Nun hat sich auch der amerikanische Vizepräsident in den Schlagabtausch eingemischt, der zwischen Donald Trump und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj ausgebrochen ist. Die Art und Weise, wie Selenskyj den amerikanischen Präsidenten kritisiert habe, sei «schändlich» und für die anlaufenden Friedensverhandlungen kontraproduktiv, donnerte JD Vance am Mittwoch in einem Interview mit der rechten Online-Publikation «The National Pulse». Schliesslich seien die USA «der einzige Grund», warum die Ukraine überhaupt noch als eigenständige Nation existiere, sagte Vance.
Das sind starke Worte eines Politikers, der vor ziemlich genau drei Jahren gesagt hatte:
Aber der heutige Vizepräsident Vance hat im Kern natürlich recht. Trump reagiert auf öffentlich vorgetragener Kritik von Verbündeten äusserst dünnhäutig. Und zwar selbst dann, wenn er ganz offensichtlich etwas Falsches sagt – so wie in diesem Schlagabtausch, der seinen Anfang mit Trumps Behauptung nahm, Selenskyj habe den Ukraine-Krieg begonnen.
Als der Ukrainer diese Aussage richtigstellte, beschimpfte ihn der Amerikaner als einen unbeliebten Diktator und als einen geldgierigen Kriegsprofiteur. Und zwar mehrmals, zuletzt am Mittwochabend.
Typisch Trump: Klein beigeben, das ist seine Sache nicht. Grundsätzlich hat er immer recht. Deshalb galt schon in seiner ersten Amtszeit, die von 2017 bis 2021 dauerte, eine ungeschriebene Regel: Wenn ein Verbündeter anderer Meinung ist, dann darf er oder sie Trump nicht öffentlich kritisieren. Wer diese Regel bricht, der riskiert einen Streit, der rasch eskalieren und ungeahnte Ausmasse annehmen kann. So würde Trump wohl eher die Ukraine fallen lassen, als einzugestehen, dass einige seiner Behauptungen über den Krieg falsch sind.
An diesen Grundsatz erinnerten sich am Mittwoch auch zahlreiche hochrangige Republikaner. Angesprochen auf die provokanten Behauptungen Trumps über Selenskyj (Diktator!, Kriegsprofiteur!), zogen sie es entweder vor, die Aussagen des Präsidenten nicht zu kommentieren. So blieben einflussreiche Falken wie Lindsey Graham oder Roger Wicker für einmal wortkarg.
Oder die Senatoren stürzten sich auf einen Nebensatz von Trump, um ihn zu verteidigen. Der rechtspopulistische Senator Josh Hawley sagte im Gespräch mit CH Media zum Beispiel: Selenskyj habe den Fehler gemacht, die ukrainische Präsidentenwahl auszusetzen, die ursprünglich 2024 hätte stattfinden sollen. «In Demokratien wird gewählt», sagte Hawley, und Trump habe den Finger auf einen wunden Punkt gelegt. (Dass diese Aussetzung rechtmässig ist, weil ukrainische Gesetze eine Aufschiebung von Wahlen in Kriegszeiten explizit vorsehen, darüber schwieg sich der Senator aus.)
Auf die Nachfrage einer amerikanischen Medienschaffenden, ob es hilfreich sei, Selenskyj deshalb als Diktator zu beschimpfen, entgegnete Hawley.
Hawley meinte das als Kompliment. Andere Senatoren gingen in ihrem Lob für Trump zwar weniger weit. Aber sie verwiesen darauf, dass in den USA der Präsident für die Aussenpolitik des Landes zuständig sei und Trump seine Ziele im Wahlkampf klar definiert habe. «Ich unterstütze die Ziele des Präsidenten», sagte Senator John Cornyn. Auf Nachfrage räumte der Texaner immerhin ein, dass er Selenskyj nicht als Diktator bezeichnen würde.
Innerhalb der republikanischen Fraktion im Senat soll eine grosse Gruppe von Senatoren der Meinung sein, Russlands Präsident Wladimir Putin dürfe nicht auf den Gedanken verfallen, er könne als Sieger des Ukraine-Kriegs vom Platz geben. Selbst «ein Unentschieden wäre eine schlechte Idee», sagte der konservative Senator Thom Tillis am Mittwoch. Aber niemand scheint Lust darauf zu haben, den Parteifreund im Weissen Haus auf dieses Problem hinzuweisen.
Derweil nehmen viele Demokraten, die sich für Sicherheitspolitik interessieren, kein Blatt für den Mund. Die vergangenen Tage, sagte Chris Murphy im Gespräch mit CH Media, seien «ein Geschenk für Putin» und andere autoritäre Herrscher gewesen. Denn Trump habe ihnen explizit grünes Licht gegeben, die Grenzen ihrer jeweiligen Länder mit Gewalt zu verschieben. Warum der Präsident dies tue, wisse er nicht, sagte Murphy. «Ich habe keine Ahnung.»
Aber eigentlich sei dies auch egal, doppelte Tim Kaine nach, ein zentristischer Demokrat. Entscheidend sei, dass Trump sich bei Diktatoren einschmeicheln würde und die bestehenden Allianzen im Westen zerstöre. Das sei seine Taktik und jeder, der von 2017 bis 2021 aufgepasst habe, sollte davon nicht überrascht sein, sagte Kaine. (bzbasel.ch)
Der Gedanke daran, was er in den kommenden vier Jahren noch alles im Stande ist zu zerstören, lassen meine Haare zu berge stehen. Ladies and Gents: We are doomed!