammerte er diese Woche.