International
USA

Ex-Unteroffizierin der US-Navy betreibt riesigen Putin-Propaganda-Kanal

Hinter diesem riesigen russischen Propagandakanal steckt eine Ex-US-Navy-Mitarbeiterin

17.04.2023, 16:4118.04.2023, 15:13
Mehr «International»

«Donbass Devushka» ist einer der grössten Pro-Kreml-Blogs, der auf Englisch verfügbar ist. Auf Twitter und Telegram können sich Nutzer mit russisch-propagandistisch angehauchten «News» zum Ukraine-Konflikt berieseln lassen. Beide Kanäle haben je rund 70'000 Follower. «Donbass Devushka» ist russisch und bedeutet übersetzt «Donbasser Mädchen».

Das Profilbild von «Donbass Devushka». Man beachte die russische Flagge auf dem Ärmel rechts im Bild.
Das Profilbild von «Donbass Devushka». Man beachte die russische Flagge auf dem Ärmel rechts im Bild.

Die Person, die die Stränge hinter «Donbass Devushka» zieht, hat in der Vergangenheit mehrfach angegeben, im Donbass geboren und aufgewachsen zu sein – genauer in der seit 2014 de facto von Russland kontrollierten Stadt Luhansk. Doch eine Recherche der Internet-Bewegung «NAFO» hat ergeben, dass diese Behauptungen nicht stimmen.

Denn tatsächlich steckt hinter dem Pseudonym kein «Donbasser Mädchen», sondern eine Amerikanerin aus dem schönen Washington State im Nordwesten der USA. Ihr Name: Sarah B. B. ist 37 Jahre alt und wurde in New Jersey, fernab von Russland, der Ukraine oder den post-sowjetischen Unruhen in Osteuropa, geboren. Eine Heiratsurkunde bestätigt dies.

Damals noch unter anderem Pseudonym: Sarah B. Der Telegram-Kanal «Donbass Devushka» verwendet unter anderem dasselbe Profilbild.
Damals noch unter anderem Pseudonym: Sarah B. Der Telegram-Kanal «Donbass Devushka» verwendet unter anderem dasselbe Profilbild.bild: twitter/P_Kallioniemi

Nebst den «Donbass Devushka»-Kanälen auf Twitter und Telegram betreibt B. diverse kleinere Kanäle auf Twitter (die mittlerweile alle gesperrt wurden) sowie einen Podcast auf YouTube und Spotify. In diesen spricht sie mit diversen «Experten», darunter ein Reporter des russischen Staatsmediums «Russia Today». Was auffällt: B. spricht dabei mit einem klischeehaften osteuropäischen Akzent, wobei sie zwischendurch aus der Rolle fällt.

In älteren Videos, in denen sie über ihr ehemaliges Geschäft – eine Tierhandlung für Tropenfische – spricht, hat sie keinen Akzent. Sie spricht feinstes «american english».

Ihren Namen hat Sarah B. übrigens Ende März amtlich ändern lassen, wie aus öffentlich einsehbaren Gerichtsdokumenten hervorgeht: Sie heisst nun nicht mehr Sarah Marie B., sondern Lyudmila Michailowa K. Der Grund für die Namensänderung ist nicht bekannt. Laut eigener Aussage habe B. «gewisse» russische Wurzeln, konkrete Details sind aber nicht bekannt.

Das proukrainische Medienportal «malcontentment» gibt an, mit der Mutter von B. gesprochen zu haben. Diese habe jegliche russische Herkunft verneint und wisse nichts von den Online-Aktivitäten ihrer Tochter.

Eine ehemalige amerikanische Unteroffizierin

Dass sich eine Amerikanerin als Ukrainerin ausgibt und prorussische Propaganda verbreitet, ist an sich nichts Aussergewöhnliches – schliesslich ist Anonymität im Internet weitverbreitet. Interessant ist aber, dass Sarah bis spät ins Jahr 2022 bei der US-Navy als höherer Unteroffizier diente.

Konkret bekleidete B. den Rang einer «Chief Petty Officer», was in der Schweiz etwa einem Hauptfeldwebel entspricht. Ihre genaue Stellenbeschreibung war die einer «chief aviation electronics technician».

Dieses Bild der US-Navy zeigt B. während ihres Dienstes 2021.
Dieses Bild der US-Navy zeigt B. während ihres Dienstes 2021.bild: facebook

Bei ihrer ehrenhaften Entlassung aus dem Dienst 2022 bekleidete Sarah jedoch nur noch den Rang einer «Petty Officer First Class», also zwei Ränge tiefer. Der Grund für ihren Abstieg in den Rängen ist unbekannt, wie das «Wall Street Journal» schreibt. Im Interview mit diesem sagt B., sie habe die Navy verlassen, da sie mit einer posttraumatischen Belastungsstörung kämpfte.

Rolle bei den Pentagon-Leaks?

Der Telegram-Kanal «Donbass Devushka» war einer der ersten, der die geleakten Pentagon-Dokumente mit der grossen Masse teilte. Am 5. April erschienen auf dem Kanal vier der Dokumente. Diese wurden anschliessend von den russischen Medien aufgegriffen, was dann im Umkehrschluss die Untersuchung durch das Pentagon anstiess.

Sarah B. hatte eine Sicherheitsfreigabe gehabt, genau wie der mutmassliche Leaker Jack T. Dies erzählte eine ehemalige Kameradin, die auf demselben Flugplatz diente, dem «Wall Street Journal». Ein Zufall? Möglicherweise. Das «Wall Street Journal» schreibt, dass es keine Beweise dafür gebe, dass B. mithilfe ihrer Freigabe Dokumente gestohlen habe. Sie selbst sagt im Interview:

«Ich bin mir der Tragweite von Top-Secret-Geheiminformationen bewusst. Wir haben die nicht geleakt.»

Ein anderer Administrator der Seite habe die Bilder der Dokumente hochgeladen. Sobald sie das bemerkt habe, hätte sie die Bilder allerdings gelöscht – zumal die Verbreitung rechtliche Konsequenzen haben könnte.

Shady Online-Shop

Wer die 37-jährige «Ukrainerin» unterstützen wollte, konnte dies bislang über ihren Webshop, der mittlerweile nicht mehr aufrufbar ist. T-Shirts und sonstiges Merchandise geschmückt mit Z-Symbolen oder Bildern von Wladimir Putin oder Tschetschenen-Boss Ramzan Kadyrow konnten erworben werden.

Die Erlöse aus den Verkäufen sollten dem «Effort, unseren Jungs an der Front» zugutekommen.

Doch Spenden an das russische Militär sind in den USA sanktioniert und somit strafbar. Was hat Sarah B. also tatsächlich mit dem Geld gemacht?

Gegenüber dem «Wall Street Journal» sagt sie, sie habe das Geld für das Betreiben der «Donbass Devushka»-Kanäle verwendet. Zudem habe sie damit Podcast-Equipment für sich und andere Administratoren der Kanäle gekauft und Geld an wohltätige Organisationen in Serbien, Pakistan, Somalia, Syrien und Palästina gespendet. Es sei aber «nur wenig» zusammengekommen.

(cpf)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Ein Jahr Krieg in der Ukraine: Ein Rückblick im Video
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
29 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Kleinaberdoktor
17.04.2023 17:23registriert Mai 2020
Wieso Bloggen die denn immer aus der Ferne und geben den Soldaten auch noch Tipps?

Geht doch an die Front und helft altiv mit, die Russen brauchen Kanonenfutter und das Netz keine Kriegsverherrlicher*innen.

Win-Win für alle wenn solche Menschen fehlen….🤷🏻‍♂️
Wahrscheinlich ist die Dame einfach depro drauf weil ihr 2 Militärische Ränge aberkannt wurden und nun findet sie aus Trotz die Russen cool.
Mi, mi, mi………🙈
1409
Melden
Zum Kommentar
avatar
So oder so
17.04.2023 17:45registriert Januar 2020
"an wohltätige Organisationen in Serbien, Pakistan, Somalia, Syrien und Palästina gespendet"

Ja Natürlich was denn sonst.
353
Melden
Zum Kommentar
avatar
beaudulac
17.04.2023 18:55registriert April 2014
posttraumatische belastungsstörungen. genau! als flugzeugelektronikerin bei der navy… dieser stress! und immer unter feuer! da chlepfts, imfall!
388
Melden
Zum Kommentar
29
Demokraten in US-Kongress wollen Top-Republikaner schützen

Führende Demokraten im US-Repräsentantenhaus haben dem republikanischen Vorsitzenden der Kongresskammer, Mike Johnson, ihre Unterstützung zugesichert. Sie würden einen Antrag der ultrarechten Abgeordneten Marjorie Taylor Greene blockieren, mit dem diese ein Misstrauensvotum gegen Johnson anstrebt, hiess es am Dienstag in einem Schreiben der demokratischen Abgeordneten, das mehreren US-Medien vorlag.

Zur Story