Alex Jones ist Gründer der rechten Webseite Infowars und hatte über Jahre behauptet, dass der Amoklauf im Dezember 2012 von Schauspielern inszeniert worden sei, ein «Schwindel der Regierung». Ein 20-Jähriger hatte in Newtown im US-Bundesstaat Connecticut an der Ostküste 20 Schulkinder und sechs Lehrer erschossen.
Durch seine Behauptungen wurden Angehörige der Opfer über Jahre von Jones' Anhängern attackiert, online, aber auch im realen Leben. Nebst Beschimpfungen erhielten sie sogar Morddrohungen von fanatischen Anhängern des Verschwörungstheoretikers.
Der 48-jährige Texaner hatte zudem immer wieder auch weitere Verschwörungstheorien verbreitet und zum Beispiel behauptet, dass die US-Regierung die Anschläge am 11. September 2001 in New York inszeniert habe. Weiter unterstützte er auch die Falschbehauptung des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, dass dieser die Präsidentenwahl 2020 nur wegen massiven Wahlbetrugs verloren habe.
Auch vor dem Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das US-Kapitol musste Jones bereits aussagen, zudem wurde er bereits im August wegen Falschaussagen verurteilt und mussten den Eltern zweier Sandy-Hook-Opfer 50 Millionen Dollar bezahlen.
Jones wurde nun umfassend verurteilt. Wegen seiner falschen Behauptungen muss er insgesamt 965 Millionen US-Dollar (knapp 963 Millionen Franken) an Hinterbliebene zahlen. Das entschied ein Gericht im US-Bundesstaat Connecticut am Mittwoch (Ortszeit), wie US-Medien übereinstimmend aus dem Gerichtssaal in Waterbury berichteten.
Die Klage war von Angehörigen von fünf Kindern und drei Lehrern eingereicht worden, die bei dem Massaker getötet wurden; sowie von einem FBI-Agenten, der zu den Ersthelfern am Tatort gehörte.
Die wegen Verleumdung festgesetzte Strafe von 965 Millionen US-Dollar ergibt sich laut US-Medien aus der Summe der Schadenszahlungen an die 15 Klägerinnen und Kläger. Die Geschworenen sprachen ihnen unterschiedliche Beträge zu und berücksichtigten dabei ihre Zeugenaussagen und andere vor Gericht vorgelegte Beweise.
Vor Gericht sagten Eltern und Geschwister der Opfer unter Tränen aus, wie sie jahrelang bedroht und belästigt worden seien – von Menschen, die den Lügen aus der Sendung des rechten Radiomoderators Jones glaubten. Fremde seien bei ihnen zu Hause aufgetaucht, um sie zu filmen. In den sozialen Medien seien sie mit beleidigenden Kommentaren überschüttet worden. Die Tochter der getöteten Schulleiterin, Erica Lafferty, etwa schilderte in dem Prozess, wie Fremde ihr Vergewaltigungsdrohungen schickten.
Die Familien und ihre Anwälte sassen in fassungslosem Schweigen da, als der Gerichtsschreiber nacheinander die Summen verlas, die jedem der 15 Kläger in dem Fall zugesprochen wurden. Nachdem das Urteil verkündet worden war, umarmten sie sich still und weinten.
Die Hinterbliebene Lafferty sagte nach der Entscheidung am Mittwoch, das Urteil mache ihr Hoffnung. «Es wird noch mehr Alex Jones' auf dieser Welt geben, aber was sie heute gelernt haben, ist, dass sie auf jeden Fall zur Rechenschaft gezogen werden.»
Wer denkt, dass Jones sich nach dem Urteil reumütig zeigen würde, der hat sich getäuscht. Der 48-Jährige sieht sich mehr im Recht denn je.
Er blieb der Verhandlung zu einem grossen Teil fern, sorgte aber erneut für Kopfschütteln, als er wortgewaltig erklärte, dass er keine Reue verspüre, wie die «New York Times» schreibt. «Ich habe bereits gesagt, dass es mir leid tut, und ich bin fertig damit, mich zu entschuldigen», sagte Jones.
Jones verkündete das Urteil der Geschworenen am Mittwoch per Livestream in seiner Infowars-Show. Dabei sagte er unter anderem: «Sie haben vertuscht, was wirklich passiert ist, und jetzt bin ich der Teufel.» Er sei sogar stolz darauf, so hart verurteilt zu werden.
Wie viel Jones tatsächlich zahlen kann, ist unklar. Im April meldete die von ihm gegründete Webseite Insolvenz an. Wie die «New York Times» unter Berufung auf eine Expertenschätzung im August berichtet, beträgt der Wert seines Imperiums maximal 270 Millionen Dollar.
Allerdings habe Jones durch den Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln, Überlebensausrüstung und Waffenzubehör ein jährliches Einkommen von über 50 Millionen Dollar erzielt. Der Texaner hatte zudem den Prozess im Sommer medienwirksam genutzt, um Spenden zu sammeln und seine Produkte zu bewerben.
Es wird erwartet, dass Jones gegen die Entscheidung vom Mittwoch vorgeht. Ende Jahr muss sich der 48-Jährige so oder so in einer weiteren Klage im Zusammenhang mit dem Schulmassaker nochmals vor Gericht verantworten. (con/sda/dpa)
Skrupellosigkeit und Fehlen jeglichen Schamgefühls sind in diesen Kreisen Erfolgsfaktoren.