International
USA

Trump droht weiteren Städten mit der Nationalgarde

Trump droht weiteren Städten mit der Nationalgarde – doch so einfach ist es nicht

Bewaffnete Soldaten patrouillieren nun durch die US-Hauptstadt. Ist das ein Testfall für den Rest des Landes? Donald Trump möchte auch in weiteren Städten die Nationalgarde aufbieten – doch rechtlich ist das nicht einfach so möglich.
26.08.2025, 03:5326.08.2025, 03:53
Renzo Ruf / ch media
Mehr «International»

An diesen Anblick werden sich Einheimische und Schweizer Touristen vielleicht bald gewöhnen müssen: Bewaffnete Nationalgardisten, die in amerikanischen Grossstädten an neuralgischen Punkten stationiert sind. Denn Präsident Donald Trump will Reservisten nicht nur in der Hauptstadt Washington stationieren — sondern auch in Metropolen wie Chicago (Illinois) oder Baltimore (Maryland). So jedenfalls berichteten es am Wochenende amerikanische Medien. Trump selbst dementierte diese Berichte nicht. Stattdessen attackierte er online den Gouverneur von Maryland und den Stadtpräsidenten von Chicago.

epa12322312 Members of the National Guard on patrol at the National Mall in Washington DC, USA, 25 August 2025. As the second week of U.S. President Donald Trump?s takeover of Washington, D.C., polici ...
Mitglieder der US-Nationalgarde patrouillieren vor dem Washington-Monument.Bild: keystone

Legal stehen diese Pläne allerdings auf wackligen Beinen. Im Gegensatz zu Washington — einem bundesstaatlichen Bezirk, der direkt dem nationalen Kongress unterstellt ist — kann der amerikanische Präsident die Nationalgarde von Illinois oder Maryland nur in «nationalen Notfällen» aktivieren. Denn die Truppen unterstehen eigentlich dem jeweiligen Gouverneur des Bundesstaates. «Wir brauchen die Nationalgarde nicht», bekräftigte Brandon Johnson, der Stadtpräsident von Chicago.

Trump behauptet zwar, dass er allein bestimmen könne, wann ein solcher Notfall eintrete. So sagt er bereits, die vergleichsweise hohe Kriminalitätsrate in Chicago und Baltimore würde einen Truppen-Einsatz rechtfertigen. Aber mit dieser Einschätzung stehen er und seine Rechtsberater allein auf weiter Flur. Ein Musterverfahren, das derzeit in Kalifornien läuft und sich um den umstrittenen Einsatz von Nationalgardisten in Los Angeles im Juni und Juli dreht, könnte dazu bald Antworten liefern.

Nationalgarde markiert Präsenz

Unklar ist auch, welche Arbeit die Nationalgardisten in Chicago oder Baltimore verrichten könnten. In Washington jedenfalls haben die rund 2200 Soldaten derzeit wenig zu tun. Sie posieren für Touristen-Fotos, sammeln Abfall auf den Strassen ein oder patrouillieren entlang der städtischen Museumsmeile. Hinweise auf eine enge Kooperation mit Bundespolizisten — zum Beispiel den Vertretern der Migrationspolizei ICE, die in Washington Jagd auf Sans-Papiers macht — gibt es bisher keine. Weil das Militär im Landesinnern nicht zur Strafverfolgung eingesetzt werden darf, können die Nationalgardisten derzeit auch keine Verhaftungen im klassischen Sinn vornehmen.

Trump scheint dies egal zu sein. Für ihn sind die Nationalgardisten eine Machtdemonstration, die sich primär gegen den politischen Gegner richtet. Er will damit die angeblich renitente Lokalpolitik auf Kurs bringen. Auch signalisiert er seinen Wählerinnen und Wählern, dass er bei der Bekämpfung der Kriminalität nötigenfalls unorthodoxe Wege einschlägt, um sein Ziel zu erreichen.

Ausserhalb von Washington liesse sich dieses Ziel allerdings nur erreichen, wenn Polizei und Militär ihre Arbeit koordinieren würden. In Washington konnte Trump die Stadtpolizei kurzerhand dem nationalen Justizministerium unterstellen; in Chicago oder Baltimore wäre das aber nicht möglich.

In Chicago wurden dieses Jahr 262 Menschen ermordet

Andererseits stimmt es eben auch, dass die Kriminalitätsrate in vielen Grossstädten immer noch zu hoch ist. In Chicago, der drittgrössten Metropole des Landes, wurden seit Jahresbeginn 262 Menschen ermordet. Das ist zwar deutlich weniger als im Vorjahr (387 Mordfälle vom 1. Januar bis am 23. August). Aber immer noch eine erschreckend hohe Zahl für eine Stadt mit 2,7 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. Zum Vergleich: Die etwa gleich grosse Stadt Toronto in Kanada verzeichnete dieses Jahr bisher 27 Mordfälle.

Die Reaktion auf die Präsenz der Nationalgardisten in Washington ist derzeit noch gemischt. Viele Einheimische stören sich an der Truppenpräsenz, auch weil viele Soldaten mit den lokalen Begebenheiten überhaupt nicht vertraut sind. Touristen wiederum scheinen sich nicht gross daran zu stören, dass sie vor dem Hauptbahnhof von bewaffneten Nationalgardisten begrüsst werden.

Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass rechte Medien schon lange ein Zerrbild von den Verhältnissen in der Hauptstadt zeichnen. Dabei gilt in Washington dieselbe Regel, die für alle amerikanischen Metropolen gilt: Unnötige Risiken sind zu vermeiden, und wer spätabends die Stadt durchstreift, sollte Vorsicht walten lassen. (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
20 Kommentare
Dein Kommentar
YouTube Link
0 / 600
Hier gehts zu den Kommentarregeln.
20
Frankreich: Premierminister Bayrou will im September Vertrauensfrage stellen
Der französische Premierminister François Bayrou (Mouvement démocrate) will dem Parlament am 8. September die Vertrauensfrage stellen. Dies berichtete zuerst die Agence France-Presse.
Zur Story